Dieses Jahr ging noch ein großer Reisetraum von mir in Erfüllung, 12 Tage Dresden und die Umgebung mit einem kleinen, aber traumhaft schönen deutschen Weinanbaugebiet: Sachsen (518 Hektar, damit kleiner als das Weinanbaugebiet in Wien!)! Allerdings wirkt das Gebiet gar nicht so klein, weil es sich von Dresden am Elbtal entlang bis hinter Meißen zieht. Wir wohnten in der schönen Villa Freisleben im Villenvorort Blasewitz, gar nicht weit von der berühmten Brücke „Blaues Wunder“, dem Schillergarten (hier war wirklich öfter der geniale Friedrich Schiller zu Gast!), den Seilbahnen in Loschwitz und den Elbschlössern.
Am Ankunftstag waren wir von der langen Anreise geschlaucht und hatten einen Tisch im Restaurant „Villen-Colonie“ um die Ecke reserviert, weintechnisch erwartete ich da eigentlich gar nichts, doch die Kellnerin war nett und kannte sich aus, unser Hinweis, dass wir auch Rosé mögen, wurde gerne aufgegriffen und es kam ein erster süffiger und überzeugender Wein: das „sächsische Gezwitscher“ vom 7 Hektar großen Familienweingut Matyas aus Coswig. Der Ungar Matyas Probosckai kam 1970 vom ungarischen Weinforschungsinstitut in Budapest in die Weinhauptstadt Sachsens und Nachbarstadt Dresdens, Radebeul, um im Staatsweingut Schloss Wackerbarth beim Aufbau einer Sektkellerei zu helfen. Dort lernte er seine Frau kennen und nach der Wende wollte sich das Paar den Traum von einem eigenen Weingut erfüllen. 1998 war es dann soweit. Coswig liegt westlich von Radebeul, seit 2014 liegt die Verantwortung nun bei Tochter Andrea und einem jungen Team.
Die leuchtende lachsfarbene (mit kupferfarbenen Reflexen) Rosé-Cuvee 2020 duftet nach Erdbeeren, Kirschen und etwas Honig, ist aber sehr schlank und feinfruchtig im Mund, etwas Pfirsich, frische Säure, süffiger Cool-Climate Rosé mit einem leichten Bitterton im Abgang. Sehr gelungen, aber leider wohl schon ab Weingut ausverkauft. Habe den Rosé nach langer Suche dann doch noch in einer Vinothek in Meißen gefunden.
In der Karl May-Stadt Radebeul liegt das sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth, hier arbeitete nicht nur Matyas, hier tauchte auch der Weinschank schon 1995 mit einem Studienkollegen zur Weinprobe auf und erlebte eine kleine Anekdote: die Weine wirkten doch etwas säuerlich und so erdreistete ich mich, bei der Kellnerin nach Knabbereien zu fragen. Das hätte ich besser nicht getan, ich bekam eine richtige Abfuhr, „wenn sie speisen möchten, dann besuchen sie doch bitte eine Speisewirtschaft!“ Kam mir damals etwas sehr unflexibel und unfreundlich vor, deshalb war ich umso überraschter, im Jahre 2021 ein strahlendes „Erlebnisweingut Schloss Wackerbarth“ vorzufinden, in dem es an der Weinausgabe reichlich Knabbereien, Brezel und Käsewürfel gab, eine späte aber großartige Genugtuung! Auch so hatte sich einiges getan, ein moderner Anbau sorgt für reichlich Platz, es gibt nun auch eine eigene „Speisewirtschaft“, Gäste können im herrlichen und zum Belvedere aufsteigenden Garten sitzen, bei Bedarf auch heiraten und die Weine und Sekte schienen mir von ganz anderer Klasse als vor 25 Jahren.
In einem sehr nördlichen Weinanbaugebiet spielt auch immer die Säure eine große Rolle (ich war schon vom Vorgänger-Beitrag Mosel speiseröhrentechnisch angezählt!), ich mag eigentlich als Blindverkoster diese Weißwein-Cuvees nicht, wie soll man die denn auch erkennen?, aber von allen offenen Weißweinen von Schloss Wackerbarth gefiel mir ausgerechnet eine Cuvee besonders gut: ein 2019er Grau- und Weissburgunder, den ich blind durch seine nussigen Aromen (hoffentlich) sofort als Grauburgunder identifiziert hätte! Duft auch nach Quitte und Pfirsich. Im Mund zitrische Noten, mineralisch, aber auch sehr süffig, herber Abgang mit gezähmter Säure. Wunderbar, dass es nun auch diverse Kleinigkeiten im fantastischen Ambiente gibt, dadurch sehr entspannender Weingenuss!
Über das Belvedere des Schlosses ging es steil hoch in die Weinberge und auf verschlungenen Wegen nach einiger Zeit an einer Nebenstelle der Sächsischen Vinothek in Dresden entlang, dem Weinschank an der finsteren Gasse (welch großer Name!).
Weiter ging es abwärts durch die berühmte Eisweinlage Paradiesgarten, über den Lößnitzgrund bis zur noch berühmteren Lage Goldener Wagen, um dann hunderte Stufen hoch zum Spitzhaus zu steigen. Nach einer Erfrischung auf der aussichtsreichen Terrasse des Spitzhauses dann der Abstieg auf der anderen Seite, es ging spektakulär runter in die Weinkernzone Radebeuls, dort liegt auch das Weingut Aust. Eine unglaublich schöne Tour, kann ich jedem nur ans Herz legen, aber wie schmecken denn die gekauften empfohlenen Weine der Sächischen Vinothek in Dresden (an der Frauenkirche) eigentlich?
Der erste Wein vom Weingut Ricco Hänsch gleich ein Treffer, Rebsorte Kerner, eine Kreuzung aus Riesling und Trollinger, leider in Deutschland stark rückläufig im Anbau und unterschätzt, obwohl es in jedem Jahrgang bisher einige sehr interessante Weine gab (auch im edelsüßen Bereich!). Der 2020er Kerner Meißner Kapitelberg überzeugt mit einem Duft nach Aprikose, grünem Apfel und etwas Muskat, im Mund sehr ausgewogen, säurearm, mit deutlicher Fruchtsüße und mineralischer Würze, einfach schon toll jung zu trinken, ein großes Lob!
Erst 2005 gründete der gelernte Werkzeugmacher Ricco Hänsch mit eigener Maschinenbaufirma im Rücken sein eigenes Weingut in Meißen am Kapitelberg. Auf 2 Hektar erzeugt er ca. 8000 Flaschen im Jahr, Konzentration liegt auf Riesling, Müller-Thurgau, Kerner und Traminer.
Noch jünger das Weingut Kastler Friedland in Radebeul-Zitzschewig, erst 2013 gegründet. Bernd Kastler und Enrico Friedland setzen sich engagiert für den Erhalt der Weinberge mit ihrem großen Rebsortenspiegel ein. Ihr Motto „Elbtalweine für Entdecker“ kann gleich in der eigenen Vinothek oder in der Straußenwirtschaft im herrlichen Ambiente umgesetzt werden.
Der Riesling 2019 ebenfalls für mich sehr gelungen: schönes Bukett nach Aprikose und Zitrusfrüchten, Kräutertöne, im Mund schöne Fruchtsüße und klassische Riesling-Säure, alles sehr ausgewogen und süffig, alles in Balance, gefällt einfach! Schöne Entdeckung, habe leider zu spät mitbekommen, dass die Beiden auch Besitz in der Toplage Goldener Wagen in Radebeul haben, da muss wohl nachbestellt werden!
Und dann noch Schloss Proschwitz und die Erfolgsstory des Dr. Georg Prinz zur Lippe, ein Adelsgeschlecht mit westfälischen Wurzeln und ein Mann, der die große Jahrhundert-Chance sah und dann beharrlich und mit viel Herzblut nutzte, um einen großen Traum umzusetzen. Die Rückkehr nach der Wende zum alten Familienbesitz nach Meißen. Nach der entschädigungslosen Enteignung 1945 in der Sowjetzone war es mit der Gebäudesubstanz und auch den Weinbergen kontinuierlich bergab gegangen, eine unglaubliche Leistung, was dann in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde, eine gigantische Aufbauleistung, schaut Euch mal den Rundflug über Schloss Proschwitz auf der Internetseite des VDP-Weingutes an. Wunderschön und der Prinz setzt unermüdlich immer weitere Ideen um, Neubepflanzung verschwundener, ehemals berühmter Weinberge auf der anderen Elbseite, Expansion nach Weimar, Kulturprojekte und v.a.m.. Ein Glücksfall für Meißen und die ganze Region. Mittlerweile ist man bei stolzen 90 Hektar und das größte Familienweingut im Osten, einige der ca. jährlich erzeugten 400 000 Flaschen kann man sogar in meiner Heimatstadt Münster in der Weinabteilung bei Karstadt erwerben.
Der Goldriesling, eine Kreuzung, die 1893 im Elsass aus Riesling und Früher Malingre entstand, gibt es heute in Deutschland nur noch nennenswert mit kleinen Anbauflächen in Sachsen. Bei Schloss Proschwitz überzeugt der VDP.Gutswein 2020 mit hellgelber Farbe, einem schönen Bukett nach Apfel, einer feinen Muskatnote und Würze, im Mund Grapefruit, deutliche Säure und ein ebenfalls würziger Abgang. Hat mir auch gut gefallen! Damit alle drei Weine in der Siegerschankweinliste, wer hätte das gedacht?, nur richtige Schnapper waren leider nicht dabei. Habe in einem tollen Weinladen „Edelrausch“ in Dresden-Blasewitz die Bemerkung „Angebot und Nachfrage!“ gehört und den Verkäufer dabei grinsen sehen, aber Recht hat er!
Martin Schwarz war Kellermeister bzw. später dann beratender Kellermeister beim Schloss Proschwitz mit großen Erfolgen und entschied sich trotzdem oder gerade deshalb 2013 für die Selbstständigkeit in einem eigenen Weingut bei Meißen. Er ist in der Gastronomie in Dresden und Umgebung omnipräsent, ein echter Holzkünstler, in solchen Breitengraden ein riesiger Vorteil, Zähmung der teilweise heftigen Säure, bei gleichzeitiger Herausarbeitung der Typizität der Rebsorte, eine bewundernswerte Gabe!
Der Müller-Thurgau 2019 ein wirklich starker Vertreter seiner Art, in der Nase florale Düfte (Blumenwiese?), Aprikose und etwas Muskat, im Mund sehr viel Schmelz, wenig Säure, sehr süffig und breit, etwas Würze und ein ordentlicher Abgang, unbedingt mal probieren, hat mich positiv überrascht! Ich weiß genau, was nun passieren wird, die Franken werden mich auf dem Kieker haben, sie lieben ihren Müller-Thurgau nämlich wirklich und reagieren bei Konkurrenz meistens allergisch. Bin gespannt!
Auch der „kleine Schwarz“ ein kleines süffiges Meisterwerk, jahrgangslos, aber nicht charmelos, hatte auf Holzeinsatz getippt, lag dabei aber völlig daneben, 100% Ausbau im Edelstahltank, in der Nase Zitrusfrüchte, Apfel, Birne, sehr viel Schmelz und perfekt eingebundene Säure, frisch und fruchtig, ein richtiger Spaßmacher! Aber was ist da drin? Riesling, Silvaner und Scheurebe? Netter Versuch, Herr Weinschank, sie werden aber immer ein Anfänger bleiben: Riesling, Weißburgunder und Müller-Thurgau! Ich schrieb ja schon. ich bin kein Freund von diesen Cuvees, aber auch hier habe ich gesündigt, in Dresdner Restaurants habe ich den wiederholt geordert, weil er mir wirklich super geschmeckt hat, als blogger natürlich auch ein grober Anfängerfehler, da nimmt man sich selber alle Chancen für Neuentdeckungen, ich muss wirklich an mir arbeiten!
Findet man in Ostdeutschland großartigerweise noch öfter, Dampflokomotiven, die täglich noch nach einem regulären Fahrplan fahren, aber die Strecke der Lößnitzgrundbahn in Radebeul ist schon noch etwas ganz besonderes. Der Zug quält sich erst dampfablassend und tutend parallel zur Elbe durchs untere Radebeul-Ost, überquert dann eine Straße und damit auch eine Straßenbahnlinie und biegt dann rechts ab, um spektakulär auf die terrassierten Weinberge zuzuhalten, die steil links und rechts im Hintergrund als Sperrmauer emporragen. Man rechnet fest mit einem Tunnel, doch es geht durch ein tief eingeschnittenes, finsteres Wald-Bachtal kilometerweit leicht bergan. Man erreicht mit dem Bahnhof Moritzburg die wunderschöne Seen-Landschaft rund um das Schloss Moritzburg („Drei Nüsse für Aschenbrödel“), hier musste ich einfach die absolute Romantikkarte ziehen und noch für eine Kutschfahrt vom Schloss zur Churfürstlichen Waldschänke Moritzburg sorgen, eine empfohlene Adresse, die nicht enttäuschte.
Zwei sehr schöne Sekte , man lasse sich allerdings nicht durch die eigenartigen Bestimmungen der gesetzlichen Grundlagen für Sekt hinters Licht führen, „trocken“ bedeutet beim Sekt z.B. ein Restzuckergehalt von 17 bis 32g/Liter. Also alles andere als trocken. Die Cuvee Tradition von Wackerbarth scheint aber in der unteren Range zu liegen und wirkte nicht süß. Bei blassgelber Farbe duftet sie nach Apfel und Holunder, wirkt im Mund sehr fruchtig und süffig und besitzt eine sanfte, zurückhaltende Perlage. Empfehle ich als Kompromiss-Sekt für Silvester!
Die halbtrockene (wir sind hier im Bereich zwischen 32 und 50g Restzucker pro Liter) Cuvee Tradition glänzt mit goldgelber Farbe, Duft nach reifen Früchten und Fruchtsüße im Mund, die durch eine straffe Perlage in Schach gehalten wird. Im Abgang etwas herbe Töne, auch diese Cuvee ist gelungen und wird ihre Liebhaber finden.
Ich liebe einfach solche Urlaubstage, in denen scheinbar mühelos alle Pläne aufgehen. Dass die Tour dann doch nicht perfekt endete, war wohl meinem Übermut geschuldet, ich war aber auch sehr von Landschaft und der Bahnstrecke fasziniert und wollte einfach noch mehr sehen. Als wir zwischen zwei Seen hindurch unter Zeitdruck noch gerade den nächsten Halt Cunnertswalde erreichten, bemerkte ich auf der Abfahrtstafel, dass der Zug nur noch ab Moritzburg zurückfuhr. Das bedeutete einen langen ungeplanten Spaziergang auf den Schienen entlang bis nach Moritzburg. Von dort fuhr zum Glück ein Schnellbus direkt nach Dresden, ein Tipp von einem lokalen Busfahrer (tausend Dank vom Weinschank!), wir hätten sonst sehr lange auf den wirklich allerletzten Zug warten müssen.
In Radebeul kommt man an Ihm nicht vorbei, dem sächsischen Lügenbaron Karl May, mit eigener Villa Shatterhand und Holz-Villa Bärenfett im Garten. Geächtet (warum eigentlich?, der Knastbesuch entstand wohl eher aus Verleumdung in seiner tiefsten Lebenskrise), aber zum Glück für seine überbordende (und super recherchierte) Fantasie millionenfach geliebt, interessanter Museumsbesuch, was da alles so gesammelt wurde und wie sich DDR-Bürger in die innere Emigration zurückzogen und plötzlich als Indianer leben wollten. Und gleich ein Anschiss im Museumsshop („Die Postkarten bleiben hier, die können sie nach der Besichtigung kaufen!“), die Frage nach den Knabbereien habe ich mir bei der resoluten Frau dann doch lieber geklemmt. Aber was hat das alles mit Wein zu tun? Schaut doch, was es im Museums-Shop zu kaufen gab: Weine vom Weingut Karl May aus Rheinhessen! Super Idee, ich kannte das Weingut aus Rheinhessen schon vorher, aber da hat jemand Humor bewiesen und wahrscheinlich damit auch große Synergieeffekte gehoben!
Der Exkurs nach Rheinhessen soll natürlich ganz kurz ausfallen, soso, Blutsbruder 2018, für immer vereint, wenn ich mich nicht irre!, ganz im Gegenteil, wir gehen mal lieber getrennte Wege, das ist so einer der Weine, mit der man mich jagen kann, dunkel, konzentrierter Beerenduft und brandig, man schmeckt den Alkohol deutlich durch, einfach zu viel des Guten, aber vielleicht wie die Bücher Karl Mays ein Liebling der Massen. Rebsorten Dornfelder und Merlot!
Viel besser, mit tollen Anlagen der Pinot Noir Geyersberg 2018, schöne helle transparente Farbe, feiner Duft nach Beeren, etwas Rauch, leider noch zu jung, dadurch eher kräftig als fein im Geschmack, noch etwas ruppig und kantig, weglegen!
Mein Favorit aber der Frühburgunder 2016 Vordere Mulde, sehr fein und kühl wirkend, Beeren, Mineraltöne, feine Tannine, frische Säure, schöner langer Abgang. Top!
Mit Leihfahrrädern ging es an einem anderen Tag an der Elbe entlang Richtung Meißen. Je mehr man sich dem Porzellanstädtchen näherte, um so mehr erinnerte das oft wechselnde und in immer wieder anderen Farben schimmernde Gestein an die Nahe. Um Meißen gibt es neben verwittertem Felsgestein wie Syenit und Monzonit, auch Granit-/ rote Granit- und Riesensteingranitböden, dazu Vulkangestein wie Porphyr und Rhyolith. Genau wie an der Nahe ein geologisches Schatzkästlein auf engstem Raum. Nach schöner Einfahrt in Meißen besuchten wir das uralte und wunderschöne Weinrestaurant des Weinguts Vincenz Richter. Hier konnte man sich im verwinkelten und museumsähnlichen Ambiente glasweise durch das Sortiment verkosten, aber auch ganz toll essen. Auf den engen Stiegen konnte man sich allerdings auch ganz hervorragend den Hals brechen, mit ganz viel Glück blieb uns das noch so gerade erspart! Ich war gespannt, ob die beiden ausgesuchten Weine auch bei einer Nachprobe bestehen würden, ich hatte mich im „Weinladen“ Meißen eingedeckt.
Der Auxerrois feinfruchtig vom Weingut Vincenz Richter völlig anders als sein geliebter Namensvetter trocken vom Weingut Klumpp aus dem Kraichgau (Baden): aber auf seine Weise auch besonders und spannend, in Sachsen selten zur Reife kommend und ohne Jahrgangsbezeichnung auf dem Etikett (aber wohl Jahrgang 2019?), in der Nase tolle Aromen von Birne und Quitte, im Mund schöne Fruchtsüße. dazu dezente, milde Säure, eine gewisse Würze im Abgang, super, hat mich sofort an asiatisches food-pairing denken lassen, damit hat man als Sommelier(e) die show im Kasten, da kommt keiner der Gäste drauf und bei Auflösung glänzt dann auch noch diese besondere bauchige sächsische Flaschenform!
Der Riesling trocken 2020 vom Meissner Kapitelberg mit interessanter Kräuternase und Pfirsichnote, im Mund schon überraschend harmonisch, milde Säure, sehr fruchtig und breit, dadurch sehr süffig, leicht mineralische Noten im Abgang. Schöner sächsischer Einstiegswein!
Zurück ging es auf der anderen Elbseite, mit meinem normalen Fahrrad hatte ich irgendwann Schwierigkeiten meiner Freundin auf ihrem e-bike zu folgen, die Strecke war nicht minder schön, auch die Fahrt auf Dresden zu (mit der herrlichen Silhouette) und an den vielen gastronomischen Elbgärten vorbei, einfach traumhaft! In Dresden spielt Wein wieder eine große Rolle, es gibt tolle Restaurants, Weinläden, die sächsische Vinothek an der Frauenkirche und auch einige Weinbars, zwei hochgelobte locations musste ich unbedingt testen. Eindeutiger Sieger für mich die Weinzentrale in Dresden-Neustadt, hier gab es auf Empfehlung glasweise die Weißburgunder & Grauburgunder-Cuvee 2020 vom Radebeuler Weingut Karl Friedrich Aust, die einschlug. Schönes Ambiente, sehr entspannte Atmosphäre, leckere Kleinigkeiten, hier fühlte man sich sofort wohl!
Das Weingut Aust in Radebeul ist und liegt wunderschön, Und auch die Cuvee aus Weißburgunder und Grauburgunder 2020 hat mich sofort überzeugt: schöner floraler Duft und reife Birne, im Mund Zitrusfrüchte, kräftige Säure, Mineraltöne und langer, würziger Abgang. Einer meiner großen Favoriten, natürlich auch wieder Cuvee, da habe ich echt dazugelernt!
Beim Besuch einer anderen Weinbar versuchte man die doch sehr beliebige und qualitativ schwankende sächsische Weinauswahl mit endlos langem Werbegeplapper schön zu reden, ich kann so etwas einfach nicht leiden, erinnerte mich an Gehirnwäsche, ich war froh, als die Tortur vorüber war.
Und zum Abschluss besuchten wir noch zwei große Stars in der Nähe des Schlosses Pillnitz elbaufwärts, Richtung Sächsische Schweiz, aber noch auf Dresdener Stadtgebiet.. Hier haben sich der weintechnische Autodidakt Klaus Zimmerling und seine immer bekannter werdende Frau, die Bildhauerin Malgorzata Chodakowska, ein Paradies geschaffen. Nachdem man sich nach der Wende durch Glück und Geschick Weinbauflächen unterhalb der sog. Rysselkuppe von der ehemaligen Genossenschaft durch Kauf sichern konnte, begann eine tolle Erfolgsstory. Unterhalb des Weinberges wurde ein Stollen in den Berg getrieben, um optimale Voraussetzungen für die Verarbeitung der Trauben zu gewährleisten. Der Eingang wurde mit zwei Türmen „gesichert“ und mit viel Sandstein warm gestaltet. Im Internet erinnerte mich das Weingut an die Wohnung von Bilbo Beutlin aus dem Herr der Ringe.
Doch als wir nun wirklich um die Ecke kamen, wurde in Hobbingen gerade gebaut, ein großer Rundbau entsteht (neue Vinothek) und auch an der kleinen Zufahrtsstraße wurde gewerkelt. Trotzdem schien sich niemand dem Zauber dieses Ortes entziehen zu können, man schaut von der Terrasse weit ins Auenland, äh Elbtal, hinein. Überall stehen die fantastischen Figuren der Bildhauerin, mal mit und mal ohne Wasseranimation. Dahinter der steil aufragende, an eine Stufenpyramide erinnernde Weinberg Rysselkuppe. Mittlerweile ist das Weingut Mitglied im VDP und konnte sich auch Flächen am ehemaligen königlichen Weinberg Pillnitz sichern. Erst in den 80er Jahren begannen Feierabendwinzer die brachliegenden Weinbergsflächen neu zu reaktivieren. Die Wanderung vom Weingut Zimmerling zum königlichen Weinberg über verschlungene Wege ist großartig und nur zu empfehlen.
In die Flaschen des Weingutes konnte ich mich als Fan der Bildhauerin nur verlieben, weil in jedem Jahrgang ein anderes Werk der Künstlerin als Etikett auf die Flaschen kommt. Aber sollten uns die Weine auch blind überzeugen? Die Menge ist jedes Jahr knapp, Klaus Zimmerling füllt schon in 0,5 Liter Flaschen ab, mein Favorit vor Ort im Gutsausschank, ein Riesling R 2019, war schon käuflich nicht mehr zu erwerben. Immerhin konnten wir drei verschiedene Weine erwerben und zuhause blind verkosten.
Mein Lieblingswein der Spätburgunder 2019 Rosé Illusion, ein ganz heller und sehr feiner Wein, duftet nach roten Beeren und schmeckt sehr ausgewogen und harmonisch, im Mund Frucht und gut eingebundene Säure, schöne Länge. Der Rosé hätte sehr schön in meiner großen Rosé-Probe mitgemischt, eine Option auf den Sommer. Und als Blindverkoster schreibe ich es noch Mal nur ungern, ich liebe diese Etiketten!
Der Grauburgunder 2019 R kommt mit goldgelber Farbe ins Glas, in der Nase viel Apfel, aber auch feine florale Noten, im Mund sehr voll und fruchtig, viel Schmelz, fein unterlegte Säure, auch Mineraltöne, langer Abgang. Genau wie der Rosé von der Sächsischen Prüfkommission als nicht typisch zum „Sächsischen Landwein“ abgestuft, erinnert mich hier an die tollen Weine von Hans Peter Ziereisen aus dem Markgräfler Land, die teilweise ebenfalls dieses (erfreuliche) „Schicksal“ als „Badischer Landwein“ teilen. Was die Einen untypisch nennen, nennen die Anderen aufregend anders, mir gefiel der Wein sehr gut, ich konnte ihn allerdings blind auch nicht als Grauburgunder zuordnen.
Zum Schluss noch ein elegantes Flaggschiff aus VDP.Grosser Lage, ein trockener Gewürztraminer 2017 aus dem Pillnitzer Königlichen Weinberg. Das große Gewächs (GG) benötigt Luft!, in der Nase dann feine Rosen- und Muskatdüfte, im Mund sehr schlank, Birne und exotische Früchte, bei moderater Säure, die als Regulator im Hintergrund bleibt, ein sehr interessanter Wein und Exot!
Fazit:
Schon 1995 habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie das Weinanbaugebiet Sachsen wohl sein Profil finden und schärfen könnte, voll auf Traminer oder Goldriesling oder Sekt setzen? Die vergangenen Jahre haben eine viel bessere Antwort gefunden, als nördliches Weinanbaugebiet spielt die Vielfalt der Rebsorten nämlich eine sehr große Rolle, Sachsen glänzt mit über 50 verschiedenen Rebsorten im Anbau, damit haben die Winzer bei manchmal wirklich widrigen Witterungseinflüssen alle Möglichkeiten spontan zu reagieren und Vorteile bestimmter Rebsorten auch in Cuvees auszunutzen. Die Weingüter Klaus Zimmerling, Martin Schwarz oder das große Gut Schloss Proschwitz sorgen dabei für das überregionale Ansehen.
Wünsche Euch allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch nach 2022, auch ein oder mehrere schöne Gezwitscher, nehmt Euch mal 2022 vor, sächsischen Sekt oder Wein zu probieren und schaut hier wieder rein, es geht bald weiter, ich hab noch so viele Ideen und Themen! Danke fürs treue Lesen!
Wunderbar, wie ich mich hier durch die Orte meiner Kindheit lesen durfte und gleichzeitig meine Leidenschaft Wein bedienen konnte. Gerade beim sächsischen Wein habe ich soviel Nachholbedarf und du hast hier zahlreiche Tipps geliefert. Ich bin zwar regelmäßig in Dresden und der Sächsischen Schweiz, aber die Zeit reicht dann immer nur für Geschwister- und weitere Verwandtschaftsbesuche. Freut mich, dass es dir gefallen hat. LG Clemens wein_geyer
Hallo Clemens,
das war eine wirklich tolle Reise, neben den erwähnten weintechnischen highlights habe ich auch unsere Elbschifffahrt, die Elbschlösser, die Dresdner Villen- und
Altbauvororte (sogar mit der ältesten deutschen Schwebebahn, meine Wuppertaler Freundin war sehr geschockt!), die tollen Restaurants, die Cafes, das Panometer, die Frauenkirche u.v.a.m. sehr genossen. Auch die Wanderungen (besonders um Moritzburg und Radebeul) und unser Fahrradausflug nach Meißen waren genial,
Leider haben wir bei aller Begeisterung die sächsische Schweiz vergessen, wir kommen wieder, großes Indianerehrenwort, wenn ich mich nicht irre! Grüße in den 9. aus Münster Dein Weinschrank, Peter
Gleich neben dem Blauen Wunder wohnt meine Schwester. In Moritzburg und Radebeul waren wir früher regelmäßig, in Meißen wie gesagt gewohnt, später in der Sächs. Schweiz und in Dresden. Der Papa hat als Pfarrer beim Wiederaufbau der Frauenkirche mitgewirkt, hat die ersten Gottesdienste unten in der Krypta/Unterkirche gehalten, als oben noch gebaut wurde. Nur den Wein haben wir irgendwie nie richtig abgefeiert, das muss ich nun nachholen.
Hallo, Peter,
ich heiße wirklich selbst Frank und auch noch Michael mit zweitem Vornamen.
Wie dem auch sei, du hast Sachsen als Weinland sehr gründlich erforscht.
Was mir sehr gut gefällt: Das Detail mit der Knabberei. Da steckt Mentalitätsgeschichte drin.
Interessantes Thema generell. Bei „professionellen“ Verkostungen wird aus gutem Grund nicht „geknabbert“, weil es die Wahrnehmung des Weins verändert. Gerade das ist bei „kommerziellen“ Verkostungen aber im Sinne des Absatzes sicherlich nicht falsch. Irgendwo habe ich mal gelesen, mit Apfel kauft man Wein und mit Käse verkauft man ihn. Das dürfte gerade bei stark säurehaltigen Weißweinen zutreffend sein.
Beste Grüße
Hallo Frank,
man schrieb das Jahr 1995, ich war Amateur (heute bin ich unabhängiger Amateur), die Weine hatten für mich damals eine krasse Säure,
es war praktisch ein unerhörter Hilferuf an den Geist des Sozialismus, der noch im Gemäuer spukte!
Heute ist der Gast auf dem Erlebnisweingut Schloss Wackerbarth König und wird total verwöhnt.
Habe mich übrigens schon über Verhalten bei Weinproben (der „feuchten“ Moselversteigerungsprobe) mit dem sonst sehr interessanten Moeselchen
bei Instagram bis aufs Messer bekämpft und gezankt. Er neutralisiert wohl in den Pausen draußen vor der Tür mit Gummibärchen und musste das groß
als bahnbrechende Idee rumposaunen. Da gab es heftigen Streit!
Mittlerweile geht man sich aus dem Weg, schätzt sich aber und bewirft sich (hoffentlich) beim realen Aufeinandertreffen bei Weinproben
nicht mit Äpfeln, Käse oder Gummibärchen.
Vielen Dank fürs Kommentieren, Dein Instagram-Auftritt ist richtig großartig.
Auf zur Nachtschicht Dein Weinschank, Peter
Hallo Frank,
Ein schöner Bericht über das Weinland Sachsen. Leider schon eine Ewigkeit her das ich dort war und mit Wein noch nicht so viel am Hut hatte. Mal sehen das ich nochmal dort hin kommen. Um auf deinen Spuren Weine zu erkunden. Allerdings sind erstmal andere Ziele angepeilt.
Nette Grüße von Michael
alias sommer754 (Instagram)
Hallo Michael,
vielen Dank fürs Lesen, melde Dich mal, wenn Du dort hinfährst, vielleicht kann ich Dir neben vinophilen Empfehlungen
auch noch andere Tipps geben. Lohnt sich auf jeden Fall!
Grüße Dein Weinschrankfrank, Peter