Den Namen Beaujolais hat jeder Weintrinker schon mal gehört, leider ist diese Bekanntheit nur Fluch statt Segen, irgendwann kamen nämlich Marketingfüchse auf die Idee, eine eigentlich unverwechselbare Weinlandschaft mit seiner nur hier zu möglichen Topwein führenden Rebsorte Gamay, zu einem Plörre-Ereignis zu machen, man wollte sich vom nördlich gelegenen Burgund abgrenzen, wo die Rebsorte Gamay wegen des übermächtigen Pinot Noirs keine Rolle spielen durfte : jedes Jahr wurde sehnsüchtig vom Weinhandel und vielen Kunden „Le Beaujolais Noveau est arrivé!“ erwartet, riesige Flotten von Tankwagen mit Frühweinen rollten durch Europa, manche Boliden lieferten sich Wettrennen, der minderwertige Wein verkaufte sich über Jahre gut, aber irgendwann dann doch die späte Erkenntnis beim Verbraucher: immer ein sehr schönes Event im November, aber der angelieferte Wein war eigentlich auch immer sehr belanglos! Das war der Todesstoß für Beaujolais Primeur bzw. Noveau und den gesamten Namen Beaujolais!
Ein bis heute andauerndes großes Unrecht, die schöne Region im südlichen Burgund, die eigentlich geographisch schon zur Rhone und zum Dunstkreis der Feinschmeckerstadt Lyon gehört, hat ein dreistufiges Qualitätssystem (Pyramide) und kann in den beiden obersten Stufen mit tollen Weinen aus Gamay (100%) aufwarten, neben den „Villages“-Weinen nördlich der heimlichen Hauptstadt Villefranche-sur-Saone gibt es in zehn Kernzonen (Beaujolais Cru) auf Granitböden heimliche Schätze zu heben. Soweit die Theorie…
Als Nostalgiker denke ich bei jedem Thema Wein auch immer an den stationären Weinhandel, mittlerweile besuche ich auch unregelmäßig ein Dutzend Weinläden in einem großen Radius (120 km), es gab fast immer keine Beaujolais-Weine oder es wurden mir überall Weine aus der höchsten Appellationsstufe (den zehn Crus!) verkauft, die leider bis auf wenige Ausnahmen alle an die „gute“ alte Noveau-Zeit erinnerten: schwache Weinchen ohne Charakter, eine Zumutung!, bei erster Kritik im traditionellen Weinhandel („Wie sollen sich denn diese Cru-Weine von den Village-Weinen unterscheiden?“), wurde gezetert und gespuckt, es gäbe keine Village-Weine und früher gingen tausende Flaschen über den Tresen, alles aus und vorbei!, jetzt nur noch die Cru-Weine verkaufbar!“ Achtung!, hier wird richtiger Mist verkauft, dabei ergeben sich beim Thema Beaujolais große Chancen, die wirklich guten Gamay-Weine sind großartig und unverwechselbar, Blindverkosters Traum und auch noch bezahlbar!
Nachdem ich die Geduld mit den Wein-Totengräbern verloren hatte, brachte sofort die erste Flasche aus der Probierkiste aus den Tiefen des Internets einen Superwein ans Licht:
Einen Beaujolais-Cru „Morgon“ von Jean Foillard: Hier kann man deutlich eine wiedererkennbare Typizität schmecken, die Gamay-Traube in Hochform, in der Nase florale Noten (Veilchen, Narzisse) Kirsche und Leder, im Mund dann ein deutlicher Pfefferton und Kirsche, eine schöne Eleganz mit einem leichten Mineralton dazu, ich wusste sofort, dass dieser Wein vorgestellt würde. Er konnte sich auch gegen alle nachfolgende Konkurrenz behaupten, ein wunderbarer Wein. Solche Weine würden den Ruf der schönen Region schnell wiederherstellen und den Dornröschenschlaf beenden. Neben „Morgon“ und „Fleurie“ gibt es noch acht weitere Crus und auch die Villages-Weine sollte man nicht unterschätzen.
Jean und Agnes Foillard übernahmen das Weingut in Villié-Morgon im Beaujolais in den 80er Jahren vom Vater von Jean. Neben den hervorragenden Granit- und Schieferböden brachte der Einfluß der Lehren des traditionalistischen Winzers Jules Chauvet den Erfolg. Rückkehr zu alten Praktiken, alte Rebstöcke, kein Einsatz von Herbiziden und Pestiziden, späte Lese, strenge Selektion, so wenig Schwefeldioxid wie möglich, Verzicht auf Chaptalisierung und Filtration. Ergebnisse waren authentische Weine ohne die Bananen- und Kaugummi-Aromen mancher Wettbewerber. Praktisch eine Rückkehr zum klassischen Morgon mit Würze und viel Mineralität, Komplexität, Tiefgründigkeit und einer samtigen Fülle. Die Rebsorte Gamay im burgundischen Stil. Mittlerweile bewirtschaftet man 14 Hektar, u.a. hat man auch viel Besitz in der berühmten Hanglage „Cote du Py“ an einem erloschenen Vulkan. Sohn Alex ist in den Betrieb eingestiegen, bewirtschaftet aber unter eigenem Namen ein 2 Hektar Miniweingut.