Ich werde in ausgewählten Restaurants magisch von dem Satz „Weinbegleitung zum Menü XX Euro“ als Zusatz in der Speisekarte angezogen, bin dann immer voll der Hoffnung, auf einen Schlag möglichst viele neue Siegerschankweine für meinen blog zu finden! Wie oft ging das aber schon in die Hose, unfassbare Pleiten!, eigentlich sollte doch sehr gute Küche die begleitenden Weine mit in den Gourmethimmel heben. Nach den meisten Weinbegleitungen war ich nur noch deprimiert, die einzelnen Essens-Gänge meistens wirklich auf hohem Niveau, aber der begleitende Wein dazu dann meistens Kreisliga und mit Aromen, die sogar das Essen abwerteten!
Wie kann so etwas passieren? Natürlich gibt es ein Budget, das nicht überschritten werden darf, natürlich gibt es Genießer, die die Aromen aus dem Essen genau so im Wein wiederfinden wollen und dann wieder welche, die sich starke Kontrastpunkte wünschen, im Endeffekt trinkt der gemeine Deutsche dann den Wein doch sowieso lieber pur bzw. vor oder nach dem jeweiligen Gang, also alles ganz schwierig! Das eigentliche Hauptproblem sehe ich aber ganz woanders: heutzutage kann man sich auf die Typizität bei vielen Weine nicht mehr verlassen, greift man blind auf Weinklassiker in der Kombination mit Essen zurück, erlebt man sein blaues Wunder, viele Weine sind heute rebsorten- oder auch cuveeuntypisch auf „lecker“ in Duft und Geschmack getrimmt, es wird sehr oft zu blumig, stachelbeerig, dropsig oder gletscherbonbonartig, fruchtbombig, auch überholzt und zu alkoholisch, einer meiner Weinkollegen würde einfach sagen „zu laut“. Jeder soll trinken was er mag, aber das Essen in einem guten Restaurant verlangt nach klassischer Weinbegleitung, die untypischen Vertreter fallen hier richtig negativ auf und vermasseln die riesige Arbeit aus der Restaurantküche auf die schlimmste Art und Weise. Deshalb predige ich hier mittlerweile schon seit vier Jahren im blog, dass Weine gut aber auch typisch schmecken sollen und stelle nur diese Vertreter vor, leider läuft der Allgemeingeschmack immer mehr in die Gummibärchen-Richtung, richtig übel, was kann man tun?
Einfach von einem denkwürdigen Abend berichten, an dem die Weinbegleitung mal fast perfekt war. Das schöne Souterrain-Restaurant EssensArt liegt etwas abseits in einem sonst reinen Wohngebiet in Haan. Nach freundlicher Begrüßung bekam ich die Speisekarte in die Hand und sah sofort den magischen Satz, der eine Weinbegleitung zum Menü anbot. Nach den vielen Pleiten in anderen Restaurants zögerte ich noch, doch dann sah ich auf der Aperitif-Karte ein interessantes Getränk von einem mir bekannten Winzer, ein alkoholfreier PriSecco Weissduftig von der Manufaktur Jörg Geiger. Von diesem Tausendsassa Jörg Geiger hatte ich schon mal seinen EisApfel 2009 getrunken, ein unglaubliches Getränk aus der alten Apfel-Sorte Bittenfelder Sämling, die extra dem Frost ausgesetzt wurde und dann weiterverarbeitet wurde. So fiel dann schnell die Entscheidung, Aperitif und dann auch die Weinbegleitung zum Menü bestellen.
Ein wunderbarer Beweis, dass ein Getränk auch ohne Alkohol auskommen kann, ist dieser PriSecco Weissduftig. Goldgelbe Farbe, feinperlig, in der Nase schöne Holundernoten, aber auch Apfel und Kräuter. Im Mund wieder Holunder, aber auch Apfel, Birne und Trauben, schöne Fruchtsüße, auch etwas Würze, langer Nachhall wieder mit Holundernoten, dass sich durchziehende Thema bei diesem tollen Getränk. Ich bin so begeistert, dass ich in ferner Zukunft eine große Jörg-Geiger Probe und auch einen Besuch bei Ihm in Schlat (bei Göppingen an der Schwäbischen Alb) plane, auf jeden Fall werde ich Ihn auf der ProWein in Düsseldorf besuchen, wenn die Weinmesse je wieder stattfinden sollte. Ich war gedanklich so mit Plänen beschäftigt, dass ich sogar vergaß, beim Gruß aus der Küche zurück zu grüßen.
Und dann ging es los, es kam ein köstliches geschäumtes Blumenkohlsüppchen und dazu als Begleiter ein Grüner Veltliner aus der Wachau. Die Wachau hat ein eigenes Klassifikationssystem für Qualitätsweine, die Bedeutung Federspiel deshalb bitte im Glossar nachlesen. Der Wein mit hellem Gelbgrün im Glas, in der Nase grüner Apfel und eine feine pfeffrige Komponente, elegant und trinkanimierend, lebhafte Säure, fruchtig und mit feurigem würzigen Abgang, passte sehr gut zum Süppchen, erste gelungene Überraschung. Toller Wein! Da bei Josef Fischer auch Fisch gezüchtet wird und ein solches Prachtexemplar auf dem Etikett prangt, hätte ich auf eine Essenskombination mit Fisch getippt, dieser Versuch hier mit Blumenkohl aber spannender und sehr gelungen.
Zu wunderbaren Jakobsmuscheln mit Apfel-Calvadosglasur, rotem Reis, Fenchel und Cidregelee ein Albarino aus Nordspanien, Galizien. Großartig, dadurch endlich auch einen Spanier im blog! Der Wein noch sehr jung und frisch, knackige Säure, Apfel, aber auch schöne gelbfruchtige Töne, dazu beeindruckende Mineralität, leichte Bitternote, dazu langer Abgang, konnte mit den Aromen des Ganges mithalten und sich durch das hervorragende Essen selbst in große Höhe aufschwingen. Hut ab, sehr gute Wahl!
Zum Hauptgang Heilbutt mit Macadamia-Zitronenhaube, karamellisierten Blumenkohl, Zuckerschotenrisotto und Nussbutterschaum ein klassischer weißer Burgunder, ein Bourgogne Chardonnay 2017 von Thomas Morey aus der untersten Stufe der Burgund-Qualitätspyramide. Bei diesen „Basisweinen“ kann man immer riechen und schmecken, ob es sich lohnt, dem Erzeuger zu folgen und in die sehr kostenintensiven nächsten Stufen der Pyramide emporzusteigen. Alles etwas zurückgenommen, dezente Vanille- und Karamelltöne, trotz vollem Körpers keine Übertreibung beim Alkohol, harmonisch, cremig, Zitrusfrucht, zurückhaltende Säure, ein gentleman, der den Aromen des Essens den Vortritt ließ und sich immer im Hintergrund hielt. Mochte deshalb den Wein sehr gern, sehr schöner und selbstloser Essensbegleiter. Ein leiser Burgunder!
Der Nachtisch war eine Geschmacksexplosion, geeiste Nougatterrine mit Orangenbaumkuchen, Mandarinen Creme Brulee, Zitrusfrüchte in Texturen und Limettensorbet, der brave Süßwein aus der Appellation Monbazillac mit süßen Fruchtaromen versuchte hier mitzukommen, wirkte aber als Begleiter etwas eindimensional und überfordert, war wahrscheinlich dem Gesamtbudget geschuldet, Schwamm drüber, war ein toller Abend!
Schreibt gerne mal Eure Lieblingsweine mit dem passenden Essen als Kommentar, ich bin da sehr interessiert. Glückwunsch an das Restaurant EssensArt in Haan, neben dem großartigen Essen war auch die Weinauswahl fast perfekt! Endlich mal so, wie es sein sollte, da kommt man gerne und gespannt wieder…
Cola-Rot mit lieblichem Dornfelder und Pommes ist jetzt nicht das, was du suchst?
Das ist aber pfälzer Realität. Wann bist du mal in der Gegend?
Hallo, liebe Madeira-Bergziege, da bist Du ja wieder und der Weinschank freut sich sehr!
Aber was hast Du denn da wieder beobachtet? Um es kurz zu machen:
auch die Weinwelt ist schlecht und es gibt auch dort viele Irre und Wirrungen, warum sollte die Pfalz
verschont bleiben? Aber es gibt dort auch sehr viele Wein-Lichtblicke (habe ich echt noch nichts im blog vorgestellt!?),
großartige Gastronomie (Dank dafür auch an den unvergessenen Vorzeigepfälzer Helmutus Kohl) und viele Anekdoten:
einer meiner prägenden Weinhändler der Anfangszeit, Julius Meimberg aus Herne (kein einfaches Pflaster für Wein),
hat mittlerweile ein aufgelassenes Weingut in der Pfalz (Hainfeld) gekauft und wunderschöne Ferienwohnungen eingerichtet
(Julius in der Pfalz), er bietet dort Kochkurse an und beliefert ganz Herne mit tollen Geheimtipp-Weinen aus der Pfalz.
Könnte jetzt stundenlang so weitermachen, aber es soll ja kurz werden: vielleicht wird es bald mal wieder beruflich
Karlsruhe, aber meine Freundin ist extrem neugierig und will da auch privat hin, dann komme ich zu Euch in die Pfalz, ist nicht weit!
Wie alt ist Euer Dötzken mittlerweile?, solange haben wir uns mindestens nicht gesehen…
Grüße Weinschrank