Zeit für Jubiläen und Gewinntrophäen!

 

2022, in diesem Jahr sind einige Jubiläen für mich zu feiern! Bringen wir es hinter uns! Seid schlau und lest trotz der biederen Einleitung weiter, es gibt nämlich tolle Preise zu gewinnen!

 

 

Münster

Störche über der Überwasserkirche in Münster!

 

 

Ich wohne dieses Jahr genau 20 Jahre zentral in der nach dem Krieg wiederaufgebauten Altstadt Münsters.  Nach einem halben Jahr Wohnungssuche mit abenteuerlichen Geschichten (der Wohnungsmarkt in Münster war auch schon 2002 nicht in Form!), bekam ich die große, einmalige und eher zufällige Chance, als Erster bei einer Wohnungsbesichtigung mit ca. 10 Personen meine Entscheidung zu fällen, es war die ca. 12. besichtigte Wohnung, aber auch die Wohnung mit der besten Lage und  einem sehr schönen Ausblick auf die Überwasserkirche.

Mit dem Unterschreiben des Mietvertrages begannen für mich goldene Zeiten, die Pendelei von Dortmund nach Münster war dadurch Geschichte, mein damaliger Arbeitgeber wechselte zwar öfter in Münster den Standort, blieb aber eigentlich immer in Münsters Promenaden (Lindenallee)-Nähe und so konnte ich meine Arbeitsstelle immer schnell mit dem Rad erreichen. Beim letzten Standort in Münster an der Piusallee wollte ich schon bei der Sendung „Der schönste Weg zur Arbeit der Welt!“ mitmachen, leider wurde die Sendung nie produziert, Gewinnchancen hätte ich aber gehabt!

 

 

Bad Kreuznach

Die Arbeitsstelle war so nahe, darauf einen tollen Nahe Sekt Brut Nature vom Weingut Martin Korrell.

 

 

Aus den Rebsorten Spätburgunder, Weißburgunder und Chardonnay wurde hier ein kleines Meisterwerk produziert. Schöner Lachston, in der Nase Apfel, Mandarine und etwas Hefe. Feine und sanfte Perlage, im Mund trocken, aber mit spürbaren Fruchtaromen und wunderbar schmelzig, dazu ein schöner langer Abgang mit mineralischen Noten. Wunderbar, wie fruchtig elegant ein eigentlich sehr trockener deutscher Sekt ohne Dosage schmecken kann. Auflösung des Geheimnisses: durch das deutsche Weingesetz sind für die traditionelle Herstellung von Sekten mindestens 9 Monate vorgeschrieben, der Brut Nature lag aber sogar 36 Monate auf der Hefe. Den Sekt habe ich im tollen Restaurant Pfaffenberg in Solingen auf Empfehlung des Sommeliers entdeckt!

 

 

Schlossböckelheim

Bei Schloßböckelheim an der Nahe.

 

 

Das Weingut Korrell liegt zwar etwas abseits und versteckt in der Ebene bei Bad Kreuznach in einem Dorf namens Bosenheim, die Korrells besitzen aber auch Anteile an einigen Nahe-Lage-Sahnestücken wie dem großartigen Bad Kreuznacher Paradies (Tonboden mit Kalkanteil) , dem St. Martin (rotliegender Sandverwitterungsboden) und dem Rosenberg (Kies). Dazu kommt auch Besitz im Schlossböckelheimer Felsenberg, dem Norheimer Dellchen und Kirschheck und der Niederhäuser Klamm. Insgesamt ist man durch dieses beeindruckende Lagenportfolio bei ca. 26 Hektar angelangt, ab 2023 wird man nach Umstellungsphase biologisch zertifiziert sein. Regelmäßig werden Rieslinge hoch eingeschätzt und prämiert, im Anbau aber auch Grauburgunder, Spätburgunder, Portugieser, Müller-Thurgau, Weißburgunder und Chardonnay. Hier habe ich durch den Sekt ein tolles Weingut (wieder-) entdeckt, es sollten noch viele Treffer für meinen blog im Sortiment versteckt sein, bin sehr gespannt!

 

 

Nordkirchen

Besteht das Leben nur aus 1000 Sahnestücken?

 

 

Jedes Menschenleben ist wohl leider ein Auf und Ab, so paradiesisch konnte es nicht bleiben, der damalige Arbeitgeber kam in heftige Turbulenzen und schloss dann irgendwann seinen Standort in Münster. Immerhin konnte man mir noch eine Stelle in Düsseldorf anbieten. Die Turbulenzen wurden trotz (oder gerade wegen?) des Einsatzes hunderter externer Berater nicht kleiner. Im Gegenteil, auch ein bekannter kahler Vogel aus dem jetzigen Bundestag kassierte noch mal richtig ab und reiste regelmäßig mit Chauffeur und Luxuslimousine aus dem Sauerland an! Also bitte, meine erste Entlassung! Ich benötigte für eine Strecke von Münster nach Düsseldorf zur Arbeitsstelle mit dem Zug und Straßenbahn ca. 2,5 Stunden, am Tag also 5 Stunden, auf Dauer echte Quälerei und Lebenszeit-Vernichtung, da sind mir wohl einige Balkon-Abende mit tollen Rosé-Weinen durch die Lappen gegangen. Da hole ich mal gleich direkt was nach und erinnere an meine großartige Rosé-Mammut-Probe (auch schon wieder ein Jahr her!), die mich wahrscheinlich dann nachträglich doch noch zum Rosé-Experten gemacht hat!

 

 

Rheingau, Mosel und Rheinhessen

Kleine, aber feine Rosé-Probe, Rheingau, Mosel und Rheinhessen.

 

 

Instagram macht es möglich, ich habe nach einem sehr schönen Spätburgunder 2016 nun endlich auch mal einen Rosé vom Traubenwerk (Endre und Claudia Kasa in Lorch im Rheingau) kaufen können. Der 2021 Spätburgunder Rosé feinherb Lorcher Kapellenberg mit dem hier wirklich passenden Aufdruck „Open, Enjoy, Empty, Repeat“ auf dem Etikett präsentiert sich kupferfarben, duftet herrlich nach Erdbeeren und brennt im Mund ein Fruchtfeuerwerk ab, die Süße wird von einer sanften Säure begleitet. Der Wein ist süffig ohne Ende, breit, betört und begeistert, sehr gut solo denkbar, aber auch zu Salaten oder sogar zum Grillen, unkomplizierter Liebling, wenn es doch bloß mehr Flaschen gäbe, zu dem Preis ist aber immer alles  sehr schnell ausverkauft.

 

Der 2021 Spätburgunder Rosé vom Weingut Lorenz in Detzem an der Mosel mit Lachston und schöner Erdbeernase. Im Mund viel Frucht, aber auch eine angriffslustige Säure, die den Wein schlank und elegant macht. Eine tolle Entdeckung aus dem Restaurant EssAtelier  in Solingen-Ohligs, eher kein Solokünstler, aber stark z.B. zu Hackfleischgerichten. Auch Tobias Lorenz, der das Weingut nach einer Zwischenstation bei van Volxem 2013 übernahm, ist kein Solokünstler. Er kann auf den Leistungen der Eltern Nikolaus und Maria Lorenz aufbauen, hat ein eingespieltes Team und kann auf einige tolle Lagen in diesem ehemals berühmten (und mittlerweile etwas vergessenen) Moselabschnitt zugreifen: Detzemer Würzgarten und Maximiner Klosterlay, Thörnicher Ritsch, Pölicher Held und Trittenheimer Apotheke und Altärchen. Großartig, wenn schon der Rosé überzeugt und noch so ein Portfolio zu entdecken ist!

 

Der 2020er Rosé vom Weingut Ökonomierat Johann  Geil Erben aus Bechtheim (Rheinhessen) war in der letztjährigen Rosé- Mammutprobe eine großartige Überraschung, fruchtig und süffig, ein großer Favorit von mir zu einem kleinen Preis! Und er sollte auch in der nachfolgenden Blindprobe (s. unten) nicht enttäuschen. Deshalb war ich sehr gespannt, wie wohl der Nachfolgejahrgang 2021 abschneiden würde. Leuchtender und funkelnder Lachston, toller Duft nach Erdbeeren und Melone, im Mund sehr zurückhaltende Frucht bei perfekt eingebundener Säure, wirkt dadurch superelegant und ist dabei wieder so süffig, anders als 2020, aber wieder ein Champion, auch im Jahrgang 2021 bewährt sich die Cuvée aus Spätburgunder, St. Laurent und Merlot. Bin wieder von der Familie Geil-Bierschenk begeistert, hätte ich nicht für möglich gehalten, dass man 2021 so einen Rosé nachlegt! Glückwünsche aus Münster!

 

Drei tolle Rosés aus Spätburgunder oder mit Spätburgunder-Anteil, alle einen Versuch wert!

 

 

Blindprobe

Ein Jahr her, meine legendäre Rosé-Probe!

 

 

Nach einigen abenteuerlichen Vorstellungsgesprächen 2017 mit Gratis-Demütigung ging es dann nach einem letzten und zum Glück guten und erfolgreichen Gespräch wieder steil aufwärts, neue, anstrengende und interessante Stelle in einem Kinosaal in Münster. Kann nun wieder mit dem Rad zur Arbeit fahren und bin seit Juni 2022 schon wieder 5 Jahre im neuen Job, der Chef hat mich informiert, konnte ich erst gar nicht glauben, time is running,  aber auch happy-end, das musste stilvoll mit Siegerschankweinen und alten Weggefährten aus Münster und Haltern gefeiert werden!

 

 

Münster

Jubiläums-Blindprobe beim Weinschank!

 

 

Nach langer Corona-Pause endlich mal wieder eine berühmt-berüchtigte Blindprobe beim Weinschank. Sechs Teilnehmer versuchten spielerisch die einzelnen Kategorien zu erraten, Land, Region (Appellation), Rebsorten, Jahrgang und Namen des Weingutes, es gab Preise und Trostpreise, die Teilnehmer mühten sich redlich und punkteten, man blieb bei der Sache (Dank vom Weinschank noch mal dafür!) und äußerte sich auch nebenbei zum Eindruck, den die Weine so machten. Da war ich besonders gespannt, weil ich bis auf eine Ausnahme nur deutsche und österreichische Siegerschankweine aus meinem blog angestellt hatte. Für die meisten Weine gab es sehr viel Zuspruch, besonders beliebt der süffige Rosé 2020 vom Weingut Ökonomierat Geil aus Rheinhessen, der fruchtige und elegante österreichische Rosé-Sekt von Bründlmayer aus dem Kamptal, aber auch der mineralische Chardonnay Kalkstein 2020 von Künstler aus dem Rheingau hatte seine Fans! Meine Freundin schockte die Konkurrenz dann mit einer Serie „Deutschland – Franken – Silvaner – Weingut Bickel-Stumpf – Jahrgang 2019“, da lagen schon unausgesprochene Manipulationsvorwürfe in der Luft, es ging aber alles mit rechten Dingen zu, wir waren vor kurzen vor Ort gewesen (Bickel-Stumpf, Frickenhausen, Franken) und hatten eine Verkostung gemacht, wie man weiter unten noch lesen kann. Deshalb will ich aber die Leistung meiner Freundin nicht schmälern, immer großartig,  wenn die Weine per Serie blind so zugeordnet werden können! Aber auch die anderen Teilnehmer enttäuschten nicht und setzen viele Treffer!  Andere Weine dann eher mit kleinerer aber doch noch wahrnehmbarer Anhängerschaft (Grüner Veltliner 2019 von Soellner, Wagram, Österreich oder Spätburgunder 2017 von Philipp Heinz aus der Pfalz). Ein Wein fiel allerdings deutlich ab, die 2018er Cuvee Siglos (Blaufränkisch/Zweigelt) aus der Magnum (1,5 Liter) vom Weingut J. Heinrich blieb sieglos und wurde von allen Teilnehmern verschmäht. Ein vorher unprobierter Gewinn bei Instagram, meines Erachtens deutlich überkonzentriert und zu mächtig, zu viel Holzgeruch, zu viel Nougat und Würze. Wahrscheinlich aber auch auf verlorenem Posten, weil der Vorgänger der sehr elegante Lemberger Viventum 2015 vom Weingut Schefenacker-Weingart aus Württemberg war. Zum Abschluss eine köstliche Beerenauslese 2007 vom Weingut Carlo Schmitt (ehemals Weingut Heinz Schmitt), meine Baby-Boomer Generation hat normalerweise Probleme mit Süße im Wein, war aber hier sehr angetan. Schöne Probe, ich war mal echt zufrieden!, alle Weine in der Siegerschankliste und über die Suchfunktion aufspürbar!

Nachtrag zur Magnum 2018 Siglos vom Weingut J. Heinrich: wahrscheinlich wurde der Wein durch den Transport beeinträchtigt, ich finde im Netz nur positive Kritiken! Das wäre natürlich für alle Beteiligten tragisch, besonders für die Winzerin! Werde bei nächster Gelegenheit noch mal Weine von J. Heinrich verkosten, bin jetzt neugierig geworden.

 

Frickenhausen

Hotel-Weingut Meintzinger in Frickenhausen

 

 

Ich führe meinen blog nun schon fünf Jahre! Fünf Jahre blog in Verbindung mit Schichtarbeit, nicht immer die ideale Verbindung, manchmal eine richtige Hass-Liebe, aber ich habe den Jubiläums-Zeitpunkt irgendwie dann doch trotz mehrmaliger Aufgabe-Gedanken erreicht! Und da wollte ich mir doch was besonderes  für die treuen Leser (und die, die es werden wollen!) einfallen lassen und meine Fahrt nach Franken für den Einkauf toller Preise für mein Jubiläums-Gewinnspiel nutzen. Ein Rotwein-Treffer in dem tollen Bamberger Restaurant Eckerts (eine Domina 2017 Süd-Süd Frickenhäuser Kapellenberg) hatte mich auf das wunderschöne Hotel-Weingut Meintzinger in Frickenhausen gebracht! Hier werden von Michaela und Jochen Meintzinger völlig neue Maßstäbe gesetzt, statt „klein und fein“ gibt es auch „groß und fein“, aus dem ehemaligen verstaubten Hotel in der historischen Sommer-Residenz der Fürstbischöfe von Würzburg ist ein fantastisches Kleinod (oder Großod?) geworden, das Gebäude historisch, aber die Inneneinrichtung stylish, trotzdem liebevoll, gemütlich und komfortabel, die ersten Eindrücke überwältigend, da mussten wir erst mal bei Brotzeit und Wein runterkommen! Auf Empfehlung des Instagramers „Frangn_Castello“ entdeckten wir einen tollen Rotling.

 

 

Frickenhausen

Rotling 2021, Weingut Meintzinger

 

 

Der Eichstrich „Führerschein weg!“ fehlt auf dem Glas weiter oben noch, was für ein süffiger Wein! Lachsfarbe mit Kupfertönen, in der Nase Erd- und Himbeeren, angenehme Säure und im halbtrockenen Bereich angesiedelt, viel schmeichelnde Frucht, auch zu den unten abgebildeten Köstlichkeiten ein toller Begleiter, man lernt nie aus!

 

 

Frickenhausen

Tolle Brotzeit bei Meintzinger

 

 

Frickenhausen

Rotling 2021, Weingut Meintzinger Frickenhausen

 

 

Kleiner Exkurs: Rotling. Was ist eigentlich Rotling? Der Rotling ist ein roséfarbender Wein, wird aber im Gegensatz zu normalen Roséweinen (nur aus roten Trauben) aus einer Mischung von weißen und roten Trauben hergestellt. Besonders in den Weinanbaugebieten Württemberg, Baden, Franken und Sachsen verbreitet. Seinen Ursprung hat er tatsächlich in Sachsen, wo er als „Schieler“ (eine lautliche Variante von Schillerwein, wegen der schillernden Farbe) bezeichnet wird. Sachsen?, da war doch was!

 

 

Sörnewitz

Der rosa Schuh, Weingut Schuh, Coswig-Sörnewitz, Sachsen

 

 

Der „Rosa Schuh“ leuchtet und funkelt lachsfarben, dazu ein leichter Kupferton, in der Nase Erdbeere, im Mund ebenfalls viel Beerenfrucht, dazu etwas Vanille und sächsische Säure, dadurch unheimlich frisch und süffig, aber auch eher ein sommerlicher Speisenbegleiter. Überraschungswein im tollen Panorama-Restaurant Luisenhof hoch über dem „Blauen Wunder“ in Dresden, Schielerwein (Rotling) aus Kerner (weiße Rebsorte) und Dornfelder (rote Rebsorte), eine klare Empfehlung!

Das familiäre und schöne Weingut Schuh (5 Hektar, viel Steillagenbesitz, z.B. die Monopollage Meißner Klausenberg) wurde 1990 in Coswig-Sörnewitz gegründet und besitzt neben einigen Gästezimmern auch ein Restaurant. Nach Lehrjahren in Neuseeland und im Bordelais leitet ab 2016 Matthias Schuh den kleinen Betrieb. Bei 60 000 Flaschen Jahresproduktion (in guten Jahren!) sind die Weine selbst in der Gastronomie in Dresden schnell ausverkauft, was wir leider selber bei unserer tollen Dresden-Reise feststellen mussten. Einzige Chance ist dann noch die Vinothek der Schuhs, es sind von dort auch großartige Wanderungen durch die Weinberge möglich, also festes Schuhwerk mitbringen!

 

 

Frickenhausen

Frickenhäuser Blauer Silvaner 2021, Weingut Meintzinger, Frickenhausen, Franken

 

 

Aber zurück zu den Meintzingers: Jochen und Michaela Meintzinger haben als 8. Generation das Anwesen übernommen und neben der fantastischen Renovierung des Hotels ab 2005 auch stark in den Weinbau investiert, mittlerweile ist man bei 35 Hektar angekommen und hat sogar eigene Reben in Würzburg stehen. Ich fremdelte beim Test der Weißweine ein wenig mit der  angeholzten Süd-Süd-Linie, aus der auch die rote Entdeckungs-Domina 2017 stammte. Bei der Hitze in unserer Frickenhausen-Woche dann doch lieber keine Rotwein-Verkostung, aber es gefiel mir von den Guts- und Ortsweinen besonders gut ein Blauer Silvaner 2021. Seltene Rebsorte in Franken auf nur noch knapp 20 Hektar, wahrscheinlich Mutation vom Grünen Silvaner, seit 1984 in Deutschland offiziell zugelassen.

Goldgelbe Farbe, benötigt Luft, zeigt dann eine superspannende Nase mit Aroma nach Bienenwachs, Apfel, Quitte und Kräutern,  im Mund Grapefruit, schmelzig, aber auch würzig, gute Länge! Interessanter Wein für die Kombination mit Essen, eine schöne Herausforderung für Sommeliers!

 

 

Frickenhausen

Genialer Verkostungsraum der Meintzingers

 

 

Uns hat es fünf Tage im Hotel super gefallen und so bin ich auf die Idee gekommen, bei den Meintzingers anzufragen, ob ich einen Gutschein für zwei Übernachtungen im Hotel erwerben könnte. Das ging problemlos und so kann ich nun freudig mitteilen, dass der Gutschein der 1. Preis in meinem Jubiläums-Gewinnspiel sein wird! Und an dieser Stelle auch sofort die Preisfrage: wie heißt der geniale Weinmacher, der der Liebe wegen aus Franken (Klingenberg) in seine alte Heimat zur Ahr zurückkehrte und dort eine ehemalige deutsche Weinkönigin heiratete? Richtige Antwort geheim über die Kommentarfunktion hier an mich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mehr Infos zum Gewinnspiel oben in der Menüleiste unter „Jubiläums-Gewinnspiel“.

 

 

Frickenhausen

1.Preis: Gutschein für zwei Übernachtungen im DZ im fantastischen Hotel-Weingut Meintzinger

 

 

Direkt neben Meintzingers führt ein kleiner Weg zum Weingut Bickel-Stumpf, ein großartiger Zufall (oder auch irgendwie Vorsehung?), dieses Weingut ist mir nämlich schon mehrfach positiv in Restaurants aufgefallen, von Kappeln an der Schlei (Restaurant Pierspeicher) bis nach Prien am  Chiemsee (Feinkost Kunz), da war ich extrem gespannt auf eine Weinprobe. Und der Seniorchef erzählte von den Anfängen im Jahr 1976. Er (Reinhard Stumpf, Weingutsbesitzer in Thüngersheim) heiratete seine Frau Carmen Bickel (Weingutsbesitzerin in Frickenhausen) und man musste sich entscheiden, wie und wo man leben und arbeiten wollte. Das Weingut Bickel-Stumpf mit zwei Standorten wurde gegründet und man hat aus den extrem unterschiedlichen Terroirs (Muschelkalk in Frickenhausen und Buntsandstein in Thüngersheim) eine besondere Philosophie gemacht. Mustergültig (VDP-Weingut) zieht sich der unterschiedliche Stil durch die Kollektion, es hat total Spaß gemacht, die jeweiligen Weine miteinander zu vergleichen.

 

 

Thüngersheim und Frickenhausen

Silvaner trocken Buntsandstein und Muschelkalk, VDP.Ortswein (Thüngersheim und Frickenhausen), Weingut Bickel-Stumpf

 

 

Der Silvaner 2021 Muschelkalk aus Frickenhausen in mächtiger Frühform, blasse goldgelbe Farbe, beim Eingießen wieder diese feine Bildung von Bläschen, in der Nase ein betörender Geruch nach reifer Birne, gelber Melone und Quitte, dazu Kräuteraromen und im Mund dann zu Grapefruit-Noten und Apfel diese wunderbare Cremigkeit, sehr süffig, schmelzig und mineralisch, voll und rund, das verführt zum nächsten Schluck, dazu ein schön langer Abgang, ein Vorzeige-Silvaner, großes Lob!, ich mag diesen Stil einfach sehr, auch gerne zum Sushi, bin schon wieder extrem begeistert!

Auch der Silvaner 2021 Buntsandstein aus Thüngersheim mit blasser und klarer goldgelber Farbe, auch wieder Bläschen im Glas,  in der Nase auch wieder Birne, aber dann plötzlich auch Mirabelle und florale Noten , im Mund sehr dezente Frucht,  dabei dann sehr kreidig-mineralisch, spürbare Säure und Würze, anhaltender Abgang, wir benötigen hier wohl noch etwas Zeit, dann bekommen wir einen dieser wunderschönen Silvaner, die an einschlägige Franzosen erinnern.

 

 

Frickenhausen

Weinprobe bei Bickel-Stumpf

 

 

Es ging bis zur VDP.Erste Lage hoch und es gab keine Ausfälle. Die GG konnte man nicht verkosten, ich hab trotzdem zwei Silvaner GG gekauft und bin mir sehr sicher, dass hier hohe Qualität ins Glas kommen wird. Davon werden vielleicht später die Gewinner berichten können (2. Preis GG 2018 Mönchshof und 3.Preis GG 2018 Rothlauf). Ein großartiges  Weingut mit sehr hoher Qualität, ein echter Liebling von mir!

 

 

Frickenhausen und Thüngersheim

Silvaner 2018 GG, Mönchshof (Frickenhausen) und Rothlauf (Thüngersheim)

 

 

Eine geniale Vervollständigung des gastronomischen Angebotes in Frickenhausen ist die Fränkische Weinstube Ehrbar von 1926. Hier zaubern Sebastian Stahl und Team jedem Gast ein Lächeln ins Gesicht, tolles Essen, sehr gut bestückte Weinkarte, sehr freundlicher Service und in besonderen Momenten macht der Chef sogar noch eine geniale Führung durch das alte Gemäuer, wunderbares Franken, Frickenhausen ist immer einen Besuch wert!

 

 

Frickenhausen

Herzenssache: Fränkische Weinstube Ehrbar!

 

 

Sulzfeld

In Sulzfeld.

 

 

Die Umgebung von Frickenhausen ist auch sehr schön, malerische Orte wie Sommerhausen, Sulzfeld und Ochsenfurt, alle mit Stadtmauer und Türmchen, schönen Gärten, Blumenschmuck und viel Kunst, richtig pittoresk!

 

 

Marktbreit

Weindreieck Marktbreit

 

 

Aber weintechnisch toppte ein ebenfalls wunderschöner Ort die Szenerie, magic Marktbreit. Nach einem Tipp des Instagramers 1950Michael tauchten wir im kleinen Laden „Weindreieck“ von Jasmin von Dungern auf, Jasmin ist eine echte Freifrau! Was wir hier probieren durften, war alles großartig, wir haben 6 Flaschen mit Ersatzflaschen gekauft (also 12 Flaschen), ich habe hier die große Serie gewittert! Habe leider auch schon andere Trefferquoten im Weinhandel erlebt, sechs Flaschen auf Empfehlung des Weinhändlers gekauft, fünf Nieten, 12 Rotweine beim Internet-Händler, 11 Nieten, deshalb sind so Leute wie Jasmin Gold für mich wert, kleine und feine Auswahl, alles selbst vorprobiert und für gut befunden, großes Lob und noch mal tausend Dank vom Weinschank für diesen Einsatz!

 

 

Frickenhausen

Müller Thurgau 2020 trocken, „Heimatliebe“, Weingut Laudens Bach, Frickenhausen

 

 

Süffiger Treffer aus Frickenhausen, seit 2018 betreiben die beiden Überzeugungstäter und Brüder Reiner und Rolf Laudenbach mit Hilfe der Kellermeisterin Stefanie Fröhlich das Bio-Weingut Laudens Bach am Ortsausgang, der von Richtung Würzburg abgewandten Seite.

Strohgelb im Glas mit grünlichen Reflexen, in der Nase Apfel, Blüten, etwas Muskat, im Mund sehr süffig, viel Frucht, aber auch eine starke Säure. Im Abgang Kräuternoten, gefällt richtig gut, sollte aber vielleicht noch eine Saison zur weiteren Harmonisierung im Keller ruhen.

Der Müller-Thurgau, auch Rivaner genannt, ist eine Neuzüchtung aus dem Jahre 1913 von einem Schweizer Herrn namens Hermann Müller aus dem Schweizer Kanton Thurgau. Rivaner war eine tolle Eselsbrücke, bis sich bei gentechnischen Untersuchungen herausstellte, dass es sich nicht um eine Kreuzung zwischen Riesling und Silvaner handelte, sondern Riesling mit der Rebsorte Madeleine Royal gekreuzt wurde. Absicht der Kreuzung war es, mehr Ertragssicherheit zu schaffen, leider führte der verbreitete Anbau von Müller-Thurgau (immerhin noch zweitverbreiteste Rebsorte in Deutschland!) auch zu vielen verwässerten und neutralen Exemplaren. Dabei kann der „Müller“ mit den guten Genen auch zu überraschenden Ergebnissen führen, in Franken, aber auch Saale-Unstrut und Sachsen pflegt man ihn hingebungsvoll und ich konnte schon überdurchschnittliche Qualitäten probieren.

 

 

Nordheim am Main

Silvaner Liaison 2021 und Fräulein Paupau 2021, Weingut Bunzelt

 

 

2016 übernahmen Nina Bunzelt und Ihr Lebensgefährte Alexander Huber (beide Geisenheim-Absolventen und auf Lehrjahren in USA und Neuseeland unterwegs)  das Familienweingut in Nordheim in 3. Generation. Mit ihrem 2018er Jahrgang feierten sie als „Fränkische Entdeckung“ den Einzug in den Vinum Weinführer.

Der Wein „Fräulein Paupau“ ist der kleinen Tochter Paulina gewidmet, eine Cuvée aus Riesling und Rieslaner. Ich hätte bei dieser Rebsorten-Kombination einen großen Säureangriff erwartet, aber der Wein ist harmonisch und sehr schmelzig, besticht durch seine Zitrusaromen, Mineralität und seine Frische, sehr süffig, fruchtiger Abgang. Zitrusgelbe Farbe im Glas, in der Nase Zitronenschale, Grapefruit und etwas Würze. Schöner Wein mit großem Preis-Genuss-Verhältnis! Super!

Der Silvaner 2021 Liaison (Silvaner-Reben von Muschelkalk- und Keuperböden) gelb im Glas mit grünen Reflexen, mit beeindruckendem Bukett nach Birne, Quitte und Mirabelle, dazu leichte würzige Noten und Tee, im Mund dezente Zitrustöne und dazu viel Mineralität, sehr schmelzig, süffig und frisch, mundfüllend, kräftig, aber harmonisch, im Abgang dann noch mal geheimnisvolle Gesteinnoten, starker Wein mit großartigem Preis-Genuss Verhältnis, Lob an das Weingut Bunzelt, aber auch an unsere tolle Jasmin vom Weindreieck, super, was hier für Schätze ins Glas kommen!

 

 

Randeresacker

Rock Roots Randersacker: Silvaner 2019 aus Sonnenstuhl und Pfülben, Weingut Göbel!

 

 

Auch im Sortiment des Weinladens „Weindreieck“ in Marktbreit zwei Bocksbeutel-Silvaner von den Randersacker Top-Lagen Sonnenstuhl und Pfülben vom Weingut Göbel. Martin Göbel kehrte nach Lehr- und Wanderjahren in Österreich und Neuseeland 2011 ins traditionsreiche Familienweingut zurück und übernahm 2014: Rock Roots Randersacker! Bei aller jugendlichen Energie, kreativen Ideen und Lust auf Veränderung war eines klar: gute und ausdrucksstarke Weine lassen sich nur erzeugen, wenn leidenschaftlich, penibel und biologisch in den Weinbergen gearbeitet wird! Durch uralte Muschelkalk-Lagen, betagte Rebstöcke und einzigartiges Mikroklima sollte es möglich sein, ohne verfälschende und übertriebene Aktionen im Keller herausragende Qualitäten zu erzeugen. Ich war sehr gespannt, wie der Vergleich der beiden Silvaner-Lagenweine ausgehen würde.

Der Silvaner 2019 Sonnenstuhl im geliebten Bocksbeutel benötigt einige Zeit und Luft, um sich dann sehr fein zu öffnen: in der Nase immer deutlicher wahrnehmbare Birne, aber auch Kräuter und Blumen, im Mund feine Frucht mit einer immer stärker anrollenden Würzigkeit, dabei überraschend voller Körper, dezenter Säure und einem sehr lang anhaltenden Abgang. Ein ausdrucksstarker Wein, mit dem man sich beschäftigen muss, belohnt dann aber sehr, fasziniert durch Vielschichtigkeit und verbindet Kraft und Eleganz!

Ebenfalls im Bocksbeutel der Silvaner 2019 Pfülben, nach dem Öffnen der Flasche ist er sofort da, in der Nase etwas Zitrusfrucht und Apfel, dazu Kräuter und eine tolle und geheimnisvolle Mineralität, die sich als Würze pikant und lang im Mund präsentiert und die ebenfalls vorhandene Frucht bedrängt. Komplexes Spiel bei dezenter Säure, macht sehr viel Freude und erinnert mich an den probierten Sylvaner 2016 vom Weingut Weltner oder an mineralische Weine aus Frankreich.

Schöner Vergleich, mag beide Lagen-Weine vom Weingut Göbel sehr!

 

 

Randersacker

Pinot Meunier Rosé Auslese 2011 Randersackerer Ewig Leben, Wgt. Bardorf, Randersacker

 

 

Und noch ein großartiges Weingut, Stefan Bardorf bewirtschaftet in zweiter Generation sein 3 Hektar Weingut nach ökologischen Leitsätzen und kann auf beste Steillagen in Randersacker zugreifen.

Die 2011er Auslese Pinot Meunier (Schwarzriesling) Rosé kommt von der Steillage „Ewig Leben“, leuchtet genial nach Kupfer und verströmt ein fantastisches Bouquet nach Hagebutte, Nüssen und Tabak. Im Mund schöne Fruchtsüße, Erdbeeren und Himbeeren, leichter Karamellton, super integrierte Säure, anhaltender Abgang, köstlicher Wein, was soll ich noch schreiben? Da hat mal richtig was gefunzt und geflusht, die Krönung einer großartigen Auswahl und es gab noch viel mehr…

Und zum Abschluss hat Jasmin uns noch einen Tisch im großartigen Restaurant Michels Stern in Marktbreit reserviert, da ging die Weinprobe dann zum Essen weiter, Stefan und Wolfgang Michel haben ein großartiges Feuerwerk abgebrannt, die Weinempfehlungen kommen aber mal später, die Neugierigen sollen aber schon wissen, dass ein gereifter Spätburgunder von Richard Östreicher aus Sommerach mein Favorit war! Fantastisches Restaurant, tolles Marktbreit, tolle Franken, wir kommen wieder!

 

 

Marktbreit

Fünf Sterne für Michels Stern vom Weinschank!

 

 

Weinschank

Kaiser Weinschrank der Letzte und die Säulen (Instagram und blog) seiner unglaublich unabhängigen Macht!

 

 

Und nun?: habe ich die 10 000 follower? Eigentlich hatte ich mich doch nur aus purer Verzweiflung bei Instagram angemeldet, um ein wenig Werbung zu machen, da ich hier im blog einfach keine Leser hatte, was für einen blogger dann doch auf Dauer eher belastend wird. Bin bei Instagram aber nie richtig warm geworden und wollte mir immer viel lieber meine Unabhängigkeit bewahren, als Gratisweinkisten zu verkosten. Bei Instagram gibt es eine ungesunde Mischung aus Gier und Abhängigkeit, gerade im Weinbereich total unglaubwürdig und damit tödlich für die Vertrauensbasis! Habe immer meinen eigenen Film (bzw. Bildersturm) gemacht und das Erreichen der 10 ooo follower (wer das wohl alles ist?) soll allen anderen Wein-Instagramern Mut geben, sich von den dümmlichen Automatismen fern zu halten und kreativ und unabhängig zu agieren. Hier ist der Beweis, man kann trotzdem auf viele follower kommen, sogar ohne fake accounts von fast barbusigen Bardamen, Forex-Tradern am falschen Hebel und todkranken Witwen, die ein Vermögen zu verschenken haben. Die wurden von mir hoffentlich alle ausnahmslos gelöscht!  Zum Glück habe ich über Instagram aber auch einige neue und treue Leser für meinen blog bekommen, was für mich ein wahres Geschenk ist!, Instagramer sollen und dürfen natürlich auch alle beim Jubiläums-Gewinnspiel als Dankeschön mitmachen, gerne eine geheime Nachricht über DM an mich!

 

Das Gewinnspiel läuft bis zum 14. September, 24 Uhr,  folgende fünf Gewinne werden unter den richtigen Antworten mit dem gesuchten Winzernamen dann zügig verlost!

 

Die richtige Antwort war:

 

 

Klingenberg

Benedikt Baltes

 

 

  1. Preis: 2Ü-Gutschein Weingut-Hotel Meintzinger in Frickenhausen: Gewinner ist der champuspapst!
  2. GG 2018 Mönchshof, Weingut Bickel-Stumpf, Frickenhausen: Gewinner ist Dr. Ralf Niehues!
  3. GG 2018 Rothlauf, Weingut Bickel-Stumpf, Frickenhausen: Gewinner ist karstbk!
  4. Sekt Brut Nature, Weingut Korrell, Nahe: Gewinner ist Edmund Schwabe!
  5. Rosé 2021, Weingut Ökonomiegut Geil, Rheinhessen: Gewinnerin ist winetravelsnfood!

 

Glückwünsche an alle Gewinner! Ich bemühe mich mit dem sofortigen Versand der Preise, könnte allerdings sein, dass ich es wegen Urlaubes nicht mehr schaffe, dann müsst Ihr zwei Wochen warten! Und die Teilnehmer, die nicht zum Zug gekommen sind, sollen nicht traurig sein, es geht hier ja weiter und immer mal wieder was zu gewinnen!  Danke fürs Mitspielen (war dieses Mal nicht so leicht!) und Grüße Euer Weinschrank!

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Nicht trinkfaul im Friaul!

 

 

Cividale

Friul?: friulanisch für Friaul!

 

 

2011 war ich das letzte Mal in Cividale im Friaul (offiziell Friuli Venezia Giulia) und bekam live mit, wie die Stadt zum Thema „Die Langobarden in Italien. Orte der Macht (568 bis 774 nach Christus)“ zusammen mit sechs anderen Orten in Italien mit dem UNESCO-Weltkulturerbe-Status ausgezeichnet wurde. Die Freude auf dem Marktplatz war damals riesig und auch meine Freude war dieses Jahr groß, weil mir meine Freundin eine tolle Ferienwohnung ausgesucht hatte und ich zwei Wochen aus dem Fenster genau auf diesen stimmungsvollen Marktplatz schauen konnte. Schwalben schwirrten durch die Luft, die tätowierten Langbärte in den Weinbars lärmten, der italienische Fußballnachwuchs bolzte hemmungslos durch die Spaziergänger und am Sonntag spielte das örtliche Orchester sogar mir zu Ehren auf, wieder mal eine gelungene Überraschung, mein geliebtes Cividale del Friuli!

 

 

Cividale del Friuli

Das Publikum war wieder wunderbar!

 

Udine

Schönes Udine!

 

 

Cividale del Friuli liegt 18 km östlich von Udine entfernt, und 18 km weiter östlich von Cividale beginnt schon Slowenien, das Grenzland besteht aus fast undurchdringlichen grün bewaldeten Bergen, dahinter ragen schon schroffe schneebedeckte Gipfel auf. Weintechnisch gehört Cividale zur Appellation COF (Colli Orientali del Friuli DOC), im Norden die wunderschöne Süßwein-Appellation Ramandolo DOCG, im Süden findet man das Collio DOC (auf der slowenischen Seite das Gegenstück Brda), noch weiter südlich Isonzo DOC und Carso DOC, eine steinige Spielwiese für Entdecker.

 

 

Cividale

Cividale am schönen Fluss Natisone und im Hintergrund das grüne Grenzland!

 

 

Am Ankunftsabend ging es sofort in das erste Restaurant, die Weinsafari konnte beginnen, das Fremdeln nahm glücklicherweise mit zunehmendem Hunger ab, mein Italienisch gerade so gut, um nicht den Hungertod sterben zu müssen. An Nachbartischen wurden interessante Weinflaschen geöffnet, ich bestellte dummerweise glasweise die offenen Hausweine und machte eine große und wichtige Erfahrung für die restliche Zeit der Weinreise. Die Hausweine taugen auch hier nur ganz selten was, dieses Gequatsche „mit den Hausweinen kannst Du nie was falsch machen“ ist absoluter Blödsinn, das Essen war toll, aber die Weine gingen gar nicht! Dann lieber alleine eine ganze Flasche bestellen und einfach mit Rest stehen lassen, so machen es die Italiener auch. Nach einer Woche kehrte ich noch einmal in das Restaurant Alla Frasca zurück und bestellte mir zum Essen eine Flasche Schioppettino 2016 von Monviert aus Cividale, großartig!, so hätte es am ersten Abend auch laufen können.

 

 

Cividale del Friuli

Schioppettino 2016, Friuli Colli Orientali, Azienda Agricola Monviert, Spessa (Cividale del Friuli), Friaul

 

 

Monviert ist friulanisch und bedeutet auf deutsch in etwa „aussichtsreicher Berg“. Früher hieß das Weingut Ronchi San Giuseppe, nach einer kleinen Kapelle auf dem Weinberg. Nach Jahren der Expansion auf mittlerweile 87 Hektar wollte man wohl ein Zeichen setzen und seine tiefe Verbundenheit und Verwurzelung im Friaul mit dem neuen Namen zum Ausdruck bringen. Neben dem namensgebenden Weinberg Monviert, an dem sich auch das schöne Weingut befindet, besitzt man noch weitere Weinberge im Süden von Cividale, zwischen den Gemeinden Spessa, Prepotto (nicht verwechseln mit dem Prepotto im Karst!) und Corno di Rosazzo. Die Besonderheit ist hier die autochthone und spätreifende Rebsorte Schioppettino (Ribolla Nera), die sich beim Weingut Monviert auf Mergelböden des Col Rusal sehr wohlfühlt.

Im Glas funkelndes Rubin, in der Nase Pfeffer, Gewürznelke, Pflaume und ein Hauch Vanille, im Mund sehr voll, eingelegte Kirschen, aber trotz aller alkoholischen Kraft schafft es der Wein mit frischer Säure, feinen Tanninen und mineralischer Würze in Harmonie zu bleiben. Schöner Essensbegleiter zu meiner Pasta mit Porcini-Köpfen. Toller Schioppettino 2016!

 

 

Palmanova

Erste Versuchung in Palmanova!

 

 

Am Sonntag nach Ankunft ging es mit meinem Weinfreund Secondo (mein Erster!) und Schwester im Fiat 500 auf große Fahrt. Neben der ebenfalls als Unesco-Weltkulturerbe ausgezeichneten Festungsstadt Palmanova und einem hübschen Weiler namens Clauiano wollte mir Secondo eine spezielle Weinadresse zeigen, die ihn bei seinem letzten Besuch sehr beeindruckt hatte. Und so ging es an Cormons vorbei, er umkreiste das hübsche Castello di Spessa (nicht verwechseln mit dem Spessa bei Cividale!) und zog dann an vielen mir bekannten Weingütern vorbei nach Norden. Stopp und kleine Weinprobe in der Vineria Vencó del Collio mit Weinen vom Weingut Livon.

Das Weingut Livon wurde 1964 von Dorino Livon in Dolegnano bei San Giovanni al Natisone in bescheidenen Ausmaßen gegründet und dann stetig erweitert, mittlerweile besitzt die Familie (fünf Kinder) ein kleines Imperium mit 175 Hektar und weiteren Weingütern im Friaul (Villa Chiòpris), in der Toskana bei Radda (Borgo Salcetino) und Umbrien (ColSanto). Man hat sich sehr der Qualität und dem Terroir verschrieben, mustergültige Aufteilung der Weine und Lagen in eine klassische Linie, in eine Cru-Linie und eine Gran Cru-Linie. Ich war sehr gespannt, ob das Weingut bei seiner Größe wirklich auch die Grundqualitäten noch pflegt und war sehr glücklich, dass der Friulano (früher Tocai Friulano) aus der klassischen Grundlinie als 2021er ins Glas kam.

 

 

San Giovanni al Natisone

Friulano 2021, Collio DOC, Livon, Dolegnano, Friaul

 

 

Strohgelbe Farbe, schönes florales Bukett unterlegt mit Pfirsich und etwas Mandel, im Mund sehr fein und zart, Aprikose, harmonische Säure, im Abgang auch eine Spur Mineralität. Sehr eleganter Wein, auch solo köstlich! War aber trotz unzähliger Restaurant- und Weinbarbesuche in Cividale und Udine nicht zu finden. Habe gehört, dass 2021 im Friaul ein Jahrgang ist, mit dem große Hoffnungen verknüpft werden. Scheinbar gehen große Mengen der Livon-Produktion in den Export, zur Zeit ist der Friulano Jahrgang 2021 auch noch nicht über das Internet erhältlich. Aufpassen, das wird sich sehr lohnen!

 

 

Collio DOC

Pinot Bianco 2018 Cavezzo, Collio DOC, Livon, Dolegnano, Friaul

 

 

Der Pinot Bianco 2018 kommt von der Cru-Lage Cavezzo, einer dieser besonderen Flysch-Lagen im Collio-Hügelland nahe Slowenien. Bei Flysch handelt es sich um ehemalige marine Sedimente, die in Millionen Jahren durch das Abgleiten und Abrutschen von der Kontinentalplatte in die Tiefsse entstanden sind. Beim späteren Auffalten kamen dann diese gepressten Böden mit Ton-, Sandstein- , Kalk-, Quarz-, Glimmer- und Feldspat-Anteil wieder an die Oberfläche.

Im Glas goldgelb, in der Nase Vanille, aber auch Blüten und Apfel, kräftiger Körper, sehr dezenter Holzeinsatz, cremig, aber auch noch mit klar wahrnehmbarer Frucht, Zitrusnoten, Grapefruit und Orange. Auch noch spürbare Säure, schöner langer Abgang, klassischer Essensbegleiter. Ich war bei dem Wein sehr auf den Holzeinsatz gespannt, da bin ich schon oft in diversen Weinregionen enttäuscht worden, passte hier aber perfekt. Das macht Lust auf mehr, das Sortiment ist groß, klar strukturiert und spannend, bestückt mit internationalen und autochthonen Rebsorten.

Danke noch mal für den schönen Ausflug und die Tipps an Secondo und Schwester!

 

 

Cividale

Alter Fogola in der Antica Trattoria ai Tre Re

 

 

Schon 2011 eines meiner Lieblingsrestaurants in Cividale, die Antica Trattoria ai Tre Re. Ich war richtig traurig, als ich irgendwann  durch Zufall im Internet erfahren musste, dass das Traditionslokal schließen musste. Doch ich hatte ein Hinweisschild mit „Tre Re“ gesehen und ging am Sonntag nach dem Ausflug der Sache nach: was für ein großes Glück!, die Trattoria hatte unter neuer Leitung wiedereröffnet und es stand mit Alberto ein echter Profi im Service, vinophil, mehrsprachig (auch bestes österreichisch!), immer gleichmäßig um alle Gäste bemüht, sehr freundlich und lustig. Ein wirklich schönes Gefühl, wenn gefallene Restaurant-Klassiker auferstehen und nicht (wie schon so oft bei anderen Wiederbesuchen erlebt!) für immer verschwinden.

Beim ersten Besuch im Tre Re gab es natürlich Friulano, die autochthone Rebsorte mit Geschichte, ein Liebling im Friaul und auch ein Liebling vieler Weinkellner, in unendlich vielen Spielarten ausgebaut, ich musste etwas aufpassen, dass andere Rebsorten im Friaul nicht zu kurz kamen. In Weinkreisen ist die Geschichte des Namenstreits zwischen Ungarn und Italien bekannt, Ungarn klagte wegen Verwechslungsgefahr mit dem berühmten ungarischen Süßwein Tokaji gegen die Verwendung des Namens „Tocai Friulano“ im Friaul. Ich bin den Ungarn für diese Klage heute noch dankbar, weil ich dadurch Cividale, meinen Weinkumpel Secondo und das Friaul entdeckt habe, die Logik dahinter habe ich aber nie verstanden, für mich bestand da nie Verwechslungsgefahr, da sollte man lieber das Städtchen Montepulciano in der Toskana umbenennen (dummer Scherz!). Nachdem Ungarn trotzdem Recht bekam, hießen Rebe und Wein im Friaul nur noch Friulano.

 

 

Tokaji

Tokaji, vino dolce ungherese

 

Torreano

Wertvolle Reben und Lagen bei Torreano

 

 

Und so einen Friulano hatte ich auf Empfehlung im Glas, einen 2020er Nexus vom Weingut Valchiarò. Das Weingut wurde von fünf Freunden als Zusammenschluss in den 90er Jahren in Torreano gegründet, sehr wertvolle und unterschiedliche Reben und Böden wurden in das Projekt eingebracht. Der nächsten Generation steht mittlerweile ein Weingutsneubau im benachbarten Örtchen Togliano zur Verfügung. Der Name Valchiarò ist eine Anspielung auf das Tal (Valle) und das Flüsschen Chiarò. Der Nexus ist das weiße Spitzenprodukt des Hauses, ein Friulano, der in guten Jahren regelmäßig aufhorchen lässt.

 

 

Torreano

Friulano Nexus 2020, Friuli Colli Orientali, Azienda Agricola Valchiarò, Torreano, Friaul

 

 

Strohgelbe Farbe, in der Nase florale Noten, Mandel und exotische Früchte, guter Körper und Kraft, aber in perfekter Harmonie, sehr ausgewogen, viel Frucht, moderate Säure, nach Luft dann auch mineralische Töne, langer Abgang, toller Essensbegleiter mit einem wahnsinnig guten Preis-Genuss-Verhältnis! Wenn der Livon-Friulano der warme Sommerwind wäre, dann hätten wir hier den kühlen Talwind. Der Wein hat mich ebenfalls sehr beeindruckt, Vorzeige-Friulano! Glückwunsch an das Weingut Valchiarò!

 

 

Oslavia

An der Grenze zu Slowenien (Brda) im Görzer Hügelland (Collio Goriziano DOC)

 

 

Bei einem weiteren Besuch im Tre Re auf Empfehlung von Alberto entdeckt, einen 2021er Ribolla Gialla vom Weingut Ivan Sosol aus den Weinhügeln um Görz (Gorizia). Im wunderschönen und heutigen Grenzland zu Slowenien tobte  im 1. Weltkrieg ein unbarmherziger Stellungskrieg , der tausende Opfer auf italienischer, österreichischer und deutscher Seite forderte. Heutzutage herrscht hier tiefer Frieden und viele Winzer in der Gegend sind sehr berühmt geworden, allen voran natürlich der Amphorenwinzer und Visionär Josko Gravner aus dem Weiler Lenzuolo Bianco. Auch vor Ort der sehr junge Winzer Ivan Sosol, der mit Hilfe seines Vaters Mariano eher bodenständigere Weine macht, aber eindrucksvoll beweist, dass man mit der autochthonen Ribolla Gialla- (auch Rebula genannt) Traube im Collio Goriziano und in den slowenischen Brda wunderschöne Ergebnisse erzielen kann.

 

 

Görz

Ribolla Gialla 2021, Ivan Sosol, Lenzuolo Bianco, Oslavia, Görz

 

 

Goldgelb, in der Nase florale Noten und Pfirsich, sehr frische Säure, viel Zitrusfrucht, Aprikose und Mandarine, dazu feine mineralische Noten, schöner Abgang, perfekt mit seiner Frische zu Fischcarpaccio. Hat mir sehr gut gefallen, hatte auch die Nase im Vergleich zu zwei anderen Ribolla Gialla-Weinen aus anderen Ecken für mich klar vorn. Ausschau halten, sehr talentierter Winzer mit Erfahrung des Vaters im Hintergrund!

 

 

Cividale

Ponte del Diavolo in Cividale

 

 

Über die Teufelsbrücke ging es am nächsten Tag Richtung Süden der Stadt, Abfahrtszeiten der Busse checken und sich im Innenhof der schönen Antica Trattoria Leon d’Oro endlich mal ein entspanntes erstes Mittagessen gönnen. Spannend immer die üppigen Weinkarten und die Qual der Wahl bei der Auswahl. Musste an den schönen Tag in Salzburg denken, an dem ich mit meiner Freundin den Wein-Instagramer Riesling_oder_Vitovska treffen durfte und bestellte aus alter Verbundenheit eine Flasche Vitovska 2019 vom Weingut Edi Kante aus dem Karst.

 

 

Cividale

Antica Trattoria Leon d’Oro

 

 

Nach Überqueren des Flusses Isonzo erreicht man schon sehr südlich im Friaul Richtung Triest diese faszinierende schroffe Karst-Landschaft mit ihren typischen roten Böden. Und den Schützengräben. Leider wütete auch hier der 1. Weltkrieg extrem und es waren hunderttausende Tote zu beklagen. Die Gebeine der Toten liegen in Redipuglia, einem großen Mahnmal, jeder Tote mit einem alphabetischen Eintrag auf der Friedhofsmauer, leider konnte man zigtausende Tote nicht mehr identifizieren. Und leider reicht der Wahnsinn der vergangenen Kriege scheinbar nie aus, die ewige Mordlust des Menschen muss immer wieder neue Wahnsinnstaten begehen. Da wird man schwermütig, schnell zurück zum Wein, die finsteren Gedanken verscheuchen!

 

 

Carso

Ehemaliger Schützengraben im Karst

 

Carso

Gedenkstätte Redipuglia

 

 

Hier im Karst (Carso) erkannte der Winzer Edi Kante als einer der Ersten das einzigartige Terroir und schuf im Zusammenspiel von seiner Philosophie, den Böden (rote Erden mit hohem Kalkanteil), den internationalen und autochthonen Rebsorten und dem Klima eine ganz eigene Geschmackswelt. Parzellenweise baut er sein Lesegut von alten und ertragsschwachen Weinbergen in seinem modernen und in den Fels gehauenen unterirdischen Superkeller aus, dabei biologische Vielfalt und Umweltschutz im Blick, bestimmten Weinmoden ist er dabei nie gefolgt. Dass im Friaul weitverbreitete Trendthema „Orange-Wein“ konnte ihn z.B. nie reizen. Er versucht lieber, die Besonderheiten des Terroirs herauszuarbeiten. Mittlerweile hat er eindrucksvoll bewiesen, was in der unwirtlichen Landschaft möglich ist und hat eine ganze Generation von Winzern beeinflusst.

 

 

Carso

Vitovska 2019, Weingut Edi Kante, Localitá Prepotto, Duino-Aurisina, Friaul

 

 

Im Glas hellgelb mit feinen Apricot-Reflexen, komplexe Nase nach Blumen, Kräutern und Pfeffer, im Mund puristisch trocken und komplex,  etwas Apfel und Zitrus, viel Würze und Feuerstein, dezente Säure, leicht und frisch, im Abgang salzige Eindrücke, ein Schrecken für lecker Fruchtbombentrinker, aber zum Essen eine Wucht! Dem internationalen Geschmack klar abgewandt, dafür auf seine Heimat verweisend, auch in der Blindprobe erkennbar (es bietet sich ein spannender Blindproben-Vergleich mit anderen mineralischen Weinen an!), so geht autochthon, kein Anfängerwein, aber eine tolle Herausforderung!

 

 

Cividale

Spaziergang Borgo Brossana an der Mündung des Rio Emiliano in den Natisone

 

 

Abends ging es nach einem Spaziergang am Fluss Natisone und dem wunderschönen Borgo Brossana in das  alte langobardische Viertel von Cividale mit seinen wertvollen Schätzen und Zeugnissen  stilgemäß in die Taverna Longobarda. Hier wirkt der charismatische Roberto Cedermas (durch Personalmangel unterhalb der Woche manchmal auch alleine, Wahnsinn!), den ich auch noch von 2011 kannte, und ich war auf den Geschmack gekommen und wollte einen Rotwein aus dem Karst probieren. Roberto empfahl einen Terrano 2020 von Castelvecchio, einem Weingut über dem Fluss Isonzo in Sagrado. Kannte die Rebsorte als Rosé ausgebaut aus Kroatien und das Weingut Castelvecchio von einem Besuch im Ristorante Tre Re 2011, damals gab es einen hervorragenden Weißwein Malvasia Istriana. So schließt sich manchmal der Kreis.

 

 

Isonzo

Sagrado über dem Fluss Isonzo, Eingangstor zum Karst!

 

 

Das wunderschöne  40 Hektar Gut Castelvecchio liegt aussichtsreich über dem Ort Sagrado und erinnert mit seinem fantastischen Park Ungaretti eher an die Toskana. Hier oben produziert die Familie Terraneo terroirgeprägte Weine. Hier oben beginnt auch der Karst mit seinen schwierigen Felsböden mit dünnem Belag roter Erde, den kalten Winden, den Soldatenfriedhöfen und geheimnisvollen Naturphänomenen. Ganz in der Nähe der Lago di Doberdò, manchmal ein großer See, manchmal nur ein Acker, die Karstquellen machen es möglich.

 

 

Sagrado

Terrano 2020, Carso DOC, Az. Agr. Castelvecchio, Sagrado, Friaul

 

 

Schönes Rubinrot, in der Nase Kirsche, Beeren und Tabak, auch erdige Noten, im Mund karg und herb, sehr mineralisch bei wenig Frucht, würziger Abgang, wirkt sehr leicht und frisch, hält aber beim Essen Balance und ist dann ein Vergnügen. Wieder ein sehr interessanter Wein mit guten Wiedererkennungschancen bei einer Blindprobe, aber für Anfänger wahrscheinlich eher ein Graus. Mir gefallen solche Weine sehr, spiegelt seine Herkunft wider, ohne jede nachträgliche Schönung. Für tolerante Weintrinker absolut probierenswert!

 

 

Cividale

Taverna Longobarda

 

 

Bei einem weiteren Besuch in der Taverna Longobarda einen Schioppettino bestellt. Dario Coos besitzt ein  7 Hektar Weingut in Nimis in der wunderschönen Ramandolo Appellation und bringt neben Süßweinen auch  einen Schioppettino unter der Bezeichnung Venezia Giulia IGP heraus.  Von meinem Kumpel Secondo und noch einigen Italienern habe ich gehört, dass sie Ribolla nera (Schioppettino) völlig ablehnen und lieber Pignolo trinken. Bei mir war es genau anders herum, fand die Pignolos zu mächtig und alkoholreich, Schioppettino dagegen sehr aufregend.

 

 

Nimis

Schioppettino 2019, Dario Coos, Nimis, Friaul

 

 

Wie z.B. den Schioppettino 2019 von Dario Coos: tiefdunkles Rubinrot, faszinierende Nase, die mich an eine Heilquelle im Kurpark erinnert hat, extrem mineralisch, auch Pfeffer und Tabak, im Mund Kirsche, Beeren, Würze und Erdigkeit, schöner warmer Abgang, eine tolle Überraschung. Unbedingt mal einen Schioppettino probieren.

 

 

Ramandolo

Ramandolo DOCG

 

 

Und dann ging es wieder los, mit Secondo und seinem Fiat 500 ins Ramandolo-Gebiet. Diese weiße Süßwein-Appellation ist nur 40 Hektar groß, hat viele steile Rebflächen auf 300 bis 500 Meter Höhe und besitzt seit 2001 den DOCG-Status. Zugelassen ist hier nur die Rebsorte Verduzzo giallo, eine spezielle Verduzzo-Variante, die Weine werden immer besser, erlangen Aufmerksamkeit und werden immer mehr eine Alternative zu den eigentlich noch höher eingeschätzten Picolit (Rebsorte)-Süßweinen aus den Colli Orientali Friuli.

 

 

Tarcento

Azienda Agricola Micossi

 

Tarcento

Ramandolo 2019, Azienda Agricola Micossi, Sedilis, Tarcento, Friaul

 

 

Einkehr bei der Azienda Agricola Micossi, 2,5 Hektar Minigut bei Tarcento, Produktionsleiter Walter Revelant, Sohn Alessandro (seit 2015 unterstützend tätig) und Team im Stress, keine Ahnung was los war, aber für uns gab es trotzdem einen Ramandolo auf der schönen Terrasse.

Leuchtendes Bernstein, tolles Bouquet nach Mandelaromen, Orangenzesten und feinem Karamell, im Mund Honig, Feigen, Datteln und Rosinen, betörende Süße, aber auch feine und bemerkbare Säure, schöne Balance, anhaltend, köstlicher Dessertwein oder zu Käse. Kann mich nur immer wiederholen, unbedingt auch mal einen Ramandolo DOCG probieren! Gerne zum Vergleich natürlich auch einen Picolit DOCG aus den Colli Orientali Friuli!

 

 

Cividale

Osteria alla speranza, Cividale

 

 

Nach solchen paradiesischen Zuständen (Danke an Secondo für die schöne Rundfahrt!) hatte ich abends noch Lust auf einen Restaurantbesuch, es ging in Cividale in die Osteria Alla Speranza, von außen sehr unscheinbar, hatte da wenig Hoffnung auf spektakuläre Küche. Aber es kam ganz anders, ich stolperte geradewegs in das wohl ambitionierteste Restaurant von Cividale und wurde von einem Sommelier zum Tisch in den Raum der Alleinspeisenden geführt. Auf der Speisekarte ein fantastisches 5 Gänge Fisch- und Meeresfrüchte-Menü und dann dazu noch eine üppige Weinkarte. Und was finde ich dort? Meine blog-Favoriten aus Kroatien, Malvasia Istarska von Radovan und Fakin, ich war nicht zu halten, diesen Triumph musste ich dem Sommelier (und später auch noch dem Besitzer) mitteilen! Der Sommelier erst etwas belustigt und auch verwirrt, dann aber doch sehr erfreut, dass ich nach meiner Geschichte nach seiner Weinempfehlung zum Essen fragte und diese dann auch befolgte: und ich musste es nicht bereuen, großartiger Collio Bianco von Edi Keber aus dem Weiler Zegla bei Cormons aus dem Collio (Goriziano). Oben an der slowenischen Grenze ist die Familie Keber seit 300 Jahren vor Ort und hat allen Veränderungen getrotzt. Eigentlich veränderte sich nur die wehende Nationalflagge, man gehörte mal zu Österreich, dann zu Italien, dann zu Slowenien und schließlich wieder zu Italien. Aber eigentlich hatte man genug damit zu tun, dem schwierigen Terrain mit seinen autochthonen Trauben besondere Weine abzutrotzen. 2020 ist das beim Collio Bianco wieder meisterhaft gelungen, eine Cuvee aus 70% Friulano, 15% Ribolla Gialla und 15% Malvasia Istriana.

 

 

Görz

Vino da uve autoctone 2020, Collio DOC, Edi Keber, Loc. Zegla, Cormons

 

 

Ein faszinierender Wein, strohgelb, in der Nase verhaltene florale Noten, Pfirsich, Honig, Mandel, alles ganz fein und nur angedeutet, im Mund sehr trocken, Kräuterwürze, Mineralik, etwas Zitrus, schön unterlegte Säure und ganz langer Abgang, war  ein idealer Begleiter zum 5 Gänge Menü, drängte sich nie nach vorne, meldete sich aber immer wieder spektakulär zurück, ein sehr spannender Wein und ein wundervoller Restaurantbesuch.

 

 

Cividale

Locanda al Castello, Cividale

 

 

Cividale hat auch eine Burg hoch über der Stadt, allerdings handelt es sich dabei um ein Wellness-Ressort mit aussichtsreichem Restaurant, bei steigenden Temperaturen eine willkommene Abkühlung, nach Aufstieg etwas Wind und Chill-Atmosphäre auf der Terrasse beim Mittagessen. Sehr freundlicher und zuvorkommender Service.

 

 

Prepotto

Friulano 2018. Colli Orientali Friuli DOC, La Viarte, Prepotto

 

 

1973 von Giuseppe Ceschin im malerischen Hügelland zwischen Corno di Rosazzo und Prepotto durch Landkauf aus dem Nichts erschaffen, Weingut La Viarte, spektakulärer Neubau auf einem Hügel mit fantastischer Lage, so dauerte es eben bis 1984 bis die ersten Etiketten auf den Markt kamen. Mit Sohn Giulio profitiert nun die nächste Generation von dieser mutigen strategischen Entscheidung der Eltern.

Der Friulano 2018 ein starker Vertreter seiner Art, strohgelb, toller Duft nach Pfirsich und Melone, Blumen, etwas Mandel und Feuerstein, im Mund sehr ausgewogen und voll, schöne Frucht, trotzdem trocken, viel Schmelz und Trinkfluss, frische Säure, sehr anhaltend. Ging auch solo, blühte aber zum Essen richtig auf, machte ebenfalls richtig Spaß!

 

 

Judrio

Judrio

 

 

Mir spukten immer noch die Livon-Weine im Kopf rum und ich wollte am nächsten Tag unbedingt noch mal in die Gegend, in der der Fluss Judrio die Grenze der Appellationen Colli Orientali Friuli DOC und Collio DOC bildet. Die Temperaturen waren leider auf Rekordhoch und so stieg ich bei 32 Grad einfach mal in Cividale in einen Bus mit südlichem Fahrtziel ein, es sollte nach Corno di Rosazzo gehen. Der gereizte Busfahrer forderte mich wegen Corona auf, hinten einzusteigen, ich wollte aber vorne eine Fahrkarte kaufen, da war Ärger vorprogrammiert. Nach Versöhnung und Winken stand ich dann um 12 Uhr mittags in der Sonnenhölle, kein Wasser, wenig Orientierung, keine Menschenseele unterwegs, alle Läden geschlossen: so mag es der Weinschank, fertig für den Gewaltmarsch! Nach einem kleineren Schnitzer und einem Umweg von ca. 2 km, der bei Knallsonne richtig mürbe macht, gab es dann ein Erfolgserlebnis nach dem anderen. Erst Wasser im Supermarkt, dann eine Trattoria, in die ich in Begleitung bestimmt eingekehrt wäre, Wegweiser Richtung Cormons, Überquerung des Flusses Judrio und den Ort Brazzano, an den ich mich von der Rundfahrt mit Secondo und Schwester noch erinnern konnte. Die Locanda Orologio mit einladener Terrasse tauchte auf wie eine Oase in der Wüste, ich saß  idyllisch umgeben von Reben (Livio Felluga-Besitz) und bekam die Weinkarte mit den offenen Weinen.

 

 

Brazzano

Offene Weine Locanda Orologio, Brazzano

 

 

Viele gute Weine, aber mein eindeutiger Favorit der Sauvignon 2020 vom 15 Hektar Weingut Mauro Drius aus Cormons. Hellgelbe Farbe mit grünen Reflexen, in der Nase ganz feiner Geruch vom grünen Apfel, Gras und Holunder, im Mund Pfirsich und Holunder, sehr elegant und weich, mineralischer, langer Abgang. Wundervoller Sauvignon, Volltreffer, mit einem Hochgefühl schaffte ich auch noch die restliche Strecke nach Cormons und konnte mit dem Zug über Udine wieder nach Cividale fahren.

 

 

Cormons

Cormons

 

 

Für Cividale hatte ich noch einen Restaurant-Tipp von Secondo bekommen, das Ristorante Al Fortino. Sehr schönes Restaurant und bei beiden Besuchen erwischte ich schöne Weine zum sehr guten Essen.

 

 

Cividale

Ristorante al Fortino, Cividale

 

Cividale

Vorspeise

 

 

Es handelt sich ja um keinen food-blog, aber eine Vorspeise muss ich hier mal zeigen, weil man dadurch die Genialität der Einfachheit durch frische Zutaten in der italienischen Küche erkennen kann. Die Tomaten schmeckten himmlisch, dazu eine cremige Burrata, die durch das Salz der Alici und etwas Olivenöl den letzten Pfiff bekam. Dazu dann ein Pinot Bianco 2020 von Drius, genau wie beim Sauvignon Blanc leicht grünliche Reflexe. In der Nase Pfirsich, Melone, Birne und Lavendel, im Mund frisch und elegant, exotische Frucht, mineralische und würzige Aromen, anhaltend, im Abgang leichte Bitternote. Ein Klassewein!

 

 

Cormons

Pinot Bianco 2020, Isonzo DOC, Mauro Drius, Cormons, Friaul

 

Torreano

Pinot Bianco 2020, Friuli Colli Orientali DOC, Weingut Jacùss, Montina di Torreano

 

 

Und auch bei einem späteren Besuch des Restaurants Al Fortino gab es neben dem hervorragenden Mittagessen auch wieder einen tollen Wein: einen Pinot Bianco 2020 vom Weingut Jacùss aus Montina, einem Ortsteil von Torreano, einem Nachbarort von Cividale. Die Brüder Sandro und Andrea Iacuzzi produzieren hier von 10 Hektar Rebfläche typische Colli Orientali Friuli DOC-Weine. Beim Pinot Bianco werden 20% der Trauben ins Barrique gelegt. Strohgelbe Farbe, Duft nach grünen Äpfeln, Birne und Haselnuss, auch florale Eindrücke, im Mund viel Zitrus und Säure, voll,  auch Würze und eine leichte Bitternote, schöner Essensbegleiter zu Carpaccio und Pasta mit dunkler Sauce und Parmesan.

 

 

Cividale

Weinbar „I perchè delle coccole“, Cividale

 

 

Von vielen guten Weinbars in Cividale hat mir die etwas abseits gelegene Bar „I perchè delle coccole“ am besten gefallen: sehr freundliche Betreiber, entspannte Gäste, viele offene Weine (dabei drei Lieblinge!), gutes Bier und in Notfällen war man auch bereit für meine Extrawünsche (ich bekam manchmal abends noch einen zweiten Hungerschub), noch mal vielen Dank dafür!

Richtig angetan hatte es mir der Friulano 2020 vom Castello di Spessa. Durch die Rundfahrt wusste ich von der Verwechslungsgefahr beim Namen Spessa, war aber trotzdem überrascht, dass es sich um das große Anwesen bei Cormons von Loretto Pali mit dem Park mit den hundertjährigen Bäumen, einem Golfplatz und Restaurant rund um das tolle Schloss handelte. In einem ehemaligen Luftschutzbunker lagern die Schätze, von 28 Hektar produziert man jährlich ca. 80 000 Flaschen, das ist nicht sehr viel! und das schmeckt man!

Der Friulano 2020 mit intensiver strohgelber Farbe, in der Nase eine Explosion von Früchten (Pfirsich, Aprikose, Birne), Mandeln und einer Blumenwiese. Im Mund  sehr samtig und frisch, ausgewogen und harmonisch, fruchtig und mineralisch zugleich, schmelziger und süffiger Abgang, enormer Trinkfluss, auch solo trinkbar, richtig toller Wein!

 

 

Cividale

Weinbar-Giganten: Castello di Spessa und Antico Brolio!

 

 

Die beiden Rotweine kommen aus einer Kleinkellerei in Prepotto (COF, nicht Carso!), Antico Brolio, Vater Giovanni Durì (genannt Vanni) und Sohn Massimo keltern hier jährlich zwei Weiße und vier rote Weine, auf die Weine war ich sehr gespannt, weil ich 2011 schon mal vor Ort war.

Der Schioppettino 2019 rubinrot und wieder mit sehr komplexer Nase. Dieses Mal ging es Richtung Kaffee, Schokolade und Tabak, Pflaume, Johannisbeere, Lakritz und Pfeffer, immer wieder überraschend, hätte ich blind ins Bordeaux verortet. Im Mund deutlich schwarze Beeren, Alkohol und auch Säure, viel Power und auch viel Jugend, Würze, schöner langer Abgang, gefällt ausgezeichnet, sollte sich aber im Keller noch weiter harmonisieren.

 

 

Cividale

Weinbar „I perchè delle coccole“, Cividale

 

 

Der Merlot 2018 (im Friaul „Merlott“ gesprochen) mit tiefem Rubinrot, in der Nase Pflaume, nasse Blätter, Leder, Pfeffer, Eukalyptus, Rauch, im Mund sehr voll und breit, deutliche Alkoholnote, viel Kraft, etwas Holz, aber auch Säure, viel Tannin, sehr langer Abgang. Lässt sich schon problemlos antrinken, benötigt aber noch Zeit oder ein fleischlastiges Essen. Sehr guter Wein!

 

 

Capriva del Friuli

Ribolla Gialla Extra Brut, Puiatti, Capriva del Friuli

 

 

Kurz vor Ende der Reise besuchte ich dann noch einen schönen Weinladen in Cividale, um die gefundenen Treffer nachzukaufen und vielleicht noch besser fotografieren zu können. Der Seniorchef empfing mich freundlich, doch als ich meine Weingutsnamen von meiner Liste vorlas, meinte er, dass das aber nicht die besten Weingüter des Friauls wären. Als ich antwortete „für mich schon!“, bröckelte seine freundliche Fassade dann doch deutlich. Natürlich wollte er mir die großen Namen des Friauls verkaufen, am besten noch irgendwelche Sonderabfüllungen, aber ich suchte eben auch gezielt. Bin ja immer um Ausgleich bemüht, kann mich auch ein wenig in die Problematik des Weinhandels hineinversetzen, aber was hätten mir  jetzt noch zusätzliche und hochpreisige Weine gebracht? Immerhin kam ich noch auf das Thema Ribolla Gialla-Spumante, da hatte mich schon mal ein Außenseiter sehr begeistert, war auf die Empfehlung des Patrone sehr gespannt. Ein Schäumer von Puiatti, ein kleines Weingut aus Capriva del Friuli, mittlerweile aber in das Weinportfolio des Riesenunternehmens Angelini-Gruppe (international agierendes Pharmaunternehmen) integriert. Was für ein Zufall, dazu gehören auch Bertani (Venetien, habe einen Bardolino vorgestellt), Val di Suga (Brunello di Montalcino), TreRose (Vino Nobile di Montepulciano) und die Tenuta Collepaglia (Verdicchio dei Castelli di Jesi, Marken). Wein-Monopoly, die Weingüter aber alle unabhängig und eigenverantwortlich.

Der Ribolla-Gialla Spumante Extra Brut mit goldener Farbe und straffer Perlage, sehr schöner Fruchtnase (Pfirsich, Birne, etwas Hefe), im Mund sehr ausgewogen und frisch, wieder Frucht, aber trocken, sehr elegant und süffig, feiner Abgang, eine schöne Überraschung, die Gegend um Cormons scheint sehr gut für Ribolla-Gialla Weine und Spumante zu sein.

 

 

Cividale

Der Giro d’Italia in Cividale

 

 

Am letzten Urlaubstag war ich schon ein wenig traurig, aber auch sehr gespannt, welche Überraschung mich wohl dieses Mal in Cividale erwarten würde. Man hatte mir zu Ehren eine Etappe des Giro d’Italia nach Cividale und Umgebung gelegt, das Weinstädtchen im Fahrradfieber, herrlich! Bedanke mich an dieser Stelle noch mal ausdrücklich für die gute und freundliche Behandlung, es war mal wieder richtig schön, sorry an alle, die ich auf dem Marktplatz nicht sofort wiedererkannt habe, aber keine Frage, ich komme wieder!

 

 

Cividale

Rebzeilen in Cividale.

 

 

Fazit: trotz allen Einsatzes hätte man in diesem Weinparadies noch mehr Treffer landen können, allerdings habe ich auch ein Dutzend Weine aussortiert. Manchmal waren mir die Weine zu schwer und alkohollastig, auch bei den Weißweinen wurde es mir manchmal zu hochprozentig und zu brandig. Schade, an jedem probierten Wein hing eine Geschichte, ein Restaurant, ein Ort, eine Begegnung mit Menschen, das geht nun leider verloren, aber ich musste sieben, das Ganze wurde hier schon sehr ausufernd, werde mich in Zukunft wieder ein wenig kürzer fassen müssen. Besucht mal Cividale und das Friaul, auch für Nichtweintrinker eine fantastische Gegend!

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Mausbiber Gucky geht auf Spähtrupp!

 

Wohin sollte man als weitsichtiger und getriebener weinblogger auch sonst gehen, wenn man nicht mit Corona in Quarantäne säße? Zu guten Weinentdeckungen in diesen kurzen Zeitintervallen benötige ich einfach ein Netzwerk aus guten stationären Weinhändlern, engagierten Sommeliers in Restaurants, weinverrückten Instagramern, charismatischen Weinbar-Besitzern, gut orientierten Urlaubsbekannten, netten Arbeitskollegen und dazu noch möglichst viele Reisen in die einzelnen Weinanbaugebiete selbst. Normal also immer auf Spähtrupp!

 

Wir sitzen leider aber mittlerweile mit Corona in Quarantäne (die blog-Killer Variante hat mich und Sommelier Gorilla zum Glück nicht erwischt!) und sichten die Notizen, ganz selten kommen die Siegerschankweine auch einfach mal direkt zu uns: ein netter Arbeitskollege hatte mir eine Flasche Bardolino aus der gleichnamigen Appellation Bardolino DOC vom Ostufer (Venetien) des Gardasees mitgebracht. Ich habe mich sehr gefreut und war sehr gespannt, als überzeugter und regelmäßiger Westufer-Besucher (Salò, Lombardei) kannte ich bisher nur die Bardolino-Chiaretti (Rosés), die regelmäßig für mich gegen die Valténesi-Chiaretti vom Westufer untergingen, aber dafür auch nur die Hälfte kosteten. Hatte auch gelesen, dass es die Bardolino-Rotweine in modischen Zeiten der totalen Überkonzentration genau so schwer hätten, wie der vom Aussterben bedrohte Valpolicella Classico. Und auch der Arbeitskollege war nach einer kurzen Valpolicella Classico-Phase im Verlaufe seines Urlaubes dann doch lieber auch auf Valpolicella Ripasso umgeschwenkt, ich mag diese Art Wein einfach nicht!

 

 

Monte Baldo

Ganz runter, dann links und immer geradeaus: Bardolino!

 

 

Aber mitgebracht hatte er mir den Bardolino Le Nogare 2019 von Bertani! Ein großer Weinbetrieb (mittlerweile 220 Hektar) mit viel Tradition (gegründet 1857), mit viel unterschiedlichem Besitz in Venetien, mit einem Flaschenausstoß von jährlich ca. 1,6 Millionen Flaschen und auch einer Spitzenlinie mit Amarone-Weinen. Bei der Ernte kann man auf eine eingespielte Frauenkooperative zurückgreifen.

 

 

Bardolino DOC

Großer Liebling Bardolino 2019, Le Nogare von Bertani, Venetien

 

 

Der Bardolino in einer aufwändigen Flasche mit schönen Einprägungen, Cuvée aus den Rebsorten Corvina, Rondinella und Molinara,  sensationell transparente und hellrote Farbe, in der Nase ein toller Duft nach Erdbeeren, Blumen und Pfeffer, im Mund sehr fein und leicht, moderate Säure, feine Lakritzspur, im Abgang dazu eine leichte Bitternote, finde den Wein nicht nur wegen des tollen PLV großartig, allerlei food-pairing bietet sich an (Pasta, Käse und sogar Fisch), eine wunderschöne Entdeckung! Vielen Dank vom Weinschank noch mal an den Arbeitskollegen und erfolgreichen Jugend-Fußballtrainer D. aus Dortmund, nach fast fünf Jahren blog der Rotwein mit dem besten PLV, ein Urlaubsmitbringsel, aber mit Plan ausgesucht, die Ripasso-Weine von Bertani waren nämlich die eigentlichen Favoriten von D., ein schöner Zufall, vor Ort sein, ist immer Gold wert!

 

 

Mincio

In der Nähe von Bardolino!

 

 

Sensationell kontrovers auch die Bewertungen im Internet, neben einigen wenigen (aber überschwänglich positiven) Bewertungen, eine totale Vernichtung des Weins mit so Kommentaren wie „die schwere Flasche hat viel versprochen, aber der Inhalt ist nur dünn!“ oder „guter Zechwein, aber blasse Farbe!“, Freunde, Freunde, ihr müsst mit Euren total verklebten Glutamat-Wodka-Gaumen noch viel lernen, aber was viel schlimmer ist, ich muss bald die fetten Lieblingsweine dieser hater durchprobieren, bestimmte Themen kommen immer näher, ich glaube, es wird für mich bald sehr unangenehm!

 

 

Levada

Stolzer Levada- Ziegenbock auf Madeira

 

 

Halsbrecherische Touren haben wir schon einige auf Madeira zusammen gemacht, Wanderkollege Christian war bei meinen Schwindelanfällen auf der Levada immer die Ruhe selbst! Wir beide  kannten schon vorher die portugiesische Kultur und waren immer an gutem Wein und Essen interessiert, also immer schön statt Genickbruch abends aus der grünen Hölle wieder in der quirligen Inselhauptstadt Funchal auftauchen und die großartigen Speise- und Weinkarten der Restaurants erforschen (übrigens mein Lieblingsabenteuer!). Ich befürchte, die Zeit ist vorbei, dafür hat mein Wanderkumpel nun eine kleine Familie gegründet und ist von Mainz in die Pfalz umgezogen. Von der Quelle unterstützt er mich und meinen blog neuerdings mit Tipps, was ich sehr großartig finde, weil ich die Pfalz sehr liebe, aber bisher nur sehr wenige Treffer im blog hatte! Sorgen um Kungelei muss man sich hier auch nicht machen, weil Christian meinen Lieblings-St. Laurent aus Österreich verrissen hat und ich es ihm eigentlich sehr gerne heimgezahlt hätte, aber neben dem schon vorgestellten sehr guten Tempranillo (!) aus der Pfalz haben es mir auch die Spätburgunder vom Nussbaum-Projekt sehr angetan.

 

 

Neustadt-Königsbach

Drei Jahrgänge Spätburgunder Königsbacher Ölberg am Nussbaum

 

 

Drei Freunde, die sich beim Studium Weinbau und Önologie in Neustadt kennengelernt haben, führen seit 2014 nebenberuflich ein Garagenweingut in Neustadt-Königsbach, das Nussbaum-Projekt. Matthias Rau arbeitet eigentlich in einem anderen Winzerbetrieb in der Pfalz, hat aber im Keller des Wohnhauses seiner Eltern einen kleinen Weinkeller mit Fässern eingerichtet und produziert dort mit seinen Freunden Joachim Schmidt und Benedikt Grein nach eigenen Vorstellungen Riesling und Spätburgunder, manchmal auch Sylvaner, Sauvignac oder sogar selbstgebrautes Bier (die beiden Freunde von Matthias Rau sind gebürtige Franken!). Namensgeber für das Projekt ist ein schöner alter Nussbaum im Garten der Raus.

 

 

Königsbach

Oben auf dem Etikett hat Jakob Möhring für das Nussbaum-Projekt gezeichnet.

 

 

Der Spätburgunder vom Königsbacher Ölberg wächst auf Buntsandstein, Lehm und Kalkmergel und bringt dadurch hellrote und transparente Weine, die herrliche Kirsch- und Beerenaromen im Duft bieten, 2017 (leider ausverkauft!) bot dazu noch Kräuter auf und ruhte in sich selbst, 2018 bietet dafür im Mund viel Kirschfrucht, vibrierende Säure, junge Tannine, viel Eleganz und Kühle, einen schmelzigen Abgang mit einem Hauch Bitterschokolade, sehr schöner Spätburgunder mit tollem PLV! Auch 2019 sehr gelungen, dunkler in der Farbe, aber immer noch transparent, benötigt Luft, dann intensive  Nase nach süßen Kirschen und Leder, im Mund sehr viel dunkle Frucht, fein unterlegte Säure, schmelziger Abgang mit feiner Würze, drei sehr gelungene Spätburgunder, Respekt!

 

 

Friedrichstadt

Mrs. Pipco’s Weinladen in der Friedrichstadt, Düsseldorf

 

 

Als ich früher noch raus durfte und fast jeden Tag von Münster nach Düsseldorf pendeln musste, besuchte ich regelmäßig nach Feierabend auf dem Rückweg zum Düsseldorfer HBF den schönen Weinladen von Mrs. Pipco in der Friedrichstadt (Helmholtzstr. 28). Im Laden der ausgebildeten Sommelière gab es immer viel zu entdecken und eine besondere Holzkiste  inspirierte mich dann auch zu einem Beitrag im blog, manchen Schatz konnte ich nach Münster bringen und sehr oft war der Besuch der kleinen Oase das einzige highlight des sonst quälend langen Tages. Nach acht Jahren Bundesbahn-Marter meinte es dann der damalige Arbeitgeber gut mit mir und ich wurde entlassen! Mit zwei gescheiten Arbeitskollegen aus Düsseldorf machte ich noch bei Mrs. Pipco eine schöne Abschluss-Weinprobe, einer der beiden Arbeitskollegen ist leider Silvester 2021 verstorben, was mich immer noch unendlich traurig macht!

Aus beruflichen und familiären Gründen hat der Weinladen von Mrs. Pipco nur noch freitags geöffnet und mein comeback dort wird immer unwahrscheinlicher, immerhin war ein Teil meiner Familie dort und holte besagte Holzkiste ab, dabei brachten sie auch noch einige andere Weine mit, darunter auch einen wunderbaren Frühburgunder von der Nahe.

 

 

Odernheim

Klosterruine Disibodenberg

 

 

Frühburgunder 2016 Kapellenberg vom Weingut Disibodenberg (früher Weingut Klostermühle Odernheim). Obwohl ich von Kaiserslautern die Flüsse Lauter und Glan hochgeradelt bin, um wieder zurück zur FW an der Nahe in Oberhausen zu kommen, habe ich die berühmte und geschichtsträchtige Klosterruine Disibodenberg an der Mündung des Glans in die Nahe nicht gesehen. Auch die sehr alten Lagen sind mir nicht weiter aufgefallen, allerdings habe ich bis heute abgespeichert, dass die Gegend zwischen Meisenheim (Glan) bis zum Rotenfels (Nahe) wunderschön ist. Acht Generationen hat eine Familie Schmidt aus Odernheim eine Basis für das heutige Weingut gelegt, bei Ihr dominierten die Burgundersorten, neben Chardonnay, Grau- und Weißburgunder bildeten dabei auch Spätburgunder (in den Lagen Montfort und Langenberg) und der seltenere Frühburgunder (in der Lage Kapellenberg) Schwerpunkte, was außergewöhnlich und der geologischen Besonderheit der Lagen geschuldet ist. Hier gibt es teilweise eine Mischung aus vulkanischen Gestein (Melaphyr), Sandverwitterungsböden und schieferdurchsetzten Bereich. 1992 ging das Weingut an Prof. Held, 1997 übernahm operativ der ambitionierte Weinmacher Thomas Zenz. In den letzten Jahren flossen beträchtliche Investitionen in Modernisierung, in eine Brennerei, in Versektung und in ein schönes Weinhotel in Meisenheim. Der Clou gelang aber 2017, man konnte vom traditionsreichen Weingut v. Racknitz (Luise von Racknitz entschied sich leider komplett gegen die Weiterführung Ihres Weinbaus) die Riesling-Toplage Disibodenberg erstehen und ist nun mit 22 Hektar bemerkenswert ausgeglichen und gut aufgestellt.

 

 

Frühburgunder

2016 Frühburgunder trocken, Kapellenberg, Weingut Disibodenberg, Odernheim, Nahe

 

 

Der Frühburgunder hat eine schöne transparente rubinrote Farbe, duftet herrlich nach Sauerkirschen, Johannisbeeren, Pfeifentabak und Leder, im Mund Kirsche und etwas Pfeffer, wirkt voll, aber trotzdem sehr elegant und kühl, sanfte Tannine, eingebundene, aber präsente Säure, schöner Nachhall mit eleganter Holzspur, wieder begeistert mich ein Frühburgunder, sehr interessanter Wein, gerne wieder, ein Besuch auf einem Freitag in Düsseldorf bei Mrs. Pipco sollte aber doch auch irgendwann mal wieder klappen!

 

 

Weinhandel

Weinhandel Lapinski im Fuchswinkel

 

 

Anfangsschwierigkeiten hatte ich mit dem Weinladen Lapinski in Wuppertal-Vohwinkel, es gibt viel Konkurrenz im Tal und auf dem Ölberg, habe erst zwei oder drei Nieten erwischt, bin dann aber zum Glück über meinen Schatten gesprungen und wieder aufgetaucht, als „Belohnung“ habe ich dann in dem schönen und breit aufgestellten Weinladen zwei wirklich tolle Weine von der Loire gefunden. Bei Recherche dann für mich immer wieder verblüffende Infos über Wuppertal, es soll noch einen zweiten Weinladen der Lapinskis hoch oben in Cronenberg geben, war dort schon öfter, sogar einmal mit meinem großartigen Bekannten Secondo aus dem Friaul, der nach 30 Jahren Abwesenheit in die alte Heimat zurückgekehrt ist und dort wirklich noch einen ehemaligen Stammgast der ehemaligen Familien-Eisdiele getroffen hat. Bei so viel emotionaler Ablenkung ist mir leider der Weinladen total durchgegangen, das ändere ich bald, reise demnächst rassig über die Samba-Trasse mit dem Rad an und bin sehr gespannt!

 

 

Vouvray

2019 Champalou, Vouvray AOC, E.A.R.L. Champalou, Vouvray, Loire, France

 

 

Da ist einmal ein Chenin aus der Appellation Vouvray vom Weingut Champalou, einem Mitglied der unabhängigen Winzervereinigung. Hinter Champalou stehen Catherine und Didier Champalou, die 1985 mit einem halben Hektar mit Chenin blanc (das blanc kann man auch weglassen, es gibt keinen roten Chenin!) in Vouvray gestartet sind und mittlerweile über 21 Hektar verfügen. Bei allem ökonomischen Wachstum wurde dabei das ideale Wachstum für Ihre Reben aber auch nie aus den Augen verloren, man arbeitet nach biologischen Grundsätzen.

Der 2019er Chenin hat eine blassgelbe Farbe mit grünlichen Reflexen, in der Nase viel Zitrus, aber auch Quitte und Akazie, im Mund richtig voller fruchtiger Körper, rassige Säure, Mineraltöne, anhaltender Abgang. Um den Wein pur genießen zu können, erscheint es mir noch viel zu früh, wegen der Säure sollte man mit Essen kombinieren, ich denke da an das ganze Fischprogramm (Zander, Lachs, Steinbutt, Seeteufel u.a.), aber auch gerne Austern, Muscheln und Sushi, aber auch Carpaccio vom Thunfisch, für Abenteurer auch krosse Ente oder Kalbsnieren. Super dazu auch ein Griff unter die Käseglocke (z.B. Munster, Crottin de Chavignol, Reblochon, o.ä.).

 

 

Loire

Sancerre 2020, Domaine des Brosses, Alain Girard & Fils, Cher, Loire

 

 

Toller Sancerre 2020 Domaine des Brosses, 11 Hektar Weingut  aus Veaugues bei Cher, Überzeugungstäter und Herzensbrecher sind die Eheleute Girard mit ihrer Familie, die mich trotz zwei voller Weinregalreihen mit Sancerre in meinem Keller nach  Großprobe dazu gebracht haben, fast alle Weine in einem Instagram-Gewinnspiel abzugeben und lieber auf diesen Sancerre zu setzen: helles Gelb, in der Nase spektakulär mit Zitrus, Melone, Feuerstein und floralen Noten, ein wirklich winziger Hauch Stachelbeere, im Mund zwar noch präsente Säure, aber auch viel Trinkfluss, viel Mineralik, frisch und auch fruchtig, dabei ausgewogen und mit schmelzigem Abgang, ein großer Favorit, bin plötzlich der beste Freund der Lapinskis!

 

 

Elberfeld

Rex Bar im Postboutique Hotel Wuppertal, Am Kolk 3, Elberfeld

 

 

Konzertbesuch in der Historischen Stadthalle Wuppertal, die einen legendären akustischen Ruf genießt und auch von Taxifahrern gerne vom Klang zwischen die Elbphilharmonie in Hamburg und den Großen Musikvereinssaal in Wien eingereiht wird. Ich fand den Abend nicht nur musikalisch beeindruckend, es gab mehrere flammende Appelle gegen den verfluchten Krieg in der Ukraine vom jüngsten Generalmusikdirektor in Deutschland, dem hochbegabten Grazer Patrick Hahn, sensationelle Ausstrahlung, gleich auch noch Pianist, danach großartige 1. Sinfonie von Brahms, tolles Orchester, wir kommen wieder! Vor und nach dem Konzert waren wir noch in der Rex-Bar unseres Postboutique Hotels. Das Hotel ganz im Bauhaus-Stil gehalten, konnte für die schöne Bar die Familie Akgün gewinnen, die dieses Jahr mit ihrem Restaurant Shiraz und ihrem jungen und großartigen Koch Alexander Hoppe zu einem Michelin-Stern in Wuppertal greifen konnte. Glückwunsch dazu, Alleinstellungsmerkmal in der Stadt, die gastronomisch aber noch einiges mehr zu bieten hat!

 

 

Heppingen

Grauer Burgunder 2020, Weingut Burggarten, Ahr

 

 

Für mich natürlich auch immer interessant, was gibt es zu den Gerichten, die im Restaurant Shiraz vorbereitet und vom Berg ins Tal geliefert wurden, in der Bar für Weinempfehlungen? Der Graue Burgunder 2020 vom VDP.Weingut Burggarten von der gebeutelten Ahr eine echte Visitenkarte und Ansage des Weingutes für betriebsinterne Pyramiden-Besteigung, toller Grauburgunder VDP.Gutswein,  strahlende goldgelbe Farbe, schönes Bukett nach Apfel, im Mund volle Frucht, viel Süffigkeit, frische Säure, alles sehr ausgewogen und mit Trinkfluss versehen, beim Abgang auch mineralische Töne, großes Lob! Da wäre ich alleine nie drauf gekommen, das Weingut Burggarten mit Paul-Josef Schäfer gilt eigentlich als Spätburgunder-Spezialist. Die Rex-Bar ist auf jeden Fall einen nächsten Besuch wert, ich habe da sogar schon einen neuen großartigen Mitstreiter bei Instagram gefunden!

 

 

Hahnenfurth

Weinbahnhof Wuppertal, Hahnenfurth 2, und eine Kiste Stahl!

 

 

Und wieder so eine tolle Entdeckung in Wuppertal, der ehemalige und leider schon lange stillgelegte große Ausflugsbahnhof in Wuppertal-Hahnenfurth wurde nach vielen Jahren aus dem Dornröschenschlaf erweckt und mit viel Herzblut und großen Aufwand renoviert und bietet nun dem umtriebigen Getränkehändler Stefan Jukic ein neues Refugium mit tollen Räumlichkeiten und nun auch schönen Sitzmöglichkeiten an der frischen Luft. Wenn die location so perfekt ist, hapert es ja meistens beim Sortiment, aber ich habe als Probierflasche einen Silvaner 2021 vom Winzerhof Stahl mitgenommen, beim nächsten Besuch war es dann schon eine Kiste! Hier gibt es viel zu entdecken, neben Wein auch tollen Käse aus Kroatien, Bier, Bierlikör, Eierlikör, Limoncello und v.a.m., Stefan Jukic beackert nun besonders auch das Weinthema, paradiesische Zustände für mich, hoffentlich wird der superschöne Laden angenommen, werde nach Spähtrupp mit dem Auto dieses Jahr auch noch sehr oft mit dem Rad oder der neuen S-Bahn Linie anreisen.

 

 

Auernhofen

Silvaner 2021 trocken, Winzerhof Stahl, Auernhofen, Franken

 

 

Der unaufhaltsame Aufstieg des Christian Stahl: setzten die Eltern noch eher auf klassische Landwirtschaft und lieferten die Trauben aus zugepachteter Fläche im Taubertal bei der Genossenschaft ab, war beim Sohnemann Christian längst die Begeisterung und Leidenschaft für das Thema Wein entfacht. Ich bewundere immer diesen Typus Mensch, der zielgerichtet, selbstbewusst und gegen alle Widerstände seiner Berufung nachgeht,  Christian Stahl wählte Lehrjahre in einem Würzburger Weingut und die Ausbildung an der Rheingauer Hochschule für Wein in Geisenheim im Rheingau. Nach dann schweren Anfangsjahren stellte sich nach und nach großer Erfolg ein, die Stahl-Serien Federstahl, Damaszener und Edelstahl wurden von Jahr zu Jahr besser, ist leider an mir komplett vorüber gegangen, was soll ich sagen?, ich bin schon vom Basiswein Silvaner 2021 total begeistert und werde im Juli hoffentlich das Weingut mit dem tollen Restaurant besuchen.

 

Mag ja Silvaner sehr und habe schon einige tolle Weine aus Franken gefunden und vorgestellt, der Basis-Silvaner vom Winzerhof Stahl konnte mich restlos begeistern: sehr helles Gelb, in der Nase Apfel, florale Noten und ein Hauch Kreide, sehr schön eingebundene Säure, viel Schmelz und Süffigkeit, im Abgang wieder mineralische Noten, was den Wein sehr spannend, aber bestimmt nicht zum Liebling der Massen machen wird. Ich mag den Wein wirklich sehr, ein einziger Kritikpunkt, ich vermisse den geliebten Bocksbeutel!

 

 

Rüttenscheid

Weinbar Emma, Emmastr. 2, Essen-Rüttenscheid

 

 

Mein dritter Besuch in der Weinbar Emma in Essen-Rüttenscheid sollte ein ganz besonderer werden, wir waren zu viert, alle neugierig und wollten volles Programm. Und wir bekamen volles Programm! Es gab eine Köstlichkeit nach der nächsten, charmant präsentiert vom Patron Rainer Podzuck, der zu jedem Gang eine Geschichte zu erzählen wusste (mal war es der Großmarkt Paris, mal die Toskana, mal seine schillernde Vergangenheit) und natürlich einen passenden Wein empfehlen konnte, da wurde ein großartiges Feuerwerk gezündet! Gerüchteweise hat er die Weinbar sechs Monate später eröffnet, weil er mit Details der Inneneinrichtung noch nicht zufrieden war, ein absoluter Perfektionist, dem man aber auch vertrauen und mögen muss. Im Internet gibt es für dieses Konzept großes Lob, aber auch einige üble Ausreißer nach unten, die dem Überzeugungstäter Intransparenz bei den Preisen und am Ende des Abends dann „Frühlings Erwachen“ vorwerfen, wenn die Gäste dann auch noch zum Geldautomat geschickt wurden, weil das Bargeld nicht reichte (Vorsicht, keine Kartenzahlung möglich!), kochte die Volksseele über! Dabei wird in der Weinbar Emma extrem entschleunigt, wir hatten einen fantastischen Abend mit vielen Überraschungen, die Weintipps passten alle, mir haben besonders der Champagner (leider gibt es zu meinen notierten Namen im Internet nichts, aber ich habe auch letztens in einem Restaurant statt Gosset leider „Rosé“ verstanden!)  und ein Rosé-Sekt aus Österreich gefallen! Ich finde die Weinbar spitze, es gibt auch Spezialveranstaltungen und Weinreisen, man kann auch herrliche Momente bei einem Glas Wein und einer Köstlichkeit erleben, ein wunderbarer Weinhotspot in Essen-Rüttenscheid. Komme bald wieder!

 

 

Kamptal

Bründlmayer-Sekt Brut Rosé Reserve, Weingut Bründlmayer, Langenlois, Kamptal, Österreich

 

 

Mein Emma-Siegerwein trotz wirklich starker Konkurrenz, der Rosé-Sekt Reserve von Bründlmayer, ein großer Charmeur: lachsrosa Farbe, schöner Duft nach Erdbeeren und Zitrusnoten, ganz feine Hefenoten und Vanille, im Mund wunderbar fruchtig und süffig, feine Perlage, schöne Länge mit mineralischen Anklängen, ganz stark, ein toller Sekt und endlich stimme ich mal mit den Falstaff-Punkten überein! Erstaunlich fand ich auch die Rebsorten der Cuvee: Pinot Noir, Zweigelt und St. Laurent! Köstlich!

 

 

Fazit: Bleibt neugierig wie Mausbiber Gucky auf Spähtrupp im Teil 742 der Perry-Rhodan Serie (bin leider bei Heft 12 ausgestiegen!) und schreibt gerne mal Kommentare, ich bin wieder genesen und gehe in Reha auf Weinreise! Bleibt dabei und bis bald!

Veröffentlicht unter Ahr, Bardolino DOC, Deutschland, Franken, Italien, Kamptal, Königsbacher Ölberg, Loire, Nahe, Niederösterreich, Odernheimer Kapellenberg, Oesterreich, Pfalz, Sancerre AOC, Venetien, Vouvray AOC, Weinland Oesterreich | Verschlagwortet mit , , , , , , , , | 2 Kommentare

Gute Noten für Exoten?

 

 

Stellt Euch vor, irgendwo in einer Stadt am Ende einer Fußgängerzone gäbe es einen Weinladen, der Euch immer mit Freundlichkeit, Neuigkeiten, seltenen Weinen und Inspiration beglücken würde. Der Laden hätte allerdings auch einen einzigen winzigen Nachteil: Preisaufschläge beim Wein wie im Restaurant! Würdet Ihr trotzdem hingehen bzw. dann auch kaufen? Da es ein Nerello Mascalese von Graci und vom Ätna  aus genau diesem Sortiment in meinen blog und die Siegerschankweinliste geschafft hatte, war ich hin und her gerissen und dabei fürchterlich neugierig! Zum Glück bekam ich von der Familie einen Gutschein für den Weinladen geschenkt und es ging wieder hin, gerade wurden Rotweine von der Domaine Jean Vullien et Fils vorgestellt, ein vigneron independant aus den Savoyen, da musste ich natürlich zugreifen! Die wunderschöne Region Savoyen in Westfrankreich an der Grenze zur Schweiz und dem Aostatal (Italien) ist wahrscheinlich noch unbekannter als das weiter nördlich gelegenere französische Weinanbaugebiet Jura und ab und an findet ein medaillengeschmückter Weißwein (z.B. Vin de Savoie Roussette oder Vin de Savoie Chignin-Bergeron A.O.C.) den Weg zu den Internethändlern in Deutschland. Sonst warten die Winzer vor Ort ganz entspannt auf Besuch! Und der kommt dann auch, Savoyen erfreut sich im Winter (Ski) und im Sommer (Wandern, Kulinarik) großer touristischer Nachfrage und die Weine werden fast ausschließlich vor Ort getrunken.

 

 

Freterive

Rebflächen im Besitz der Domaine Jean Vullien, wunderbar fotografiert von Bastien Taugis!

 

 

Die Weinregion Savoyen ist so groß wie das Bordeaux, erzeugt aber nur ein 1/50 der Weinproduktion des Bordeaux, mittlerweile sind 2300 Hektar bestockt, 70 % aller Weine sind weiß und es gibt eine große Rebsortenvielfalt, ein Eldorado für Entdecker und Genießer! Rotweine aus der Region waren mir völlig unbekannt, ich konnte gleich drei verschiedene Flaschen der Domaine Jean Vullien et fils erstehen. Die Domaine liegt im Süden der Region, zwischen Chambery und Albertville in einem Ort namens Freterive und besitzt 38 Hektar Rebfläche auf Kalkböden. Von denen sind 7,5 Hektar mit der einheimischen roten Mondeuse-Traube und 4,5 Hektar mit Pinot Noir bestockt. Auch hier gelten die altbekannten Appellationsregeln, je genauer und strenger die geographische Herkunft und die Spielregeln sind, je höher wahrscheinlich auch die Qualität, aber leider auch sicher der Preis!

 

 

Freterive

Domaine Jean Vullien et fils!

 

 

Der helle und rubinrote Pinot Noir Jeannine 2019 überzeugt mich mit seinem umwerfenden Duft nach Nelken, Leder und Laub, erinnert verblüffenderweise an einen Nebbiolo. Im Mund leicht, frisch, fein und für seine Jugend schon überraschend weich, Beerenaromen und Lorbeer, schöner würziger und schmelziger Abgang, sehr süffig, gefällt mir als Startwein richtig gut! Ein beruhigender erster Treffer!

 

Aber dann der erste Wein meines Lebens aus der autochthonen Rebsorte Mondeuse, ein Vin de Savoie Mondeuse 2018 Vieilles Vignes Prestige. Sehr dunkles Rot, super spannende pflanzliche Nase, Linsen, Veilchen, Estragon und Johannisbeere, im Mund ein wenig Schwarzkirsche, aber dann anrollende würzige und erdige Noten, dazu feine Säure und Tannine, alles überraschend ausgewogen und mit schönen Abgang! Ein Traum für Blindverkoster, aber ich fürchte kein Wein für Anfänger oder Leckerschmecker, auf jeden Fall eine großartige Überraschung!

 

Nicht minder spannend dadurch natürlich der zweite Mondeuse-Wein, aus einer höher eingeschätzten Appellation stammend und mit Ortsangabe versehen, ein Vin de Savoie Arbin Mondeuse AOC. Schwere Flasche mit einem schönen geprägten Savoie Wappen versehen, erinnerte mich sehr an die Flaschen aus der Appellation Châteauneuf-du-Pape AOC an der Rhone, ich erwartete nun Power ohne Ende, aber zum Glück blieb alles in feiner und unaufgeregter Harmonie. Kirschrote Farbe, wieder spannende Nase mit Pflaume, Pfeffer, Unterholz und Leder, im Mund sehr fein, rote Früchte in Verbindung mit Erdigkeit, süffig, schöner Abgang. Unterschied sich deutlich von seinem Vorgänger, nicht so extrem pflanzlich und erdig, dafür viel eleganter. Gefiel mir ebenfalls super, das dürfte ebenfalls ein wunderbarer Wein für food-pairing sein. Tolle Serie, Respekt!

 

 

 

Bochum

Ehemaliger italienischer Weinhotspot in Bochums Zentrum: da Concordio!

 

 

Durch meine sehr stark italienisch geprägte Weinanfangszeit vor fast 30 Jahren entdeckte ich bei der Suche nach Wein PLV-Krachern (das Geld war damals sehr knapp!) durch eine Schaufensterauslage ein großartiges Weinbistro in Bochum („da Concordio“), eine edle Rebsorte und den Süden Italiens! Der charismatische Concordio und seine hübsche Frau waren zu jener Zeit in Bochum richtig angesagt, gefühlt war die gesamte Kaufmannschaft vor Ort und probierte sich bei sehr guter Pasta-Küche nach Feierabend durch die berühmte Weinwelt Italiens und auch durch die unbekannte Weinwelt der Region Kampanien. Neben vielen italienischen Weinklassikern gab es auch die exotischen kampanischen Weißweine wie Greco di Tufo, Fiano di Avellino oder Coda di Volpe und sogar einen Rotweinstar aus Kampanien, den Taurasi DOCG, der „Barolo“ des Südens, blablabla, gemacht aus 100% der Rebsorte Aglianico. Statt des hochpreisigen Taurasi hatte Concordio für meine Bekannten und mich immer einen bezahlbaren Aglianico bereit, einer unserer Lieblinge war der Aglianico Fidelis von der Cantina del Taburno in Benevento, einer Genossenschaft mit 300 Mitgliedern aus dem Hinterland Neapels und dadurch mit wertvollem Besitz an den Hängen des erloschenen Vulkans Taburno ausgestattet.

 

 

Benevento

Monte Taburno, Weinbau rund um einen erloschenen Vulkan! Interessantes Foto von Mauro Pancaldi!

 

 

Immer ein Erlebnis, wenn irgendetwas zu feiern war und wir uns dann mal den Delius aus der nächsthöheren Appellation der Cantina gönnten, verblüffte und amüsierte Gesichter im Bistro, der Nachwuchs trinkt exotisch, aber wir waren glücklich und gehörten dann auch irgendwann dazu, es wurde angestoßen und geplaudert! Und natürlich legte Concordio noch einen drauf, die Cantina del Taburno hatte auch ein Spitzenprodukt aus damals über 150 Jahre alten Aglianico-Rebstöcken im Sortiment, den Bue Apis!, der Preis für uns damals zu heftig!, leider ist es dadurch nie zu einer Probe gekommen, obwohl wir sehr schwankend und neugierig waren! Die Zeit ist durchgerauscht, Familie Concordio ist wohlhabend in die Heimat der Väter nach Kampanien zurückgekehrt und führt eine schöne und aussichtsreiche Pension in Agropoli, der edle Aglianico ist als Rebsorte mittlerweile in Deutschland total in Vergessenheit geraten (der omnipräsente Primitivo aus Apulien ist wahrscheinlich schuld!) und der Weinschank wird alt und schwelgt immer häufiger in Erinnerungen! Also back to the roots und Aglianico der Cantina del Taburno ordern , gar nicht so einfach, leider in Deutschland nicht mehr zu bekommen, immerhin konnte ich über Instagram direkt eine Kiste aus Italien anfordern, das musste einfach sein. Ich war gespannt auf die Weine und der Bue Apis war auch dabei!

 

 

Benevento

Cantina del Taburno.

 

 

Und gleich der ehemalige Liebling Aglianico Fidelis aus der großen Appellation Sannio DOC als  Jahrgang 2017 merkwürdig ausgezehrt, kratzig und ruppig, Weinfehler oder schlechter Jahrgang? Bevor ich überhaupt den ersten Selbstmitleid-Gedanken fassen konnte, öffnete ich einfach die zweite mitgeorderte Flasche und siehe da, ein völlig anderer Wein präsentierte sich, der Plan mit der Absicherung ging wieder voll auf, nicht auszudenken, wenn ich den Aglianico wegen eines Weinfehlers verrissen hätte. Sehr dunkles Rot mit violettem Einschlag, in der Nase Kirsche und Pfeffer, im Mund süße Frucht und Würze, Säure und spürbares Tannin, ausgewogen und süffig, würziger Abgang, für mich eine gelungene Zeitreise, jetzt noch die tollen Pastagerichte aus dem „da Concordio“ dazu, kleiner Wein ganz groß!

 

Ambitionierter der Delius 2016, ein Aglianico aus der Appellation Taburno DOCG, an den Rändern im Glas etwas heller als der Fidelis, tolle Nase nach Kirsche, Pflaume, Tabak und Pfeffer, am Gaumen mit vollem fruchtigen Körper, geschliffenem Tannin und eingebundener softer Säure, sehr harmonisch und ausgewogen, langer und feinfruchtiger Abgang, sehr eleganter Wein, ein Aglianico in großer Form!

 

 

Benevento

Bue Apis 2015!

 

 

Aber jetzt der mit Spannung erwartete Bue Apis: auf dem Etikett die geheimnisvolle Statue aus ägyptischen Granit in Form eines Stieres, die 1629 am Fluss Sabato in Maccabei (bei Benevento) gefunden wurde und mittlerweile etwas unscheinbar vor einer Kirche in Benevento steht. Wahrscheinlich stammte die Statue wirklich aus Ägypten und war in einem römischen Tempel in Benevento aufgestellt. Im Zuge der Verbannung von heidnischen Kultgegenständen, wurde der Apis-Stier der ägyptischen Mythologie dann bei Maccabei „entsorgt“. Die Geschichte gefällt mir und erinnert mich ein wenig an einen Weingutsbesuch in Vipava (Slowenien), als ich gefragt wurde, ob ich schon den Sarkophag im Museum gesehen hätte, als Ort an einem Pass wäre in Vipava viel abgestellt worden.

Faszinierend auch die Hänge des Vulkans Taburno mit seinen uralten Aglianico-Anlagen, ein Weingarten beim Dorf Pantanielli mit ca. 200 Jahre (!!!) alten wurzelechten Rebstöcken und hingebungsvoller Pflege von schon sehr betagten Genossenschaftsmitgliedern, bringt die Trauben für die ca. 6000 Flaschen, die jedes Jahr in der Cantina del Taburno als Spitzenprodukt abgefüllt werden und schnell ausverkauft sind.

Der 2015er Bue Apis mit sehr dunklem Rot, in der Nase nach guter Belüftung im Dekanter Kirsche, Brombeere, Tabak, Süßholz und Waldboden, im Mund wieder Kirsche und Beeren, ein Hauch Würze und Bitterschokolade, voller Körper, konzentriert, aber kein Stier, wirklich eher auf der cool climate-Seite, alles bleibt harmonisch und ausgeglichen, feine Tannine und Säure, langer Nachhall und meines Erachtens viel Zukunftspotenzial, ein ganz großer Rotwein!

 

 

Bensheim

Drei Sekte der Griesel Compagnie von der Hessischen Bergstr.

 

 

Paradox: nach mehreren Reisen nach Süditalien (Apulien und Kampanien) ist plötzlich das deutsche Weinanbaugebiet Hessische Bergstr. für mich der viel größere Exot, obwohl es doch eigentlich viel besser erreichbar scheint. Aber entweder blieb ich im Rheingau oder an der Nahe hängen oder ich rauschte durch nach Franken. Beim einzigen Tagesbesuch in der Region kann ich mich nur noch an die grimmigen Kopfschmerzen am nächsten Tag erinnern. Deshalb beobachtete ich freudig den scheinbar unaufhaltsamen  Aufstieg eines erst 2013 gegründeten Weingutes, den großen Erfolg der Sektmanufaktur Griesel und Compagnie aus Bensheim. Nach Aufgabe der historischen und schönen Produktionsstätte von 1904 durch die Hessischen Staatsweingüter im Jahre 2010 in der Bensheimer Altstadt, kaufte die Familie Streit das Anwesen und verfolgte eine klare Strategie: hier sollte junge Innovation in alten Gemäuern zu völlig neuen Qualitäten in der doch sehr kleinen (ca. 450 Hektar), verschlafenen, vergessenen und immer nur durchschnittlich bewerteten Weinregion führen. Ein Sekthaus sollte es werden, 7,5 Hektar Rebfläche, ein großartiger Kreuzgewölbekeller und moderne technische Ausstattung standen bereit, aber wer sollte der Macher werden?  Die Wahl fiel auf den erst 30 jährigen Niko Brandner, Quereinsteiger (Banker), aber dafür dann mit Topumschulungsausbildung beim Sekthaus Raumland (Rheinhessen) und beim schon hier öfter erwähnten Weingut Fürst in Bürgstadt (Franken).  Wohl ein absoluter Glücksgriff, die Kritikermeinungen überschlagen sich mit höchstem Lob, es war endlich der Zeitpunkt gekommen, mal drei Sekte aus der Grundlinie zu verkosten!

 

 

Bensheim

Chardonnay Brut Nature 2017, Riesling Brut 2018 und Pinot Brut Nature 2017.

 

 

Vom Chardonay Brut Nature nur 2988 Flaschen, 100% Handlese, keine Dosage, goldgelbe Farbe, in der Nase Apfel, Hefe und etwas Mandel. Am Gaumen frisch, Apfel und Kräuter, etwas Herbe.

Der Riesling Brut 2018 ebenfalls aus 100% Handlese, mit 5g/Liter Dosage und 13% Reserve perpetuelle, also 13% Zugabe als Riesling-Grundwein aus dem Stückfass: goldgelbe Farbe, in der Nase Mandarine, Hefe und Blüten, im Mund feine Perlage, viel Zitrus und Säure, Herbe und Würze.

 

 

Bensheim

Drei Griesel-Sekte!

 

 

Vom Pinot Brut Nature 2017 3190 Flaschen, wieder 100% Handlese, 100% Pinot Noir, 0 g/Liter Dosage, 34 Monate Hefelager und 6% Reserve perpetuelle. Goldgelbe Farbe, in der Nase Johannisbeere, Brot und Mandel, im Mund sanfte Perlage, Apfel, Herbe und Würze.

Sehr schön gemachte Sekte mit Rebsortentypizität und Champagnerambitionen, aber wie soll ich das jetzt nach dieser superlangen und positiven Einleitung bloß schreiben? Es droht neues Ungemach, ich muss vieles vorbereiten und kann durch meinen Schichtdienst manchmal erst sehr spät probieren. Bei den drei Sekten habe ich auf mindestens einen Treffer gehofft,  mir haben die Sekte aber einfach alle nicht geschmeckt, das kommt in den besten Familien vor! Mich störten die herben Töne, die Holzwürze und  eine schnell nachlassende Straffheit der Perlage, die zu viel Breite und zu noch mehr Herbheit führte. Hatte einfach keine Lust mehr auf das nächste Glas! Sehr schade, ich war sehr geknickt, so läuft das manchmal, aber probiert bitte selbst und schreibt dann mal hier Kommentare. Die Geschmäcker sind ja zum Glück sehr verschieden!

 

 

Pfalz

Weinbau in der Pfalz, Gott erhalt’s!

 

 

Manchmal habe auch ich mal Glück, habe von meiner netten Madeira-Urlaubsbekanntschaft Christian, der mittlerweile aus Mainz in die Pfalz umgezogen ist, zwei Flaschen Rotwein geschenkt bekommen, ein Spätburgunder war klasse (dazu später!), die zweite Flasche war ein totaler Exot und passte wunderbar in diesen Beitrag: ein spanischer Tempranillo im Versuchsanbau in der Pfalz! Die Genossenschaft Weinwelt Herrenberg-Honigsäckel in Bad Dürkheim-Ungstein hat 105 Mitglieder unter Vertrag, die 185 Hektar an den Hängen des schönen Haardtgebirges bewirtschaften. Ist man in der Pfalz normalerweise recht bodenständig unterwegs, zeichnen sich hier einige Mitgliedsbetriebe mit großer Experimentierfreude aus. Es gibt Viognier, Hibernal und Soreli bei den weißen und Merlot, Syrah und eben auch Tempranillo bei den roten Rebsorten im Anbau, die dann sortenrein von einem erfahrenen Team im Genossenschaftskeller verarbeitet werden. Bin ja immer bei der Verkostung gespannt, aber ein spanischer Pfälzer machte mich besonders neugierig!

 

 

Bad Dürkheim

Exoten in der WG Weinwelt Herrenberg-Honigsäckel! (Erlaubnis zur Fotoverwendung kam direkt vom Vorstand der WG, tausend Dank vom Weinschank dafür!)

 

 

Ein dunkler Tempranillo-Rotwein 2019 vom Ungsteiner Honigsäckel, duftet nach Kirsche, Beeren und etwas Vanille, im Mund dann dem jungen Alter geschuldet noch zu viel Säure, aber auch saftig, fleischig und mit Würze, dazu voller Abgang, tolles PLV und toller Tipp von Christian, freundliche Menschen in der Verwaltung der Winzergenossenschaft, auf jeden Fall auch ein Anlaufpunkt beim nächsten Pfalzbesuch!

 

 

Pfalz

Drei Pfälzer Exoten

 

 

Irgendwie bin ich ja mit meinem weinblog selber ein Exot, ein Internet-Weinlesebuch mit wenigen täglichen Aufrufen und noch weniger Kommentaren (wenn man mal von den 10 Millionen Fake-Kommentaren absieht, die ich dann leider immer alle löschen muss!), am 01. Juli 2019 dann der Versuch, mit den Bildern aus dem blog, ein wenig Werbung für mein Geschreibsel bei Instagram zu machen. Und siehe da, ich wurde von einigen neuen und treuen Lesern gefunden! Tausend Dank dafür vom Weinschank, habe durch Zufall und zum ersten Mal überhaupt nun auch einen zum Thema passenden Wein bei Instagram gefunden, einen wirklich exotischen Grenache 2018 aus der Pfalz vom Weingut Reibold aus dem schönen Freinsheim in der Pfalz! Bis dorthin habe ich es mal von der Nahe aus bei sengender Hitze mit Rad und einem Kollegen geschafft, in der fast schattenlosen Weinlandschaft eine große Strapaze! Hätte ich da mal schon von der superschönen Wohlfühloase auf dem Musikantenbuckel gewusst, ein tolles Herzensprojekt von Vater Hans-Dieter Reibold. Seit 2012 sind die Söhne, Philipp und Johannes, ins Weingut eingestiegen und haben die Weinkritik aufhorchen lassen, ab Jahrgang 2017 ist man auch biozertifiziert.

 

 

Freinsheim

Eingang zum Paradies Mubu (Musikantenbuckel) der Winzerfamilie Reibold! (Das Bild wurde mir von Johannes Reibold von der sehr schönen Internetseite zur Verfügung gestellt!)

 

 

Auf dem Musikantenbuckel ist nicht nur dieser tolle Wohlfühlort der Reibolds, sondern so heißt auch eine extrem warme Quarzsandlage mit Kiesuntergrund. 2010 hat man hier die in der Welt weitverbreitete spanisch-französische Rebsorte Grenache gepflanzt, in Deutschland eine mutige Pionierleistung mit Alleinstellungsmerkmal, natürlich werden bald andere Weingüter nachziehen. Der 2018er mit rubinroter Farbe, in der Nase am Anfang ein verfliegender Muffton (kein Kork!), dann viel Kirsche, etwas Pfeffer und  ein Hauch Vanille, am Gaumen  frische Säure und wieder Kirsche, wirkt auf mich trotz guter Länge noch etwas zu ungestüm und jung, zur Zeit nicht mein Grenache-Favorit, aber abwarten!

 

 

Münster

Genuss-Hotspot mit eigener Bushaltestelle!

 

 

Mit dem Bus raus aus Münsters Altstadt, raus an der Haltestelle Ackermann und rein in das schöne Restaurant Ackermann. Dort haben wir dann eine nette Bedienung erwischt: zum Menü gab es auf Wunsch von mir blind eine Weinbegleitung, ich liebe dieses Format, auch wenn ich öfter daneben liege, aber nur so lernt man was dazu und schärft seine Sinne! Der angenommene Grauburgunder war ein Chardonnay, der Spätburgunder dann ein Treffer!, aber was kam da zum Hauptgang? Ein sehr üppiger und weicher Wein, hat mir zum Essen (Fleisch) sehr gut gefallen, mein Tipp Merlot wurde aber verneint und mit Cabernet Sauvignon gekontert. Nach Auflösung und Recherche „Minutenglück“ vom Weingut Ökonomierat Johannes Kleinmann aus der Pfalz, eine Cuvee aus Cabernet Sauvignon und Merlot. Matthias Kleinmann führt das traditionelle Weingut in Birkweiler (südliche Pfalz) „lagenhaft“ souverän, ich war auf die Nachprobe gespannt!

Dunkelroter Wein, in der Nase Beeren, Pflaume, etwas Holz und Schokolade, am Gaumen überraschend weich, die Säure vom Holz gezügelt, mit viel Körper und alkoholisch, dadurch schön langer und feuriger Abgang, Bordeaux-Stil rechtes Ufer, St. Emilion oder ähnliches, aber nach Auflösung dann südliche Pfalz. Ganz gut, dass ich schon mit meiner Antwort in Runde 1 auf die Bretter musste.

 

 

Castell

Albalonga Auslese 1990, Lage Schloss Frankenberg, Fürstlich Castellsches Domänenamt, Castell, Franken

 

 

Schon oft im Weinladen in Solingen gesehen, aber bisher noch nie rangetraut: ein gereifter Wein aus der Rebsorte Albalonga, eine Kreuzung aus den 50er Jahren aus Müller-Thurgau und Rieslaner, die in Würzburg gezüchtet wurde. Soll auch wunderbare edelsüße Weine liefern, hier aber eine trockene 90er Auslese mit 12% Alkohol. Da mich die Rieslaner Auslese aus dem gleichen Jahrgang und vom gleichen Erzeuger Fürstliches Castellsches Domänenamt schon vor längerer Zeit begeistern konnte, war ich mal wieder sehr auf diesen alten Exoten gespannt. Leider ist die Albalonga-Anbaufläche sehr geschrumpft (nur noch ca. 14 Hektar in Deutschland) und die Weine sind sehr selten geworden. Kleinere Bestände noch in Franken (2 Hektar), Rheinhessen und in der Pfalz.

Wie schon befürchtet, lieferte ich mir dieses Mal ohne Hilfe aus der Verwandtschaft oder des genialen Francois Audouze einen langen Kampf mit dem Korken. Dieses Mal bekam ich ihn gar nicht aus der Flasche, dafür konnte ich einen Teil aus der Mitte herausziehen und so hatte ich ein durchgehendes Loch. Musste den Wein dann durch einen Filter gießen, was für eine Ochsentour für den Wein, da träumt man sehr von Spezialwerkzeug. Habt Ihr Tipps, wo man das herbekommen kann? Transparente braune Farbe (der Rotschimmer auf dem Foto täuscht), aber der Wein scheinbar unverwüstlich und mit wunderbarer Nase: Grapefruit, kandierte Zitrusschale, Kumquats und Feige, im Mund durch schöne Säure (weniger als beim 90er Rieslaner) und Mandarine überraschend frisch, Mandeln, sehr konzentriert und voll, mächtige Mundfülle, köstlich, langer Nachhall, sehr überzeugender und spannender Wein. Toll, was hier für ein lagerfähiger Stoff in die Flasche gebracht wurde.

 

 

Fazit:

 

Sehr gute Noten für Exoten, probiert mal Rotwein (Pinot Noir oder Mondeuse) aus den Savoyen, Aglianico aus Kampanien, Exoten aus der Pfalz oder Albalonga aus Deutschland und berichtet hier in den Kommentaren. Ohne die Sekte wäre das hier eine 1+ geworden, leider hat mir da die Stilistik nicht gefallen, das kann man eigentlich mit Noten gar nicht bewerten, aber ich wollte die Beschreibung und Bewertung der Schaumweine auch nicht aus dem Beitrag herausnehmen. Trotz finsterer Zeiten hat die Verkostung sonst sehr viel Spaß gemacht und abgelenkt.

Veröffentlicht unter Aglianico del Taburno DOCG, Birkweiler Kastanienbusch, Deutschland, Frankreich, Hessische Bergstraße, Italien, Kampanien, Pfalz, Sannio DOC, Savoyen, Schloss Frankenberg, Ungsteiner Honigsäckel, Vin de Savoie AOC, Vin de Savoie Arbin AOC | Verschlagwortet mit , , , , , , | 7 Kommentare

Hattenheim, das Herz des Rheingaus!

 

 

Hattenheim

Hotel-Restaurant und Weinhotspot „Zum Krug“, Hattenheim

 

 

Viele wollen das Jahr 2021 so schnell wie möglich vergessen, ich kann dagegen hier einen letzten Rückblick und ein echtes highlight präsentieren: ich bekam einen Gutschein für ein Wochenende im „Zum Krug“ in Hattenheim (Rheingau) zum Geburtstag von meiner Freundin im April 2021 geschenkt und konnte ihn dann auch noch tatsächlich zum Ende des Jahres einlösen, was für ein Glück und was für Gastgeber, das Ehepaar Laufer und ihr wunderbares Team sind einfach nur großartig! Der wunderschöne und uralte Gasthof liegt direkt im historischen Zentrum Hattenheims und wurde liebevoll von innen auf einen sehr ansprechenden Wohlfühlstandard  modernisiert. Überall gibt es dazu Details aus vergangener Zeit zu bestaunen, aber natürlich war ich am ersten Abend auf das Essen und besonders auf die dazu empfohlenen Weine gespannt. Zum wunderbaren Mehrgang-Menü gab es vom jungen Sommelier zwei spannende Weine zu verkosten und Küchenchef und großer Weinkenner Josef Laufer ließ es sich nicht nehmen, einen Gang persönlich zu präsentieren und so einen kurzen Kontakt mit seinen Gästen aufzunehmen. Hier macht man vieles richtig und zeigt Herz!

 

 

Hattenheim

Aperitif, gespannte und entspannte Vorfreude, „Zum Krug“, Hattenheim!

 

 

Und dann ging es los: zur Vorspeise kam ein weißer Mischsatz vom Weingut Hanka, Johannisberg! Auweia, natürlich ließ ich mir nichts anmerken! Mir kamen sofort meine ablehnenden Blindverkoster-Thesen aus meinem Oktober Beitrag Jahr 2017 „Gemischter Satz?: einwöchige Wienreise nach Wein...“ in den Sinn. In Wien erschien mir das Aufleben des historischen „Gemischten Satz“ zwar werbetechnisch genial und eine Trendchance zu sein, ich selber wollte in Wien aber lieber klassisch bleiben und Rebsortentypizität und Reintönigkeit verkosten. Schön, dass mich als manchmal zu starr und zu sehr in Kategorien denkender Mensch, meine alten Beiträge und Baustellen wieder einholen! Der „Gemischte Satz“ ist in Österreich nicht nur wiederbelebt, sondern mittlerweile auch äußerst erfolgreich, in Mode und nun auch als Begriff geschützt, so arbeiten die nachziehenden deutschen Winzer mit dem Begriff „Mischsatz“.

Beim „Mischsatz“ des 11 Hektar großen Familienweingutes Hanka (Vater Veit, Mutter Sigrid und Sohn Sebastian) handelt es sich um ein Herzensprojekt von Sebastian, das Traditionen und Ideen der Vergangenheit in die Zukunft überführen will. So heißt der Wein „Zurück in die Zukunft field blend 2020“: früher war es auch im Rheingau üblich, verschiedene Rebsorten wild durcheinander in den Rebgärten stehen zu haben und die Trauben gemeinsam zu verarbeiten. Nach viel Recherche und Überzeugungsarbeit bei den Eltern ging es nach Topausbildung in Wanderjahren für Sebastian Hanka 2015 mit der Mischneubepflanzung auf 0,2 Hektar im Familienbesitz der Toplage Oestricher Doosberg für den Traumwein los. Hier wurden sechs verschiedene, traditionelle Rebsorten neu gepflanzt, die nachweislich schon in vergangener Zeit im Rheingau zu finden waren. U.a. sind das Riesling, Traminer und Gelber Orleans, der Rest ist wohl Geheimsache! Spannend wird es auch durch die Festlegung eines gemeinsamen Lesezeitpunktes und die Verarbeitung von sehr unterschiedlichen Rebsorten. Wie so etwas wohl riecht und schmeckt?

 

 

Johannisberg

Zurück in die Zukunft: Ist das Rebenkunst oder kann das weg? Field blend 2020, Hanka

 

 

Vor allen Dingen wird der Wein auch wunderbar präsentiert, Rheingauer Schlegelflasche (Flöte), wunderbare Korkenqualität (nicht lachen!, das fällt mir wirklich sofort auf!), das Etikett aus feinstem Stoff (das habe ich gelesen!) und was liest man darauf im ausführlichen Text so?: Pressung aller an einem Zeitpunkt gemeinsam geernteten Trauben in einer historischen Korbpresse! Jetzt aber los, wie schmeckt das Zeug? Ganz ruhig!, erst einmal sieht es auch spektakulär aus: goldgelbe Farbe! Dann ein sensationeller Duft nach Quitten, tropischen Früchten und floralen Tönen! Im Mund Pampelmuse mit viel Säure und Bittertönen, große Konzentration, schmelzig, sehr lang, aber auch sehr jung. Bin auf das Alterungspotential gespannt, das kann ich leider überhaupt nicht einschätzen! Auf jeden Fall ein Freakwein für hippe Weinläden in Berlin oder Düsseldorf, einfach nur großartig, dass es den Wein auch noch ganz normal in der Straußwirtschaft (Öffnungszeiten beachten!) bei den Hankas in Johannisberg gibt, auch so ein Ort mit Herz!

 

 

Wuppertal

Exkurs nach Wuppertal, der Ölberg leuchtet!

 

 

Exkurs nach Wuppertal: mal wieder die Dunkelheit ausgenutzt und mich vom Luisenviertel steil zum Ölberg hochgequält, es soll ja keiner sehen, dass ich alt werde und schon leicht ins Japsen komme! Oben residiert seit über 40 Jahren der Weinhändler Stefan Klute in seinem genialen und sehenswerten Weinladen „Est Est Est“! Es gibt extrem viel zu entdecken, das Sortiment profitiert sehr von regelmäßigen Direkteinkaufstouren des Chefs ins Piemont, Burgund, zur Loire, in den Rheingau, zur Mosel oder sonst wohin. Eigentlich wollte ich wieder Klassiker aus alten blog-Beiträgen bei Ihm nachkaufen, doch plötzlich sah ich einige Hanka-Weine, Stefan Klute kennt auch den Krug in Hattenheim und empfahl mir u.a. einen Sauvignon blanc. Kommt mal vorbei, wenn es dunkel ist und der Ölberg leuchtet, es strahlt aus den Altbauten und Stefan Klute hat schon viel gesehen, erlebt und probiert! Obendrein soll er auch noch ein cooler Musiker sein!

 

 

Johannisberg

Sauvignon blanc 2020 trocken, Weingut Hanka, Geisenheim-Johannisberg, Rheingau

 

 

Volltreffer!, genau ein Wein, der mir noch fehlte, ein deutscher Sauvignon blanc, ganz weit weg von allen diesen übertriebenen Exemplaren, die ich schon im Glas hatte. Als Farbe zeigt er ein blasses Gelb mit grünlichen Reflexen. In der Nase ganz dezenter Duft nach Stachelbeere, Johannisbeere und grüner Paprika. Im Mund sehr ausbalanciert, schlank, frisch, süffig, tropische Frucht und  feine Säure, macht extrem viel Spaß, tolle Entdeckung, Dank vom Weinschank an Familie Hanka und natürlich an Stefan Klute, sein Weinladen heißt nicht zufällig „Est Est Est“, auf dem Ölberg herrscht eine sehr hohe Trefferwahrscheinlichkeit für tolle Weine!

 

 

Asmannshausen

Assmannshäuser Rotwein-Rasselbande: wunderbare Weine und ein starker Neuzugang: Pinot Noir 2016 Assmannshäuser vom Weingut Dr. Corvers-Kauter!

 

 

Aber wieder zurück zum Krug-Abend: der zum Hauptgang präsentierte rote Ortswein eine große Freude, Pinot Noir 2016 Assmannshäuser vom Weingut Dr. Corvers-Kauter, transparentes helles Rot, sehr komplexe Nase, Kirsche, Schlehe,  Gewürze, erdige Noten und Rauch, wow!, im Mund sehr elegant, schönes Spiel zwischen Frucht und Würze, weichen Tanninen und leichter Alkoholnote, dabei so elegant und ausgewogen, intensiv, schöner und langer Abgang, ein Bilderbuch-Burgunder in Bilderbuch-Idylle, der es trotz starker Konkurrenz (siehe Foto oben) locker in die Siegerschankwein-Liste schafft, Assmannshausen, ein Mythos lebt!

 

 

Oestrich-Winkel

Weingut Dr. Corvers-Kauter, Oestrich-Winkel

 

 

Das Weingut Dr. Corvers-Kauter aus Winkel (Oestrich-Winkel) kenne ich schon lange, ich habe schon im wunderschönen Garten gesessen (unbedingt besuchen!), tolle Weißweine getestet, Kleinigkeiten probiert und mich gewundert, warum man nicht schon viel berühmter und teurer ist. Eigentlich habe ich mich darüber auch sehr gefreut! Wie schon geschrieben, die Konkurrenz ist groß! Deshalb muss scheinbar immer eine Initialzündung oder ein besonderer Clou her, um seinen richtigen Platz in den Weinführern zu finden und besser wahrgenommen zu werden. Ab 2018 konnte man 15 Hektar hochwertige Rebflächen (u.a. auch Besitz in den Spitzenlagen Erbacher Marcobrunn, Hattenheimer Nussbrunnen und Rauentaler Baiken) langfristig vom traditionsreichen und wunderschönen Weingut Freiherr Langwerth von Simmern in Eltville anpachten. Die neu dazugekommenen Rebflächen sind in sehr guten Händen und die Philosophie des Weingutes Dr. Corvers-Kauter wurde auch hier mit Umstellung auf zertifizierten biologischen Weinbau sofort konsequent umgesetzt. Hier wird es in den nächsten Jahren sehr spannend, spannend aber auch, was der Freiherr Georg-Reinhard Langwerth von Simmern wohl mit seinem ehemaligen Weingut in Eltville vor hat. Es wurde in einem ersten Schritt viel Platz durch Abriss in der Nachbarschaft geschaffen.

 

 

Oestrich-Winkel

Rheingau-Idylle

 

 

Am nächsten Tag hatten wir noch einen Familienauftrag zu erfüllen, ein Teil der Familie war nämlich schon einige Zeit vor uns 2021 ins Rheingau gereist (nach Johannisberg) und hatte im Rahmen der Reise eine Vergleichsweinprobe mit vier Weinen von vier kleinen Weingütern durchgeführt. Stolzer Sieger hier ein Riesling Kabinett 2020 trocken, Hattenheimer Schützenhaus vom Weingut Stefan Molitor in Hattenheim, den wir am Weingut kaufen und nach Hause mitbringen sollten. Das Weingut Stefan Molitor gehört mit ca. 2 Hektar Anbaufläche sicher zu den ganz kleinen Familienbetrieben, hat diese 2 Hektar aber in sehr namhaften Lagen und gewinnt regelmäßig Preise in der Kategorie Weingüter mit Anbaufläche < 5 Hektar. Das Weingut liegt unauffällig und sehr versteckt in Bahnhofsnähe, wir machten erst mal unfreiwillig einen Gang durch die Gemeinde und konnten dadurch direkt auf die schon erwähnte Lage Schützenhaus schauen, Hattenheim ist neben dem historischen Teil viel größer als gedacht und Standort unzähliger Weingüter.

Spontananruf Handynummer, die auf der Tür des Weingutes stand, die Nachbarschaft fieberte gleich mit, Stefan Molitor meldete sich ganz nett direkt aus den Weinbergen und verwies auf seine Frau, die uns dann die Tür öffnete und sofort zu einer Weinprobe überredete. Der Charme einer dieser kleinen Familienweingüter, es hat uns super gefallen, ich war sehr gespannt auf die heimatliche Nachprobe der gekauften Probewein-Favoriten.

 

 

Hattenheim

Getestete Weine Weingut Stefan Molitor

 

 

Der Riesling Kabinett trocken 2020, Hattenheimer Schützenhaus, mit schöner mineralischer Pfirsichnase, im Mund für einen Kabinett unglaublich voll und kräftig, viel Frucht und Mineralik, ein würziger Abgang. Der Wein kommt von schweren Lehmböden, zeigt dabei ein unglaubliches PLV und ist ein toller Weinwert, hat nur für mich nichts mit einem klassischen Kabinett (Prädikatsstufe) zu tun. Die Weinstilistik geht nicht in Richtung tänzelnde Verspieltheit, Eleganz und Leichtigkeit, hier kommt pure Kraft und Fülle, bekommt man diese Information aber vorher, kann ich mit dem Wein sehr gut leben.

Der Riesling Classic 2020 kommt sehr frisch und jung daher, verhaltener Duft nach gelben Früchten, im Mund Zitrusfrüchte, leichte Bitternote und etwas Mineralik, unterlegt von einer mächtigen Säure, der Wein benötigt dringend noch eine längere Beruhigungsphase und ist nichts für säureempfindliche Genießer.

Wunderbar elegant dagegen die 2020er Riesling Spätlese halbtrocken, „Alte Reben“ aus dem Hattenheimer Rheingarten, die Wurzeln der Reben erreichen das Grundwasser des Rheins. In der Nase Pfirsich und Aprikose, im Mund sehr schlank, leicht mineralisch, sehr fein und süffig. Wunderschöne Spätlese!

Die Riesling Spätlese 2019 aus dem lehmigen Hattenheimer Schützenhaus wieder eher breit und voll, fruchtig und mit feiner Süße, mir fehlt etwas die von der Mosel bekannte Rassigkeit und das damit verbundene Süß/Säurespiel.

 

 

Oestrich-Winkel

Am Bahnhof in Hattenheim!

 

 

Nun sollte es nur mal kurz ins besagte und benachbarte und ebenfalls schöne Eltville gehen, Hattenheim gehört als Ortsteil ja zu Eltville. Hattenheim hat auch einen kleinen Bahnhof und profitiert von Tagesausflüglern aus Wiesbaden oder sogar Frankfurt, bei uns wäre schon die zweite Haltestelle der Hauptpreis gewesen. Leider kam der Zug nicht! Meine Geduld war als der ewige Pendler (siehe allerersten blog-Beitrag, Mai 2017, ein klitzekleines Trauma!) sofort am Ende, ich kam wieder in diese sehr gefürchtete Gewaltmarsch-Stimmung! An den Hattenheimer Weinfässern vorbei ging es am Rhein entlang bis zum schönen Schloss Reinhartshausen. Von dort am berühmten Erbacher Marcobrunn entlang durch das ebenfalls mit Weingütern gespickte Zentrum Erbachs bis zum Haltepunkt Erbach. Und wieder kam kein Zug!

 

 

Erbach

Weingut Schloss Reinhartshausen, Erbach

 

 

Nach Wutanfall meinerseits ging es per pedes wieder Richtung Rhein und  Eltville, wir hatten die Schnauze gestrichen voll, aber wie aus dem Nichts tauchte dann zur rechten Zeit das Cafe Gutshof – Patisserie Pretzel auf, eine Wohlfühloase, genau wie das angrenzende Gutshotel mit viel Landhaus-Stil und Charme, ein Schatz der Familie von Oetinger. Nach Stärkung mit Kaffee und Nervennahrung und deutlicher Beruhigung dann der Schlussspurt nach Eltville. Nach Besichtigung der schönen Rosenstadt und Einkauf von Sekt aus Hattenheim beim schon mal erwähnten Esskork-Service der Besuch des Bahnhofes Eltville. Und es kam wieder kein Zug!

 

 

Eltville

Rhein bei Eltville

 

 

Der Taxifahrer versuchte mich zeterndes und nervlich zerrüttetes Subjekt zu beruhigen und erzählte, dass der Betreiber der Zuglinie namens VIAS ein Segen für seine Branche wäre und regelmäßig Züge einfach ausfallen oder liegenbleiben würden und dann immer riesiges Chaos ausbräche. So kann man die wunderschöne Region Rheingau nachhaltig schaden und abhängen, eine Schande und Frechheit! Wenn ich daran denke, könnte ich mich schon wieder aufregen, nun aber mal endgültig runterkommen, ich hatte da ja noch was zum Nachverkosten mitgebracht!

 

 

Hattenheim

Drei Hattenheimer Sekte!

 

 

Hier kommen meine Silvester-Sekttipps, leider mal wieder total verspätet! Die erste Flasche Sekt vom Weingut Stefan Molitor kaputt, roch nach Kellergeister oder so, wie ich als Kind Kellergeister in Erinnerung hatte (habe da mal heimlich in Omas Kühlschrank an der Pulle gerochen!). Mein Silvester war übrigens sekttechnisch auch ein Desaster, Korkschmecker und Bohnenkraut pflasterten meinen Weg ins neue Jahr! Aber man muss auch mal ein Lob an einen meiner stationären Weinhändler (in Solingen) aussprechen, es wurde sofort eine Ersatzflasche versandt, großes Lob, das war richtig nett! Und ein wenig Erfahrung hat der Weinschank mittlerweile auch, er kauft nun immer zwei Probeflaschen ein, das macht den Aufwand für den blog zwar noch größer, bringt aber in Notsituationen auch echte Glücksgefühle! Die zweite Flasche Sekt Riesling Brut 2018 vom Weingut Stefan Molitor war nämlich in Ordnung und ein großer PLV-Kracher: in der Nase gelbe Früchte und grüner Apfel, im Mund fruchtig, frisch und süffig, schöne sprudelnde Perlage, ein Spaßmacher!

 

Der Barth-Sekt eine Scheurebe Brut, schon im 1. Versuch tadellos und spannend, mit einer extrem expressiven Nase nach Rosen, schwarzen Johannisbeeren und Grapefruit, im Mund sehr frisch, exotische Früchte, Stachelbeere, mir wurde es aber sehr schnell zu intensiv und viel, leider nicht mein Fall, ich hätte einen Riesling-Sekt probieren sollen, hier ist so viel Potential vorhanden, habe einfach die falsche Rebsorte erwischt, dabei mag ich Scheurebe eigentlich sehr. Das war wohl mal wieder Künstlerpech! Behalte das VDP-Weingut Barth aber im Blick und teste sofort wieder, wenn ich etwas finde!

 

 

Hattenheim

Weingut Irene Söngen

 

 

Der Riesling Sekt 2019 brut vom Weingut Irene Söngen dann wieder was für mich, schöne Zitrusnase, etwas Holunder, druckvolle, recht kräftige Perlage, trocken, aber mit Frucht, sehr süffig und schmelzig, schöner Sekt mit sehr gutem PLV! Das Etikett erinnert allerdings sehr an einen Zaubertrank aus der Apotheke, aber bitte nicht ändern, ist originell und hat Alleinstellungsmerkmal.

1994 gegründetes 8 Hektar-Weingut, das Ehepaar Söngen lieferte sogar in den Aufbaujahren an die örtliche Winzergenossenschaft, nun gilt man aber als ewiger Geheimtipp und produziert und vermarktet zum Glück selbst, auch hier muss ich unbedingt mehr vom Sortiment entdecken!

 

 

Oestrich-Winkel

Auch der Rheingau leuchtet!

 

 

Hattenheim

Pfaffenberg 53

 

 

Als Mensch mit früher eigentlich sehr guten Nerven benötigte ich nach der unendlichen Zuggeschichte nun noch  mal dringend Entspannung, es ging direkt in einen weiteren hotspot Hattenheims, uns war aufgefallen, dass sich was im Innenhof des altehrwürdigen Weingutes Schloss Schönborn getan hatte, hier war verblüffend viel los! Das bekannte Rheingauer VDP.Weingut Künstler, eigentlich weit im Osten am Main in Hochheim ansässig, hatte die Gunst der Stunde genutzt und wertvolle Lagen vom Grafen Paul von Schönborn langfristig gepachtet (schon wieder so eine Geschichte!, läuft da gerade Wein-Monopoly im Rheingau ab?). Und auch für den Innenhof des Weingutes mit spektakulärem Blick auf den Rhein wurde ein neues Konzept erarbeitet, eine wunderschöne location mit dem Abverkauf aller Schloss Schönborn Weine (es werden keine neuen Weine mehr produziert werden!) und natürlich auch mit vielen offenen Weinen vom genialen Weinmacher Gunter Künstler im Ausschank! Da war der Weinschank natürlich gespannt und aus nostalgischen Gründen voreingenommen, halbblinde Probe, ich hätte gerne einen Schloss Schönborn-Sieger gehabt, aber es gab für mich nur einen eindeutigen Sieger und der kam aus dem Hause Künstler!

 

 

Hattenheim

Tolle Chillout-Zone in Hattenheim!

 

 

Bei den verkosteten Weinen gewinnt für mich ein ganz starker Chardonnay 2020 „Kalkstein trocken“ vom Weingut Künstler, ein VDP.Gutswein, also Basis und eine immer vielbeachtete Visitenkarte des Weingutes, hier wirklich eindrucksvoll gelungen, aber leider preislich auch kein Schnapper mehr: strohgelbe Farbe, in der Nase Birne, Mandel und etwas Butter, im Mund wunderbare nussige Noten, sehr schmelzig, milde Säure und dazu mineralische Töne im Abgang,  wo ist man hier?, besonders wenn man weiter unten auf der Terrasse auf einer Liege liegt, Chablis?, Meursault?, tatsächlich Rheingau, die Lage heißt Hochheimer Herrnberg, liegt ganz im Osten am Main und ist für ihren hohen Kalkanteil im Boden bekannt. Ich war sehr begeistert und überzeugt, mein Favorit!

 

 

Hochheim

Toller Chardonnay 2020 Kalkstein von Künstler!

 

 

Fazit: Entdeckt doch mal 2022/23 den Rheingau und den Krug in Hattenheim, ein idealer Ort (nicht nur für Weintrinker), um alle Klassiker (z.B. Kloster Eberbach, Schloss Johannisberg und Vollrads, die berühmte Tour um Rüdesheim und auch die schöne Stadt Wiesbaden), wunderbare Gastronomie und viele Weingüter zu entdecken, vielleicht fährt sogar mal wieder ein Zug! Ich möchte da sofort wieder hin…

 

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Sachsen, ein Weinland ist erwachsen!

Dresden

Wunderschönes Dresden, erlebe Dein blaues Wunder!

Dieses Jahr ging noch ein großer Reisetraum von mir in Erfüllung, 12 Tage Dresden und die Umgebung mit einem kleinen, aber traumhaft schönen deutschen Weinanbaugebiet: Sachsen (518 Hektar, damit kleiner als das Weinanbaugebiet in Wien!)! Allerdings wirkt das Gebiet gar nicht so klein, weil es sich von Dresden am Elbtal entlang bis hinter Meißen zieht. Wir wohnten in der schönen Villa Freisleben im Villenvorort Blasewitz, gar nicht weit von der berühmten Brücke „Blaues Wunder“, dem Schillergarten (hier war wirklich öfter der geniale Friedrich Schiller zu Gast!), den Seilbahnen in Loschwitz und den Elbschlössern.

Blasewitz

Villa Freisleben, Blasewitz, Dresden

Am Ankunftstag waren wir von der langen Anreise geschlaucht und hatten einen Tisch im Restaurant „Villen-Colonie“ um die Ecke reserviert, weintechnisch erwartete ich da eigentlich  gar nichts, doch die Kellnerin war nett und kannte sich aus, unser Hinweis, dass wir auch Rosé mögen, wurde gerne aufgegriffen und es kam ein erster süffiger und überzeugender Wein: das „sächsische Gezwitscher“ vom 7 Hektar großen Familienweingut Matyas aus Coswig. Der Ungar Matyas Probosckai kam 1970 vom ungarischen Weinforschungsinstitut in Budapest in die Weinhauptstadt Sachsens und Nachbarstadt Dresdens, Radebeul, um im Staatsweingut Schloss Wackerbarth beim Aufbau einer Sektkellerei zu helfen. Dort lernte er seine Frau kennen und nach der Wende wollte sich das Paar den Traum von einem eigenen Weingut erfüllen. 1998 war es dann soweit. Coswig liegt westlich von Radebeul, seit 2014 liegt die Verantwortung nun bei Tochter Andrea und einem jungen Team.

Coswig

Rosé 2020, Sächsisches Gezwitscher, Weingut Matyas, Coswig

Die leuchtende lachsfarbene (mit kupferfarbenen Reflexen)  Rosé-Cuvee 2020 duftet nach Erdbeeren, Kirschen und etwas Honig, ist aber sehr schlank und feinfruchtig im Mund, etwas Pfirsich, frische Säure, süffiger Cool-Climate Rosé mit einem leichten Bitterton im Abgang. Sehr gelungen, aber leider wohl schon ab Weingut ausverkauft. Habe den Rosé nach langer Suche dann doch noch in einer Vinothek in Meißen gefunden.

Radebeul

Erlebnisweingut Schloss Wackerbarth, Radebeul

In der Karl May-Stadt Radebeul liegt das sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth, hier arbeitete nicht nur Matyas, hier tauchte auch der Weinschank schon 1995 mit einem Studienkollegen zur Weinprobe auf und erlebte eine kleine Anekdote: die Weine wirkten doch etwas säuerlich und so erdreistete ich mich, bei der Kellnerin nach Knabbereien zu fragen. Das hätte ich besser nicht getan, ich bekam eine richtige Abfuhr, „wenn sie speisen möchten, dann besuchen sie doch bitte eine Speisewirtschaft!“ Kam mir damals etwas sehr unflexibel und unfreundlich vor, deshalb war ich umso überraschter, im Jahre 2021 ein strahlendes „Erlebnisweingut Schloss Wackerbarth“ vorzufinden, in dem es an der Weinausgabe reichlich Knabbereien, Brezel und Käsewürfel gab, eine späte aber großartige Genugtuung! Auch so hatte sich einiges getan, ein moderner Anbau sorgt für reichlich Platz, es gibt nun auch eine eigene „Speisewirtschaft“, Gäste können im herrlichen und zum Belvedere aufsteigenden Garten sitzen, bei Bedarf auch heiraten und die Weine und Sekte schienen mir von ganz anderer Klasse als vor 25 Jahren.

Radebaul

In der Mitte die Grau-/Weißburgunder-Cuvee 2019 vor dem Belvedere des Barockschlosses Wackerbarth

In einem sehr nördlichen Weinanbaugebiet spielt auch immer die Säure eine große Rolle (ich war schon vom Vorgänger-Beitrag Mosel speiseröhrentechnisch  angezählt!), ich mag eigentlich als Blindverkoster diese Weißwein-Cuvees nicht, wie soll man die denn auch erkennen?,  aber von allen offenen Weißweinen von Schloss Wackerbarth gefiel mir ausgerechnet eine Cuvee besonders gut: ein 2019er Grau- und Weissburgunder, den ich blind durch seine nussigen Aromen (hoffentlich) sofort als Grauburgunder identifiziert hätte! Duft auch nach Quitte und Pfirsich. Im Mund zitrische Noten, mineralisch, aber auch sehr süffig, herber Abgang mit gezähmter Säure. Wunderbar, dass es nun auch diverse Kleinigkeiten im fantastischen Ambiente gibt, dadurch sehr entspannender Weingenuss!

Radebeul

Radebeuler Johannisberg! Hoch und weg!

Über das Belvedere des Schlosses ging es steil hoch in die Weinberge und auf verschlungenen Wegen nach einiger Zeit an einer Nebenstelle der Sächsischen Vinothek in Dresden entlang, dem Weinschank an der finsteren Gasse (welch großer Name!).

Radebeul

Überall wird mein Künstlername verwendet, eine bodenlose Frechheit!

Radebeul

Dafür aber perfekte Ausschilderung!

Weiter ging es abwärts durch die berühmte Eisweinlage Paradiesgarten, über den Lößnitzgrund bis zur noch berühmteren Lage Goldener Wagen, um dann hunderte Stufen hoch zum Spitzhaus  zu steigen. Nach einer Erfrischung auf der aussichtsreichen Terrasse des Spitzhauses dann der Abstieg auf der anderen Seite, es ging spektakulär runter in die Weinkernzone Radebeuls, dort liegt auch das Weingut Aust. Eine unglaublich schöne Tour, kann ich jedem nur ans Herz legen, aber wie schmecken denn die gekauften empfohlenen Weine der Sächischen Vinothek in Dresden (an der Frauenkirche) eigentlich?

Dresden

Beuteflaschen nach Beratung in der sächsischen Vinothek und in der Weinhandlung Andrich (Radebeul) !

Der erste Wein vom Weingut Ricco Hänsch gleich ein Treffer, Rebsorte Kerner, eine Kreuzung aus Riesling und Trollinger, leider in Deutschland stark rückläufig im Anbau und unterschätzt, obwohl es in jedem Jahrgang bisher einige sehr interessante Weine gab (auch im edelsüßen Bereich!). Der 2020er Kerner Meißner Kapitelberg überzeugt mit einem Duft nach Aprikose, grünem Apfel und etwas Muskat, im Mund sehr ausgewogen, säurearm, mit deutlicher Fruchtsüße und mineralischer Würze, einfach schon toll jung zu trinken, ein großes Lob!

Erst 2005 gründete der gelernte Werkzeugmacher Ricco Hänsch mit eigener Maschinenbaufirma im Rücken sein eigenes Weingut in Meißen am Kapitelberg. Auf 2 Hektar erzeugt er ca. 8000 Flaschen im Jahr, Konzentration liegt auf Riesling, Müller-Thurgau, Kerner und Traminer.

Noch jünger das Weingut Kastler Friedland in Radebeul-Zitzschewig, erst 2013 gegründet. Bernd Kastler und Enrico Friedland setzen sich engagiert für den Erhalt der Weinberge mit ihrem großen Rebsortenspiegel ein. Ihr Motto „Elbtalweine für Entdecker“ kann gleich in der eigenen Vinothek oder in der Straußenwirtschaft im herrlichen Ambiente umgesetzt werden.

Der Riesling  2019 ebenfalls für mich sehr gelungen: schönes Bukett nach Aprikose und Zitrusfrüchten, Kräutertöne, im Mund schöne Fruchtsüße und klassische Riesling-Säure, alles sehr ausgewogen und süffig, alles in Balance, gefällt einfach! Schöne Entdeckung, habe leider zu spät mitbekommen, dass die Beiden auch Besitz in der Toplage Goldener Wagen in Radebeul haben, da muss wohl nachbestellt werden!

Radebeul

Goldener Wagen, Radebeul

Und dann noch Schloss Proschwitz und die Erfolgsstory des Dr. Georg Prinz zur Lippe, ein Adelsgeschlecht mit westfälischen Wurzeln und ein Mann, der die große Jahrhundert-Chance sah und dann beharrlich und mit viel Herzblut nutzte, um einen großen Traum umzusetzen. Die Rückkehr nach der Wende zum alten Familienbesitz nach Meißen. Nach der entschädigungslosen Enteignung 1945 in der Sowjetzone war es mit der Gebäudesubstanz und  auch den Weinbergen kontinuierlich bergab gegangen, eine unglaubliche Leistung, was  dann in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde, eine gigantische Aufbauleistung, schaut Euch mal den Rundflug über Schloss Proschwitz auf der Internetseite des VDP-Weingutes an. Wunderschön und der Prinz setzt unermüdlich immer weitere Ideen um, Neubepflanzung verschwundener, ehemals berühmter Weinberge auf der anderen Elbseite, Expansion nach Weimar, Kulturprojekte und v.a.m.. Ein Glücksfall für Meißen und die ganze Region.  Mittlerweile ist man bei stolzen 90 Hektar und das größte Familienweingut im Osten, einige der ca. jährlich erzeugten 400 000 Flaschen kann man sogar in meiner Heimatstadt Münster in der Weinabteilung bei Karstadt erwerben.

Der Goldriesling, eine Kreuzung, die 1893 im Elsass aus Riesling und Früher Malingre entstand, gibt es heute in Deutschland nur noch nennenswert mit kleinen Anbauflächen in Sachsen. Bei Schloss Proschwitz überzeugt der VDP.Gutswein 2020 mit hellgelber Farbe, einem schönen Bukett nach Apfel, einer feinen Muskatnote und Würze, im Mund Grapefruit, deutliche Säure und ein ebenfalls würziger Abgang. Hat mir auch gut gefallen!  Damit alle drei Weine in der Siegerschankweinliste, wer hätte das gedacht?, nur richtige Schnapper waren leider nicht dabei. Habe in einem tollen Weinladen „Edelrausch“ in Dresden-Blasewitz die Bemerkung „Angebot und Nachfrage!“ gehört und den Verkäufer dabei grinsen sehen, aber Recht hat er!

Meißen

„Kleine“ Weine von Martin Schwarz, Meißen

Martin Schwarz war Kellermeister bzw. später dann beratender Kellermeister beim Schloss Proschwitz mit großen Erfolgen und entschied sich trotzdem oder gerade deshalb  2013 für die Selbstständigkeit in einem eigenen Weingut bei Meißen. Er ist in der Gastronomie in Dresden und Umgebung omnipräsent, ein echter Holzkünstler, in solchen Breitengraden ein riesiger Vorteil,  Zähmung der teilweise heftigen Säure, bei gleichzeitiger Herausarbeitung der Typizität der Rebsorte,  eine bewundernswerte  Gabe!

Der Müller-Thurgau 2019 ein wirklich starker Vertreter seiner Art, in der Nase florale Düfte (Blumenwiese?), Aprikose und etwas Muskat, im Mund sehr viel Schmelz, wenig Säure, sehr süffig und breit, etwas Würze und ein ordentlicher Abgang, unbedingt mal probieren, hat mich positiv überrascht! Ich weiß genau, was nun passieren wird, die Franken werden mich auf dem Kieker haben, sie lieben ihren Müller-Thurgau nämlich wirklich und reagieren bei Konkurrenz meistens allergisch. Bin gespannt!

Auch der „kleine Schwarz“ ein kleines süffiges Meisterwerk, jahrgangslos, aber nicht charmelos, hatte auf Holzeinsatz getippt, lag dabei aber völlig daneben, 100% Ausbau im Edelstahltank, in der Nase Zitrusfrüchte, Apfel, Birne, sehr viel Schmelz und perfekt eingebundene Säure, frisch und fruchtig, ein richtiger Spaßmacher! Aber was ist da drin? Riesling, Silvaner und Scheurebe? Netter Versuch, Herr Weinschank, sie werden aber immer ein Anfänger bleiben: Riesling, Weißburgunder und Müller-Thurgau! Ich schrieb ja schon. ich bin kein Freund von diesen Cuvees, aber auch hier habe ich gesündigt, in Dresdner Restaurants habe ich den wiederholt geordert, weil er mir wirklich super geschmeckt hat, als blogger natürlich auch ein grober Anfängerfehler, da nimmt man sich selber alle Chancen für Neuentdeckungen, ich muss wirklich an mir arbeiten!

Radebeul

Lößnitzgrundbahn

Findet man in Ostdeutschland großartigerweise noch öfter, Dampflokomotiven, die täglich noch nach einem regulären Fahrplan fahren, aber die Strecke der Lößnitzgrundbahn in Radebeul ist schon noch etwas ganz besonderes. Der Zug quält sich erst dampfablassend und tutend parallel zur Elbe durchs untere Radebeul-Ost, überquert dann eine Straße und damit auch eine Straßenbahnlinie und biegt dann rechts ab, um spektakulär auf die terrassierten Weinberge zuzuhalten, die steil links und rechts im Hintergrund als Sperrmauer emporragen. Man rechnet fest mit einem Tunnel, doch es geht durch ein tief eingeschnittenes, finsteres Wald-Bachtal kilometerweit leicht bergan. Man erreicht mit dem Bahnhof Moritzburg die wunderschöne Seen-Landschaft rund um das Schloss Moritzburg („Drei Nüsse für Aschenbrödel“), hier musste ich einfach die absolute Romantikkarte ziehen und noch für eine Kutschfahrt vom Schloss zur Churfürstlichen Waldschänke Moritzburg sorgen, eine empfohlene Adresse, die nicht enttäuschte.

Moritzburg

Schloss Moritzburg

Moritzburg

Kutschfahrt Moritzburg

Zwei sehr schöne Sekte , man lasse sich allerdings nicht durch die eigenartigen Bestimmungen der gesetzlichen Grundlagen für Sekt hinters Licht führen, „trocken“ bedeutet beim Sekt z.B. ein Restzuckergehalt von 17 bis  32g/Liter. Also alles andere als trocken. Die Cuvee Tradition von Wackerbarth scheint aber in der unteren Range zu liegen und wirkte nicht süß. Bei blassgelber Farbe duftet sie nach Apfel und Holunder, wirkt im Mund sehr fruchtig und süffig und besitzt eine sanfte, zurückhaltende Perlage. Empfehle ich als Kompromiss-Sekt für Silvester!

Die halbtrockene (wir sind hier im Bereich zwischen 32 und 50g Restzucker pro Liter)  Cuvee Tradition glänzt mit goldgelber Farbe, Duft nach reifen Früchten und Fruchtsüße im Mund, die durch eine straffe Perlage in Schach gehalten wird. Im Abgang etwas herbe Töne, auch diese Cuvee ist gelungen und wird ihre Liebhaber finden.

Churfürstliche Waldschänke Moritzburg

Sekte Cuvee Tradition trocken und halbtrocken.

Ich liebe einfach solche Urlaubstage, in denen scheinbar mühelos alle Pläne aufgehen. Dass die Tour dann doch nicht perfekt endete, war wohl meinem Übermut geschuldet, ich war aber auch sehr von Landschaft und der Bahnstrecke fasziniert und wollte einfach noch mehr sehen. Als wir zwischen zwei Seen hindurch unter Zeitdruck noch gerade den nächsten Halt Cunnertswalde erreichten, bemerkte ich auf der Abfahrtstafel, dass der Zug nur noch ab Moritzburg zurückfuhr. Das bedeutete einen langen ungeplanten Spaziergang auf den Schienen entlang bis nach Moritzburg. Von dort fuhr zum Glück ein Schnellbus direkt nach Dresden, ein Tipp von einem lokalen Busfahrer (tausend Dank vom Weinschank!), wir hätten sonst sehr lange auf den wirklich allerletzten Zug warten müssen.

Karl May Museum

Karl May

In Radebeul kommt man an Ihm nicht vorbei, dem sächsischen Lügenbaron Karl May, mit eigener Villa Shatterhand und Holz-Villa Bärenfett im Garten. Geächtet (warum eigentlich?, der Knastbesuch entstand wohl eher aus Verleumdung in seiner tiefsten Lebenskrise), aber zum Glück für seine überbordende (und super recherchierte) Fantasie millionenfach geliebt, interessanter Museumsbesuch, was da alles so gesammelt wurde und wie sich DDR-Bürger in die innere Emigration zurückzogen und plötzlich als Indianer leben wollten. Und gleich ein Anschiss im Museumsshop („Die Postkarten bleiben hier, die können sie nach der Besichtigung kaufen!“), die Frage nach den Knabbereien habe ich mir bei der resoluten Frau dann  doch lieber geklemmt. Aber was hat das alles mit Wein zu tun? Schaut doch, was es im Museums-Shop zu kaufen gab: Weine vom Weingut Karl May aus Rheinhessen! Super Idee, ich kannte das Weingut aus Rheinhessen schon vorher, aber da hat jemand Humor bewiesen und wahrscheinlich  damit auch große Synergieeffekte gehoben!

Osthofen

Karl May Weine, Osthofen, Rheinhessen

Der Exkurs nach Rheinhessen soll natürlich ganz kurz ausfallen, soso, Blutsbruder 2018, für immer vereint, wenn ich mich nicht irre!, ganz im Gegenteil, wir gehen mal lieber getrennte Wege, das ist so einer der Weine, mit der man mich jagen kann, dunkel, konzentrierter Beerenduft und brandig, man schmeckt den Alkohol deutlich durch, einfach zu viel des Guten, aber vielleicht wie die Bücher Karl Mays ein Liebling der Massen. Rebsorten Dornfelder und Merlot!

Viel besser, mit tollen Anlagen der Pinot Noir Geyersberg 2018, schöne helle transparente Farbe, feiner Duft nach Beeren, etwas Rauch, leider noch zu jung, dadurch eher kräftig als fein im Geschmack, noch etwas ruppig und kantig, weglegen!

Mein Favorit aber der Frühburgunder 2016 Vordere Mulde, sehr fein und kühl wirkend, Beeren, Mineraltöne, feine Tannine, frische Säure, schöner langer Abgang. Top!

Radebeul

Villa Shatterhand

Mit Leihfahrrädern ging es an einem anderen Tag an der Elbe entlang Richtung Meißen. Je mehr man sich dem Porzellanstädtchen näherte, um so mehr erinnerte das oft wechselnde und in immer wieder anderen Farben schimmernde Gestein an die Nahe. Um Meißen gibt es neben verwittertem Felsgestein wie Syenit und Monzonit, auch  Granit-/ rote Granit- und Riesensteingranitböden, dazu Vulkangestein wie Porphyr und Rhyolith. Genau wie an der Nahe ein geologisches Schatzkästlein auf engstem Raum. Nach schöner Einfahrt in Meißen besuchten wir das uralte und wunderschöne Weinrestaurant des Weinguts Vincenz Richter. Hier konnte man sich im verwinkelten und museumsähnlichen Ambiente glasweise durch das Sortiment verkosten, aber auch ganz toll essen. Auf den engen Stiegen konnte man sich allerdings auch ganz hervorragend den Hals brechen, mit ganz viel Glück blieb uns das noch so gerade erspart! Ich war gespannt, ob die beiden ausgesuchten Weine auch bei einer Nachprobe bestehen würden, ich hatte mich im „Weinladen“ Meißen eingedeckt.

Meißen

Dom zu Meißen

Meißen

Auxerrois feinfruchtig und Riesling 2020 Kapitelberg, Vincenz Richter

Der Auxerrois feinfruchtig vom Weingut Vincenz Richter völlig anders als sein geliebter Namensvetter trocken vom Weingut Klumpp aus dem Kraichgau (Baden): aber auf seine Weise auch besonders und spannend, in Sachsen selten zur Reife kommend und ohne Jahrgangsbezeichnung auf dem Etikett (aber wohl Jahrgang 2019?), in der Nase tolle Aromen von Birne und Quitte, im Mund schöne Fruchtsüße. dazu dezente, milde Säure, eine gewisse Würze im Abgang, super, hat mich sofort an asiatisches food-pairing denken lassen, damit hat man als Sommelier(e) die show im Kasten, da kommt keiner der Gäste drauf und bei Auflösung glänzt dann auch noch diese besondere bauchige  sächsische Flaschenform!

Der Riesling trocken 2020 vom Meissner Kapitelberg mit interessanter Kräuternase und Pfirsichnote, im Mund schon überraschend harmonisch, milde Säure, sehr fruchtig und breit, dadurch sehr süffig, leicht mineralische Noten im Abgang. Schöner sächsischer Einstiegswein!

Dresden

Evangelische Frauenkirche. Dresden

Zurück ging es auf der anderen Elbseite, mit meinem normalen Fahrrad hatte ich irgendwann Schwierigkeiten meiner Freundin auf ihrem e-bike zu folgen, die Strecke war nicht minder schön, auch die Fahrt auf Dresden zu (mit der herrlichen Silhouette) und an den vielen gastronomischen Elbgärten vorbei, einfach traumhaft! In Dresden spielt Wein wieder eine große Rolle, es gibt tolle Restaurants, Weinläden, die sächsische Vinothek an der Frauenkirche und auch einige Weinbars, zwei hochgelobte locations  musste ich unbedingt testen. Eindeutiger Sieger für mich die Weinzentrale in Dresden-Neustadt, hier gab es auf Empfehlung glasweise die Weißburgunder & Grauburgunder-Cuvee 2020 vom Radebeuler Weingut Karl Friedrich Aust, die einschlug. Schönes Ambiente, sehr entspannte Atmosphäre, leckere Kleinigkeiten, hier fühlte man sich sofort wohl!

Dresden

Großartige Weinzentrale, Dresden-Neustadt

Radebeul

Weißburgunder und Grauburgunder Cuvee 2020, Weingut Aust, Radebeul

Das Weingut Aust in Radebeul ist und liegt wunderschön, Und auch die Cuvee aus Weißburgunder und Grauburgunder 2020 hat mich sofort überzeugt: schöner floraler Duft und reife Birne, im Mund Zitrusfrüchte, kräftige Säure, Mineraltöne und langer, würziger Abgang. Einer meiner großen Favoriten, natürlich auch wieder Cuvee, da habe ich echt dazugelernt!

Beim Besuch einer anderen Weinbar versuchte man die doch sehr beliebige und qualitativ schwankende sächsische Weinauswahl mit endlos langem Werbegeplapper schön zu reden, ich kann so etwas einfach nicht leiden, erinnerte mich an Gehirnwäsche, ich war froh, als die Tortur vorüber war.

Weingut Klaus Zimmerling

Skulptur und Rysselkuppe

Und zum Abschluss besuchten wir noch zwei große Stars in der Nähe des Schlosses Pillnitz elbaufwärts, Richtung Sächsische Schweiz, aber noch auf Dresdener Stadtgebiet.. Hier haben sich der weintechnische Autodidakt Klaus Zimmerling und seine immer bekannter werdende Frau, die Bildhauerin Malgorzata Chodakowska, ein Paradies geschaffen. Nachdem man sich nach der Wende durch Glück und Geschick Weinbauflächen unterhalb der sog. Rysselkuppe von der ehemaligen Genossenschaft durch Kauf sichern konnte, begann eine tolle Erfolgsstory. Unterhalb des Weinberges wurde ein Stollen in den Berg getrieben, um optimale Voraussetzungen für die Verarbeitung der Trauben zu gewährleisten. Der Eingang wurde mit zwei Türmen „gesichert“ und mit viel Sandstein warm gestaltet. Im Internet erinnerte mich das Weingut an die Wohnung von Bilbo Beutlin aus dem Herr der Ringe.

Pillnitz

Gutsausschank Klaus Zimmerling

Doch als wir nun wirklich um die Ecke kamen, wurde in Hobbingen gerade gebaut, ein großer Rundbau entsteht (neue Vinothek) und auch an der kleinen Zufahrtsstraße wurde gewerkelt. Trotzdem schien sich niemand dem Zauber dieses Ortes entziehen zu können, man schaut von der Terrasse weit ins Auenland, äh Elbtal, hinein. Überall stehen die fantastischen Figuren der Bildhauerin, mal mit und mal ohne Wasseranimation. Dahinter der steil aufragende, an eine Stufenpyramide erinnernde Weinberg Rysselkuppe. Mittlerweile ist das Weingut Mitglied im VDP und konnte sich auch Flächen am ehemaligen königlichen Weinberg Pillnitz sichern. Erst in den 80er Jahren begannen Feierabendwinzer die brachliegenden Weinbergsflächen neu zu reaktivieren. Die Wanderung vom Weingut Zimmerling zum königlichen Weinberg über verschlungene Wege ist großartig und nur zu empfehlen.

Pillnitz

Pillnitzer Königlicher Weinberg

In die Flaschen des Weingutes konnte ich mich als Fan der Bildhauerin nur verlieben, weil in jedem Jahrgang ein anderes Werk der Künstlerin als Etikett auf die Flaschen kommt. Aber sollten uns die Weine auch blind überzeugen? Die Menge ist jedes Jahr knapp, Klaus Zimmerling füllt schon in 0,5 Liter Flaschen ab, mein Favorit vor Ort im Gutsausschank, ein Riesling R 2019, war schon käuflich nicht mehr zu erwerben. Immerhin konnten wir drei verschiedene Weine erwerben und zuhause blind verkosten.

Pillnitz

Drei Probierflaschen Zimmerling

Mein Lieblingswein der Spätburgunder 2019 Rosé Illusion, ein ganz heller und sehr feiner Wein, duftet nach roten Beeren und schmeckt sehr ausgewogen und harmonisch, im Mund Frucht und gut eingebundene Säure, schöne Länge. Der Rosé hätte sehr schön in meiner großen Rosé-Probe mitgemischt, eine Option auf den Sommer. Und als Blindverkoster schreibe ich es noch Mal nur ungern, ich liebe diese Etiketten!

Dresden

Ein Blindverkoster verfällt den Zimmerling-Etiketten!

Der Grauburgunder  2019 R  kommt mit goldgelber Farbe ins Glas, in der Nase viel Apfel, aber auch feine florale Noten, im Mund sehr voll und fruchtig, viel Schmelz, fein unterlegte Säure, auch Mineraltöne, langer Abgang. Genau wie der Rosé von der Sächsischen Prüfkommission als nicht typisch  zum „Sächsischen Landwein“ abgestuft, erinnert mich hier an die tollen Weine von Hans Peter Ziereisen aus dem Markgräfler Land, die teilweise ebenfalls dieses (erfreuliche) „Schicksal“ als „Badischer Landwein“ teilen. Was die Einen untypisch nennen, nennen die Anderen aufregend anders, mir gefiel der Wein sehr gut, ich konnte ihn allerdings blind auch nicht als Grauburgunder zuordnen.

Zum Schluss noch ein elegantes Flaggschiff aus VDP.Grosser Lage, ein trockener Gewürztraminer 2017 aus dem Pillnitzer Königlichen Weinberg. Das große Gewächs (GG) benötigt Luft!, in der Nase dann feine Rosen- und Muskatdüfte, im Mund sehr schlank, Birne und exotische Früchte, bei moderater Säure, die als Regulator im Hintergrund bleibt, ein sehr interessanter Wein und Exot!

Fazit: 

Schon 1995 habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie das Weinanbaugebiet Sachsen wohl sein Profil finden und schärfen könnte, voll auf Traminer oder Goldriesling oder Sekt setzen? Die vergangenen Jahre haben eine viel bessere Antwort gefunden, als nördliches Weinanbaugebiet spielt die Vielfalt der Rebsorten nämlich eine sehr große Rolle, Sachsen glänzt mit über 50 verschiedenen Rebsorten im Anbau, damit haben die Winzer bei manchmal wirklich widrigen Witterungseinflüssen alle Möglichkeiten spontan zu reagieren  und Vorteile bestimmter Rebsorten auch in Cuvees auszunutzen. Die Weingüter Klaus Zimmerling, Martin Schwarz oder das große Gut Schloss Proschwitz sorgen dabei für das überregionale Ansehen.

Wünsche Euch allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch nach 2022, auch ein oder mehrere schöne Gezwitscher, nehmt Euch mal 2022 vor, sächsischen Sekt oder Wein zu probieren und schaut hier wieder rein, es geht bald weiter, ich hab noch so viele Ideen und Themen! Danke fürs treue Lesen!

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Meine erste Weißweinliebe: Riesling von der süßen Mademoiselle Mosella!

 

Schon vor der ersten Rotweinprobe (siehe unter „Über 27 Jahre her, meine erste Rotweinprobe!“) hatte ich durch einen traumatischen Zwischenfall eine Top-Weißweinlage an der Mosel entdeckt: an den leider leeren geerbten Weinregalen meines verstorbenen und gemochten Latein-Doktor-Großvaters stand an der Seite noch sehr sorgfältig per Pflaster „Piesporter Goldtröpfchen Spätlese“ aufgeklebt, mein neugieriger erster Vorstoß zum Weißwein in Deutschland konnte daher eigentlich nur nach Piesport ins Weinanbaugebiet Mosel (damals noch Mosel-Saar-Ruwer) gehen. Aber erst 1999 ging es dann für eine Woche nach Trier und ich entdeckte u.a. durch die Weinprobierstube gegenüber vom Dom die Rieslinge des Weingutes Reichsgraf von Kesselstatt, in Ayl im Restaurant der Familie Lauer erste fantastische Saar-Rieslinge und im Cusanus-Stift (Weinprobierstube) in Bernkastel-Kues dann auch tolle Rieslinge vom Karthäuserhof und Maximin Grünhaus von der Ruwer.

 

 

Piesport

Piesport: Liebe auf der ersten Blick bzw. Schluck!

 

 

Aber so richtig überspringen sollte der Funke erst beim Besuch und  Probieren des Piesporter Goldtröpfchens auf der schönen Terrasse des Weingutes Hain direkt an der Mosel (lateinisch Mosella). Die Weine waren hier anders, goldene funkelnde Schmeichler mit betörender Frucht und einem immer wieder neu begeisternden Süß-Säure-Spiel. Süffige Spaßmacher, dabei elegant und mineralisch. Erst beim zweiten Besuch bei den Hains lüftete der damalige Senior-Chef Kurt Hain für mich das Geheimnis, mir hatten die frucht- bzw. restsüßen Weine so gut gefallen! Bis heute bin ich für diesen Einstieg in die faszinierende Mosel-Weinwelt dankbar, kein Platz für damalige weit vorherrschende Vorurteile gegen Süße im Wein (der Weinskandal, blablabla…), einfach Liebe vom ersten Schluck an und dadurch auch Eintrittstor zu den edelsüßen Weinen. Auf dem wertvollen Besitz an der Top-Lage und dem gelegten Fundament der Eltern (eigenes Restaurant Piesporter Goldtröpfchen) konnte der ehrgeizige und hochtalentierte Winzersohn Gernot mit seiner Frau Susanne spektakulär aufbauen. Mittlerweile gewinnen die Hains Preise ohne Ende (sogar „auch“ mit trockenem Piesporter Goldtröpfchen), wie z.B. den „Deutschen Riesling Cup 2016“ im Hotel Bayrischer Hof in München, noch vor Schloss Lieser, Dönnhoff und anderer namhafter Konkurrenz. Nach vielen Jahren der Ablenkung und des Herumtreibens endlich ein Schritt zurück zu den Anfängen und eine Blindverkostung meiner 2018er Hain-Wein Kellerbestände. Da war ich sehr gespannt:

 

 

Piesport

Probe Weingut Hain Jahrgang 2018 mit einem Piraten.

 

 

Entspannte Weinprobe (ohne Korkschmecker!) auf hohem Niveau. Wer einmal vorurteilsfrei in die Welt der fruchtsüßen Moselweine eingestiegen ist, der vermisst plötzlich bei den trockenen Weinen etwas. Dafür konnte mich aber das feinherbe Goldtröpfchen Alte Reben 2018 sehr begeistern. Blasses Gelb, in der Nase Pfirsichnoten und hefige Mineralik, im Mund feine Säure, Mineralik und Frucht, würziger Abgang, toller Wein.

Und dann die zwei goldenen Spätlesen, beide drehten nach einiger Zeit Belüftung immer weiter auf, der Domherr (Kernlage des Goldtröpfchens) wirkte durch zurückhaltende Säure sehr füllig und barock, süße Düfte von Honig, Birne und Pfirsich, Hefe, überbordene süße Frucht im Mund, dazu dezent Säure, die Klebrigkeit verhindert und ein langer, süffiger Abgang. Wunderbar!

 

 

Piesport

Domherr Spätlese 2018, Weingut Hain

 

 

Die Goldtröpchen Spätlese mit sehr ähnlicher Nase, aber mit viel mehr Säure und dadurch mit diesem faszinierenden Süß-Säure-Spiel, die üppige Fruchtsüße wird durch immer neu anlaufende Säurewellen im Mund in Schach gehalten, Faszination Mosel, Faszination Goldtröpfchen, tänzelnd, verspielt, viel Frucht, süffig. Daumen hoch!

Der Pirat entpuppte sich sogar für mich schnell als Hain-Traubensaft, allerdings ein besonders köstlicher, unbedingt probieren, reine Traubenfrucht,  sehr intensiv!

Auf die Spitze getrieben wurde das Thema Süß-Säure-Spiel von Gernot Hain mit dem großartigen Piesporter Goldtröpfchen Spätlese Felsterrassen 2018: ganz feine, messerscharfe Säure trifft am Gaumen auf klare, üppige Frucht, wie ein hochklassiger Boxkampf im Bantamgewicht, alles so fein und elegant, ein endloser Kampf, der im großem Genuss endet. Glückwunsch nach Piesport für solche Weine!

 

 

Piesport

Piesporter Goldtröpfchen

 

 

Dem Weingut Hain bin ich über die Jahre relativ treu geblieben, aber schon 2002 wollte ich über den Tellerrand schauen und sehen, was die Mosel sonst noch so zu bieten hat und buchte über Weinland Mövenpick (den Lagerhallen-Weinhändler aus der damaligen Gewerbegebiet-Nachbarschaft in Dortmund) eine Mosel-Saar-Ruwer Weinreise. Es ging per Selbstanreise für drei Übernachtungen ins schöne Romantikhotel Richtershof des Weingutes Max Ferd. Richter in Mülheim an der Mosel. Große Versammlung im Hotel, der charismatische Reiseleiter Götz Drewitz stellte sich vor und zum Kennenlernen ging es erst mal mit der ganzen Gruppe in die Remise des Hotels zum Verkosten der hauseigenen Weine.

Das Weingut besitzt Weinlagen in Mülheim (Helenenkloster, Sonnenlay) und Nachbarschaft (Brauneberger Juffer und Juffer-Sonnenuhr, Gracher Himmelreich und Domprobst, Wehlener Sonnenuhr) direkt an der Mosel und produziert spektakuläre feinherbe, fruchtsüße und edelsüße Rieslinge. Leider sind diese großartigen Weine in Deutschland verkannt und so gehen ca. 85% davon in den Export.

 

 

Mülheim

Wunderschöne Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Auslese 2015 Max Ferd. Richter

 

 

Sehr frische und schlanke Auslese, in der Nase Pfirsich, Apfel und Kräuterwürze, im Mund dann deutliche Süße aber auch gleich eine sehr deutliche werdende Säure, faszinierendes Süß-Säure-Spiel, lang anhaltender, fruchtig mineralischer Abgang. Solche Weine sind fantastisch, fallen aber meiner Meinung als Auslese zu schnell in die Schublade Dessertwein. Dadurch beraubt man sich beim food-pairing aber vieler Möglichkeiten und ich meine da nicht nur die asiatische Küche. Hier ist ein besonderer Auslese-Stil entstanden, da sollte man bei Kombinationsversuchen mit Essen ruhig  sehr experimentierfreudig sein.

 

 

Mosel

Er war mittlerweile auch schon da!

 

 

Morgens dann Start mit einem eigenen Bus, Diplom-Geograph Götz Drewitz besonders an der Geologie der Mosellandschaft interessiert, so kam der Bus auf der Fahrt zum ersten Weingut schon mehrmals zum Halten, einige Besonderheiten diverser Lagen mussten erläutert werden, mich faszinierten dagegen eher die weißen Buchstaben der Lagenbezeichnungen, die a la Hollywood in den Weinbergen standen. Nach einigen Sonnenuhren bogen wir in ein Seitental ab und besuchten das Weingut Markus Molitor, Haus Klosterberg. Schon damals wunderte ich mich über das große Lagenportfolio, Markus Molitor hatte frühzeitig trotz aller logistischen Herausforderungen den Weg nach vorn gewählt und sich wertvollen Besitz an namhaften Lagen verstreut über die ganze Mosel (und Saar) gesichert. Der Start begann als 20 Jähriger 1984 im elterlichen Weingut relativ bescheiden, heute ist er durch sein Können, Fleiß und auch Risikobereitschaft  ein berühmter Topwinzer mit ca. 50 Hektar Lagenbesitz geworden.

 

 

Molitor

Drei MM-Auslesen

 

 

Die Lage Ürziger Würzgarten schauten wir uns später mit der Gruppe noch genauer an, am Würzgarten bricht rote Erde aus dem Wittlicher Tal an der Mosel hervor. Das gibt es an der Mosel wohl nur zwei Mal. Die feinherbe Riesling Auslese** 2013 von Markus Molitor erscheint goldgelb und füllig, ist aber in Nase und Mund extrem schlank, fein und elegant. Würzige Kräuternoten, Pfirsich und nasser Stein, wunderbar süffig und ausgependelt, langanhaltender würziger Abgang, schöne Überraschung und ein ganz eigenständiger Wein.

 

 

Ürzig

Ürziger Würzgarten

 

 

Die ebenfalls goldgelbe Riesling Auslese** 2013 aus dem Erdener Treppchen deutlich süßer und fülliger, mit erst versteckter, dann aber sehr angriffslustiger Säure ausgestattet. Ein wirklich toller Wein, hoch bewertet, aber ich habe aus der Flasche an mehreren Tagen nachprobiert, Käse dazu gegessen, die Säure blieb krass, für mich in dem kein Zustand kein Genuss. Hier hilft nur eine sehr lange Lagerung im Weinkeller, um die Komponenten im Wein weiter zu harmonisieren.

 

 

Erden

Erdener Treppchen

 

 

Sehr schön die Riesling Auslese** 2012 Saarburger Rausch, etwas blassere goldgelbe Farbe, fantastische Nase nach Pfirsich, Mandarine, Kräuter und Tee, im Mund opulente süße Frucht, die von der Säure in Schach gehalten wird, dadurch schlank und elegant wirkend.  Der Abgang lang und trotz Süße ein Sieg für die rassige Säure, die mit vermischter Würzigkeit die Oberhand behält. Finde den Wein sehr gelungen, unbedingt noch Jahre weglegen und lagern, die Säure ist zur Zeit auch hier nichts für schwache Nerven.

 

 

Saarburg

Saarburger Rausch

 

 

Auf dem Rückweg stieg dann ein Hüne (über 2 Meter groß!) mit seinem kleinen Sohn direkt aus den Weinbergen kommend in den Bus zu. Martin Kerpen (Weingut Kerpen) war an Bord und wir besuchten mit ihm seine wunderschöne Jugendstil-Villa in Wehlen, in der der Sohn erst mal eine Hausführung mit uns machte und dabei zu großer Form auflief. Martin Kerpen besitzt ca. 8 Hektar auf der anderen Moselseite, darunter Besitz an der weltberühmten Wehlener Sonnenuhr. Er ist auch Vorsitzender vom Bernkasteler Ring, der ältesten Weinversteigerungs-Winzergemeinschaft (Gründungsdatum 29. April 1899) mit aktuell 35 Mitgliedern (u.a. auch Weingut Markus Molitor).

 

 

Wehlen

Wehlener Sonnenuhr

 

 

Die hellgelbe Riesling Spätlese 2020 Wehlener Sonnenuhr mit erdig-mineralischen Tönen und Apfel in der Nase, im Mund etwas Fruchtsüße in Verbindung mit Zitrusnoten, Pfirsich und einer lebhaften Säure, die zur Zeit noch dominant im Abgang ist. Schöner Wein, aber unbedingt noch lagern.

Die Auslese** 2017 aus dem Bernkasteler Bratenhöfchen fließt dicht goldgelb ins Glas, hat ein tolles Bukett nach Pfirsichen, Aprikosen und Honig, im Mund wunderbare Fruchtsüße und deutliche Säure, im Mund wechseln sich Eindrücke von Honig und Grapefruit ab, Säure behält beim langen Abgang noch die Überhand, wunderbarer Wein aber er gehört noch Jahre in den Keller.

 

 

Wehlen

Zwei schöne frische und fruchtsüße Rieslinge vom Weingut Kerpen.

 

 

Weiter ging es zur Ruwer, wo uns Dr. Carl-Ferdinand von Schubert etwas verspätet und in Eile sportlich aus seinem Jeep begrüßte und bei der Vollbremsung kleine weiße Steinchen über den Hof fliegen ließ. Das Anwesen ist eine wunderschöne eigene Welt und besitzt mit Abtsberg, Herrenberg und Bruderberg drei unterschiedliche Terroirs, die sich in Mikroklima, Bodenbeschaffenheit und Hangneigung deutlich unterscheiden. In guten Jahren kann hier großartiges entstehen. Auch die Kellerwelt absolut sehenswert. Ein großer Klassiker am Flüsschen Ruwer, das etwa 2 km später in die Mosel fließt. Auch hier war ich gespannt, wie neuere Jahrgänge schmecken würden.

 

 

Ruwer

Riesling Maximin Grünhaus

 

 

Die 2017er Riesling Spätlese „Abtsberg“ ein Favorit von mir, blasses Gelb, in der Nase Apfel, Zitrusfrüchte, Pfirsich, im Mund sehr feinfruchtig, ganz leichte Honignote, unterlegt mit feiner Säure, langer Abgang mit Mineraltönen. Wunderbar leicht und frisch, trotzdem mit Tiefe, toller Wein!

Die 2018er Auslese Nr. 89 aus dem Abtsberg ging mir dagegen zu sehr in die Karamell-Richtung, das entspricht einfach nicht meinem Geschmack. Wer möchte, kann sich gerne die Superlativ-Beschreibung bei einem bekannten Bremer Weinhändler durchlesen, 98 von 100 Punkten, was hilft das alles?, habe verblüfft festgestellt, dass bei der über eine DIN A4-Seite gehenden Bewertung nicht einmal das Wort Karamell fällt, dafür „die in feinem Honig kandierte Zitrusfrucht“ oder „feines Salz und Schieferwürze“. Ich hätte es lieber knapper und deutlicher, wie schon geschrieben, nicht mein Wein. Aber probiert selbst!

 

 

Saarburg

Menüfolge mit den damals verkosteten Weinen

 

 

Auf der Weiterfahrt zu einem Restaurant an der Saar (Hotel-Villa Keller) dann die Nachricht, dass irgendein weiteres Weingut abgesagt hätte, wir nun dafür aber das Weingut Egon Müller – Scharzhof besuchen würden. Ich konnte mein Glück kaum fassen, denn ich wusste schon damals, dass Egon Müller sensationelle rest- und edelsüsse Rieslinge produziert, die auf den VDP-Versteigerungen Rekordpreise erzielten. Das Vergnügen war aber nur von kurzer Dauer, weil wir den Bus nicht verlassen durften und nur einen Blick auf das schöne Weingut mit der dahinterliegenden Toplage Scharzhofberg werfen konnten. Das wirkte alles sehr aristokratisch und versnobt, es ist allerdings auch nur die eine Seite des Scharzhofs. Später im Restaurant tauchte Egon Müller dann nämlich plötzlich auf und präsentierte fantastische Prädikatsweine (Spätlesen und Auslesen) zum Menu.

 

 

Scharzhofberg

Berühmte Auslese aus dem Scharzhofberg von Egon Müller!

 

 

Die blassgelbe 2018er Riesling Auslese Scharzhofberger vom Weingut Egon Müller duftet nach Apfel und Pfirsich, im Mund dann deutliche Süße exotischer Früchte, fein unterlegte Säure und eine Mineralspur, schön langer Abgang mit deutlicher Süße. Finde die Auslese schon gelungen, hätte aber bei dem exorbitanten Preis mehr Finesse, Spiel und Zug erwartet.

 

Am nächsten Morgen wirkte die Gruppe beim Frühstück doch etwas angeschlagen und gerädert, es war wirklich ein extremer Vortag gewesen und Reiseleiter Götz Drewitz versprach, die Besuche auf Weingütern etwas einzuschränken. Dafür sollte es einen Besuch in Bernkastel-Kues und Besichtigungen weiterer interessanter Lagen geben. Gestartet wurde aber mit einem Besuch im Nachbarort von Mülheim, Brauneberg wurde angefahren und es ging zu Fuß über asphaltierte Wirtschaftswege in Richtung Brauneberger Juffer. Dort standen plötzlich Verkostungstische an einem aussichtsreichen Platz und es gab die ersten Weine vom Weingut Fritz Haag zu verkosten . Der freundliche Besitzer Wilhelm Haag beantwortete geduldig alle Fragen, Sohn Thomas Haag hatte als ehemaliger Kellermeister und Betriebsleiter von Schloss Lieser 1997 den Betrieb tatsächlich erwerben können und war mit gewaltiger Aufbauarbeit beschäftigt, Sohn Oliver sollte dagegen zukünftig in den elterlichen Betrieb einsteigen. Auch meine Frage, warum denn das Weingut den Zusatz Dusemonder Hof trüge, wurde beantwortet: Dusemond war der alte Ortsname von Brauneberg und wies schon damals auf die fantastischen Bedingungen der Weinberge hin: lateinisch mons dulcis, süßer Berg! Das Weingut ist berühmt für seine Konstanz, hier finden sich vom Guts-Riesling bis zu den Weinen aus den VDP.Grosse Lagen überdurchschnittlich viele Treffer. Wilhelm Haag ist dieses Jahr (2021) leider mit 83 Jahren verstorben.

 

 

Brauneberg

Zwei feine Kracher aus zwei großen Brauneberger Lagen.

 

 

Spannende Riesling Spätlese 2018 aus der VDP. Grosse Lage (Brauneberger) Juffer, hellgelb, geheimnisvolle Nase mit steinigen Noten, Grapefruit und etwas Blüten, im Mund schon wunderbar ausgewogen, fein und frisch, Süße und Säure haben angefangen sich zu verbinden, sehr elegant, im Abgang tauchen leichte Karamellnoten auf, die immer wieder versuchen, gegen die zitrischen Noten anzukämpfen, auch mineralische Töne, unbedingt noch lagern, ein schöner Schatz!

 

Eine wunderschöne Riesling Auslese 2019 aus der VDP.Grosse Lage (Brauneberger) Juffer Sonnenuhr: strahlendes Gelb, in der Nase Birne, exotische Früchte und ein Hauch Mineralik, im Mund ein unglaublich feines Süß–Säure-Spiel,  schon recht harmonisch, sehr schmelzig und süffig, wunderbar frische und schlanke Auslese, im Abgang treffen Grapefruit, Honig und etwas Würze aufeinander, macht schon großen Spaß und bietet großes Potential für die Zukunft. Nicht nur eine große Lage, sondern auch eine große Empfehlung, Oliver Haag ist ein würdiger Nachfolger und ein weiterer Topwinzer in der Familie Haag!

 

 

Weinspruch

Der Winzer ist ein großer Faktor!

 

 

Dann ein unvergesslicher Moment der Reise, Götz Drewitz wollte den Besuch des nächsten Weingutes ankündigen, doch der ganze Bus rief „Pause“ und „Feierabend“, so ging es ins benachbarte Städtchen Bernkastel-Kues und ich konnte einen Teilnehmer dort glücklich machen, der unbedingt seiner Mutter den berühmten Wein Bernkastler Doctor mitbringen wollte und bisher noch nicht fündig wurde. Im Weinkeller des Cusanus-Stiftes dann ein Treffer, ich staunte wieder über die breite Auswahl an Moselweinen in den Gewölben.

 

 

Bernkastel-Kues

Bernkasteler Graben, hinter dem Weinbergshäuschen beginnt der Doktor!

 

 

Die Reise war kein Kindergeburtstag und nach einer steilen Klettertour im Ürziger Würzgarten ging es weiter Richtung Leiwen, wir sollten da jemand abholen und mit zu unserem Abschiedsessen ins Restaurant unseres Hotels nehmen. Bei unserer Ankunft stand dieser Jemand allerdings noch in voller Arbeitsmontur in seinem Weingutskeller und pumpte mal schnell eben was für einen Winzerkollegen um,  der sympathische Tausendsassa Heinz Schmitt in Aktion, einer der Mitbegründer der Leiwener Jungwinzer. Dieses Bild werde ich nie vergessen, genau so wenig wie die Nachricht im schwarzen Moseljahr 2010, dass die Winzer Ulrich Franzen und Heinz Schmitt beide kurz hintereinander in Mosel-Steillagen mit Fahrzeugen tödlich verunglückt sind. Da zeigte die liebliche Mosella mal ein ganz anderes Gesicht, Respekt für alle Steillagen-Winzer, die sich bei aller schweren Arbeit täglich auch einem lebensgefährlichen Risiko aussetzen. Seit diesen schockierenden Nachrichten sehe ich auch noch mal die Flachland-Winzer mit ihren Vollerntern mit ganz anderen Augen. Silvi, die Frau von Heinz Schmitt, konnte mit Hilfe des treuen Kellermeisters Erich Clüsserath und anderer Winzerkollegen das Weingut solange weiterführen, bis Sohn Carlo in den Betrieb einsteigen konnte.

 

 

Leiwen

Alte Schätze und die Zukunft: Weingut Carlo Schmitt.

 

 

Back to the roots, fast 85 Jahre alte Riesling-Rebstöcke im Neumagener Rosengarten bilden nun die spektakuläre Basis für das neu aufgestellte Weingut Carlo Schmitt, viele zugepachtete Flächen in Top-Lagen der alten Mosel-Weinkarte wurden abgegeben, die Rebfläche sank von 22 auf 2 Hektar. Die Fläche im Rosengarten konnte noch von Heinz Schmitt selbst erworben werden, Carlo fühlt sich diesen alten Rebzeilen besonders verbunden. Irgendwo in der Nähe thront der Uhu. Die 2018er Auslese hat mir sehr gut gefallen, helles Gelb, in der Nase Birne, erdige Noten und Kräuterwürze, im Mund ein Hauch Karamell, zurückhaltende Süße und frische Säure, schönes Spiel, schmelziger Abgang.

Spektakuläre 2007er Beerenauslese aus dem Schweicher Annaberg, honiggelbe Farbe, intensiver Duft nach exotischen Früchten, Honig und Kräutern, im Mund überraschend fein, Mandarine, Honig und Würze, wunderschön unterlegt mit Säure, langer Nachhall, absolut begeisternder Süßwein!

Der 1998er Eiswein aus dem Leiwener Klostergarten mit unfassbarer Farbe, intensives bernsteinfarben mit orangenen und bräunlichen Reflexen, in der Nase Orangenzesten, Kräuterwürze und Mineralik, im Mund durch immer noch quicklebendige Säure überraschend schlank, Mandarine, Kräuter und im Hintergrund auftauchende Süße, sehr elegant und zurückhaltend, auch im Abgang sehr frisch und säurebetont, eine ganz eigene Erfahrung.

 

 

 

Mülheim

Letzter Abend im Ballsaal Weinromantikhotel Richtershof

 

 

Das große Finale im Restaurant „Ballsaal“ des Hotels Richtershof mit Reiseleiter Götz Drewitz, der netten Weingruppe und vielen Winzern wie Wilhelm Haag, Martin Kerpen, Heinz Schmitt und Überraschungsgast Thomas Haag von Schloss Lieser, es wurde noch mal ganz groß aufgetischt und ausgeschenkt.

 

 

Lieser

Sensationeller Kellerfund!

 

 

Obwohl die Moselreise nun schon so lange her ist, spuken mir immer noch viele Bilder im Kopf herum, vieles habe ich echt nicht vergessen, ein großartiger Impuls für meine Weinleidenschaft, zum Abschluss noch ein sensationeller Kellerfund: eine Riesling Auslese 2011 Lange Goldkapsel Niederberger Helden vom damaligen Überraschungsgast Thomas Haag von Schloss Lieser. Goldener Nektar, zähflüssig, wunderschöne Nase mit Aromen nach Honig, Orangenzesten, Pfirsich. Melone und Ananas, im Mund wunderbar füllig und dicht, Honig, Rosinen, Mandarine, grandioses Süß-Säure-Spiel, Mineraltöne, extrem langer Abgang, ganz großer Wein, ich hätte blind eine Beerenauslese vermutet, fantastisch!

 

Und noch letzte Gedanken zu den frucht- und edelsüßen Rieslingen von der Mosel. Hier ist nicht die Süße das Problem, die Säure des Rieslings ist manchmal zu heftig, hier hilft dann nur lange Lagerzeit. Habe schon selbst sehr oft erlebt, dass diese wunderbaren Weine in Weinläden in Deutschland von Verkäufern wie Sauerbier angeboten werden („Vorsicht, der ist aber lieblich!“). Durch den dauernden und hirnrissigen Verweis auf einen weit zurückliegenden Weinskandal (mit dem 99% aller Weingüter in Deutschland nichts zu tun hatten) diskreditiert man die aufregendsten und stärksten Weine und sorgt dafür, dass das Ausland dankend zum Zuge kommt. Vielleicht wissen nächste Weintrinker-Generationen diese Weine wieder mehr zu schätzen.

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Zwei Wochen Urlaub in Kappeln an der Schlei, da war für den Weinschank nichts dabei (oder?)…

 

 

Kappeln

Das war Urlaub pur: exotische Getränke und Sitzmöbel!

 

 

Nach den besonders ausufernden Proben für die letzten beiden blog-Beiträge hatte ich mir fest vorgenommen, im Urlaub mal etwas kürzer zu treten und das Thema Wein in den Hintergrund zu schieben. Da kam es mir ganz gelegen, dass das eigentliche Urlaubsziel (Amalfi-Küste in Kampanien, Süditalien) in den Corona-Wirren durch Kappeln an der Schlei in Schleswig-Holstein ersetzt wurde. Eine erste Recherche auf den Weinkarten der Restaurants vor Ort ließ mich dabei sehr zuversichtlich werden, Kappeln an der Schlei?, da ist für den Weinschank doch nichts dabei! Etwas Sorge machten mir dagegen auf der Hinfahrt die drei Übernachtungen in einem Hotel in Hamburg in der Nähe vom Isemarkt in Harvestehude, in den Altbau-Vierteln wimmelte es nur so von Weinläden, Weinbars und Restaurants mit guten Weinkarten, da war totale Selbstdisziplin angesagt! Am ersten Abend gab es ein familiäres Treffen in der „Ufer Restaurant Weinbar“ am Isebekkanal und ich musste eine erste Ausnahme machen, ein alter Bekannter aus dem blog als brandneuer Jahrgang 2020 war zu haben, der Auxerrois (Rebsorte) vom Weingut Klumpp aus dem Kraichgau (Baden), da konnte ich nicht widerstehen.

 

 

Auxerrois

Auxerrois 2020, Weingut Klumpp, Kraichgau, Baden

 

 

Gute Wahl, kam bei meinen beiden Spezis gleichmäßig gut an, was ja schon mal das Wichtigste ist. Strahlende gelbe Farbe, Bläschenbildung im Glas. In der Nase Aprikose und Kräuter, am Gaumen schön fruchtig, feine und milde Säure, sehr frisch und schmelzig, im Abgang eine mineralische Würze. Sehr guter und süffiger Wein, der richtig Spaß machte und perfekt den Urlaub einläutete. Solche Weine wie der 2020er hier von Klumpp schaffen es vielleicht sogar, den Kraichgau zur Auxerrois-Spezialregion in Deutschland zu machen, ich drücke die Daumen!

 

 

Alster

Lautloser Gleiter: der Ü70 Vierer mit Steuermann!

 

 

In den Altbauvierteln rund um die Außenalster, Kanälen und an der Alster selber ist es herrlich, man staunt über die Gebäude, die Gastronomie am Wasser und das Licht, was für eine Lebensqualität in Hamburg! Kaum hat man das für sich positiv abgespeichert, liest man in der Zeitung, dass die Anwohner vom Lärm auf dem Wasser in der Nacht im Sommer schlaflos bleiben, verrückt werden und ultrastrenge Regeln fordern, wer überhaupt noch die verzweigte Wasserlandschaft betreten bzw. befahren darf.    Wir waren natürlich völlig unschuldig und zu  dritt am nächsten Tag auf Fahrradtour an der Alster entlang Richtung Quelle unterwegs, tolle Tour zum Entspannen und alles viel weiter als gedacht, wir schafften es statt zur Quelle nur bis zum Gasthaus Quellenhof im NSG Rodenbeker Quellental (immerhin auch eine Quelle!), dann  ging es nach Stärkung mit Tempo zurück, unser family-guide kannte zum Glück den Weg durch die Innen(Alster)-Stadt, immer cool, wenn Großstädte in die Fahrradweg-Infrastruktur investieren. Aber liegt Hamburg wirklich an der Alster? Ja, auch, aber es war Zeit für die Elbe und es ging am nächsten Tag auf die Süllberg-Terrassen in Blankenese, tolle Aussicht, tolles Essen und dazu ein toller Chenin Blanc aus Südafrika.

 

 

Blankenese

Ausblick Süllberg-Terrassen auf die Elbe in Blankenese

 

 

Blankenese

Gutes Team: Chenin Blanc 2020 von Beaumont aus Südafrika und leckerer Fisch.

 

 

Bot River

Chenin Blanc 2020, Beaumont Family Wines, Bot River, Walker Bay

 

 

Ein 2020er Chenin Blanc vom Weingut Beaumont Family Wines aus dem  Küsten-District Walker Bay (975 Hektar) und der Unterregion Bot River. Hier denkt man sofort an frische Meeresbrise und Cool-Climate-Weine. Blassgelbe Farbe, in der Nase reife Birne und Honigmelone, im Mund dann sehr schlank und frische Säure, Ananas und Limette, im Hintergrund eine ganz leichte herbe Note und auch mineralische Eindrücke. Bei aller Jugendlichkeit schon sehr gut trinkbar, toller Essensbegleiter zum Fisch, hat mir sehr gut gefallen.

1994 verließen die Eltern Jayne und Raoul Beaumont die lokale Kooperative und füllten eigene Weine ab, Sohn Sebastian hat sich mittlerweile einen sehr guten Ruf für außergewöhnliche Chenin blancs erarbeitet. Das Motto „Elegance Over Power“ trifft beim probierten Wein voll zu.

Wunderbarer Zufallstreffer, ein großes Lob auch an das Restaurant unter Leitung vom Sterne-Koch Karl-Heinz Hauser, hier wird sich nicht auf die tolle location verlassen, sondern man setzt voll auf Qualität! Aber von diesen Wein-Zufällen wollte ich ja unabhängig sein und hatte deshalb sechs Flaschen von zuhause mit in den Urlaub genommen.

 

 

Kappeln

Fischräucherei Föh seit 1911

 

 

Und dann Ankunft in Kappeln an der Schlei, Ferienwohnung in einem kleinen Haus direkt neben der traditionsreichen Fischräucherei Föh mit den berühmten Fischbrötchen (gingen weg wie die Leberkäs-Brötchen von Max Liebold in Bamberg!). Was mich an der schönen und gemütlichen Wohnung im Häuschen besonders begeisterte, war das kleine eingebaute Flaschenregal, das ich schnell mit meinen mitgebrachten Flaschen auffüllte, ich wollte mich ja im Urlaub nur auf eine klitzekleine Themenweinprobe beschränken und hatte sogar dazu noch zwei Weine in  Hamburger Weinläden gefunden.

 

 

Kappeln

Sollte in keiner FW fehlen, ein fest eingebautes Weinregal!

 

 

Bevor es an die Probe ging, stellte sich nach einer Niete beim zweiten Restaurantbesuch in Kappeln auch noch ein Treffer ein. Völlig unerwartet tauchte ein hochklassiger Silvaner 2019 Frickenhäuser Kapellenberg VDP.Erste Lage auf der Weinkarte auf, VDP-Weingut Bickel-Stumpf aus Frickenhausen am Main. Den hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm und ich musste ihn unbedingt probieren, das sind immer die schönsten und unvergesslichsten Momente: blassgoldene Farbe, in der Nase betörender Birnenduft, etwas Honig und Graphitnoten, im Mund Grapefruit- und Apfelaromen, frische Säure, cremig und schmelzig, toller Trinkzug, dazu eine ganz feine herbe Note, im Abgang dann mineralisch-würzig, dazu ein superfeines Dorschfilet, ich saß da wie ein Gorilla im Nebel!, was für ein Wein (reiht sich mühelos in die Gruppe meiner Silvaner-Siegerschankweine ein (Suchfunktion benutzen!)) und auch tolles Essen im Pierspeicher in Kappeln, hätte ich doch vorher besser mal den Mund gehalten, toller Abend in Kappeln an der Schlei!

 

 

Frickenhausen

Silvaner 2019, VDP.Erste Lage Kapellenberg, Weingut Bickel-Stumpf, Frickenhausen am Main, Franken

 

 

Und nach langer Einführung nun endlich die Auflösung, ich wollte meine gesammelten Chablis-Bestände im Urlaub testen. Chablis gehört weintechnisch zum Burgund, ist aber nicht mit der restlichen Region verbunden und man spricht daher von einer Satelliten-Appellation. Als einer dieser Kimmeridge-Boden hotspots, die in Frankreich an verschiedenen Stellen an die Oberfläche treten (Loire, Chablis, Champagne), ist das Chablis berühmt für seine feinen, mineralischen Chardonnays. Eine über Jahrzehnte bewährte Chablis-Qualitätspyramide mit vier Appellationen (Petit Chablis AOC, Chablis AOC, Chablis Premier Cru AOC und Chablis Grand Cru AOC) sorgt für den Qualitätsrahmen, die Weine genießen weltweit einen hervorragenden Ruf. Besonders die Grand Cru-Lagen, die weiß rund um das gleichnamige Dorf Chablis durch die grünen Rebzeilen leuchten, sind teilweise unbezahlbar geworden und tauchen in dieser Probe nicht auf. Ich war trotzdem auf die Probe gespannt!, was sollte da eigentlich schief gehen?

 

 

Chablis

Mittelalter,  Chablis Jahrgänge 2015/2016!

 

 

Eine ganze Menge, bei den aufgerufenen Preisen sind Weinfehler besonders ärgerlich und traurig! Auf jeden Fall der Chablis 2015 Premier Cru Fourchaume von Gerard Trembly mit heftiger Salmiaknote und der Chablis 2015 Vent d’Ange von der Domaine Pattes Loup mit laktischen (Milch-) Noten, sehr schade, vielleicht hat ja schon mal jemand diese Weine (Jahrgang 2015!) probiert und kann für Rehabilitation sorgen, dann gerne einen Kommentar schreiben! Was für ein Albtraum-Start in die Probe, jetzt sollte aber etwas von den beiden restlichen Chablis kommen!

 

 

Chablis

Chablis 2015 Premier Cru Les Vaudevey, Domaine Julien Brocard

 

 

Und es kam was: goldgelbe Farbe, in der Nase deutliche Vanille- und Karamelltöne, benötigte viel Luft, um unter der betörenden Vanilleschicht weitere komplexe Duftaromen freizusetzen,  später dann auch Apfel, florale Töne und Mineralien, im Mund sehr wuchtig und voll, buttrig, klar erkennbarer angeholzter Chardonnay aus dem Burgund mit einem würzigen Abgang. Kann man so machen, muss man aber nicht! Die Frage ist, ob man ein einzigartiges Terroir mit besonderen Lagen wie z.B. auch „Les Vaudevey“ mit starkem Holzeinsatz bearbeiten sollte. Holz frisst Säure und macht den Chardonnay so herrlich fett und schmelzig, die Liebhaber solcher Weine werden jubeln,  aber die Gefahr ist immer, dass die eigentlichen feinen Nuancen und besonderen Aromen durch die Bearbeitung übertüncht werden und nicht mehr wahrnehmbar sind. Hier wollte man für mich zu viel, ich verstehe schon, dass man sich bei dem Namen „Chablis Premier Cru“ und der damit verbundenen Preisstruktur im Zugzwang sieht, aber diese Art verbinde ich nicht mit dem Namen Chablis und bevorzuge sie auch nicht. Aber wie seht Ihr das?

 

 

Chablis

Chablis 2016, Les Grands Terroirs, Samuel Billaud,

 

 

Und auch bei der nächsten Flache großes Rätselraten, der Chablis zwar trinkbar, aber völlig ohne Charme und irgendwie ausgezehrt. Nicht, dass wir uns missverstehen, die Primärfrucht verschwindet im Laufe der Jahre, was völlig normal ist, aber statt stärker durchkommender Sekundär- und Tertiäraromen, verharrt der Wein in einem spröden und belanglosen Zustand. Ist das Trinkfenster geschlossen (wie ein geschätzter Instagram-Kollege es immer beschreibt)? Oder vielleicht doch ein Weinfehler? Kann man etwas ableiten, dass mich keiner der Chablis aus den Jahrgängen 2015/2016 überzeugen konnte? Sehr schwierig bei Einzelflaschen-Verkostung, da bin ich alleine überfordert, auch noch in Schockstarre und sehr vorsichtig, da muss zusätzliche Expertise her, erwarte hoffentlich hier oder bei Instagram Kommentare, die vielleicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

 

 

Wagram

Grüner Veltliner 2017, Ried Fumberg, Weingut Soellner, Gösing, Wagram, Austria

 

 

Trübe Gedanken wurden gleich beim nächsten Restaurantbesuch in der benachbarten, winzigen und sehr schönen Stadt Arnis an der Schlei weggeblasen: großartiges Essen auf der Außenterrasse des Restaurants Specht und interessante und mutige Weinkarte mit auch gereiften Weinen. Der Grüne Veltliner 2017 Ried Fumberg vom Weingut Soellner am Wagram hat mich sofort eingenommen und begeistert, schöner Duft von Apfel, Birne, Blüten und etwas Pfeffer, im Mund überraschend voll und kräftig, aber mit schönem Schmelz, süffiger Struktur und einem würzig mineralischen Abgang! Habe mich zuhause auf die Suche gemacht und den 2017er nicht bekommen, aber dafür den 2019er gefunden und bin ebenfalls begeistert! Ich liebe das Reisen, wenn es solche Weintreffer gibt, bin auf weitere Weine vom Weinmacher Toni Soellner gespannt, auch noch alles Bio, der Weinschank zollt schon Dank! Restaurant und Weingut unbedingt probierenswert!

Leider gab es auch ein paar gastronomische Unstimmigkeiten und Enttäuschungen im Urlaub, eigentlich hatte ich das ja erwartet, aber es blieben zum Glück nur Ausnahmen: ob man z.B. in einem sonst sehr guten Fisch-Restaurant einen Mosel-Riesling Kabinett (zugegebenermaßen sehr gut, ab Weingut 8 Euro) für 36 Euro verkaufen muss, ist eine rhetorische Frage! Der Wein überzeugte trotzdem mit schönen Pfirsich-Aromen, einer schönen Säure und einem langen würzigen Abgang. Toller Begleiter zum Fisch!

 

 

Kinheim

Riesling Kabinett feinherb Alte Reben 2018, Weingut Ames, Kinheim, Mosel

 

 

Auch der Weinhandel vor Ort glänzte nicht unbedingt, der Rose-Champagner war ungenießbar und der Barolo 2011 Riserva (stilvoll im Strandkorb probiert!) sehr gewöhnlich. Dafür gab es auf dem Markt in Kappeln feine griechische Spezialitäten und in Arnis besonderen Gin.

 

 

Bürgstadt

Spätburgunder Tradition 2019, Weingut Fürst, Bürgstadt, Franken

 

 

Und der Spätburgunder Tradition (mittlerweile Jahrgang 2019) vom Weingut Fürst aus Bürgstadt (in einem Weinladen in Hamburg erworben!) enttäuscht scheinbar nie, 2017, 2018 und nun eben auch 2019 spitze: sehr helles, transparentes Rot, in der Nase rote Beeren, etwas Kirsche und Rauch, im Mund Sauerkirsche, wirkt leicht und kühl, feine Herbe, sanfte Tannine, noch etwas zu jugendliche, ungezügelte Säure, schöne Länge mit einem würzig-pfeffrigen Abgang, wieder super gemacht und tolles PLV, Glückwunsch zu solchen „Basisweinen“, die Visitenkarte und das Eingangstor in die faszinierende Burgunderwelt des Weingutes Fürst!

 

 

Chablis

Junges Gemüse: Chablis-Jahrgänge 2018 und 2019!

 

 

Und nun noch die jugendlichen Chablis-Jahrgänge, der erste Wein sofort mein großer Favorit, Chablis 2018 von Billaud-Simon: blassgelbe Farbe und beim Geruch und Geschmack ein Wechselspiel zwischen Zitrusnoten und Mineralität, dazu sehr schmelzig und frisch, gut integrierte, nicht zu heftige Säure und lang im Abgang. So stelle ich mir einen idealtypischen Chablis vor, ruht in sich selbst und ist schon jugendlich sehr gut zu genießen und ein guter Essensbegleiter. Top!

Das Weingut Billaud-Simon ist ein großer Klassiker im Chablis mit wertvollen Lagenbesitz (mit jeweils vier Grand Cru- und Premier Cru-Lagen). Bei aller Tradition ist man aber mit der Zeit gegangen, der neue Kellerbau 1991 eröffnete noch mal neue Möglichkeiten und  der Erfolg und klassische Stil von Bernard Billaud und seinem Neffen Samuel gipfelte 2014 im Verkauf des Weingutes an die Domaine Faiveley. Hier hat man frühzeitig versichert, den Stil des Hauses konsequent weiterzuführen,

 

 

Chablis

Chablis 2018, Domaine Billaud-Simon

 

 

Nach einer Niete dann der Premier Cru Fourchaume 2018 von der Genossenschaft La Chablisienne. Zum Glück war nur das Gewicht der Flasche übertrieben, der Inhalt sehr frisch und fein, in der Nase Zitrus, Apfel und florale Noten, benötigt Luft und entwickelt dann im Mund neben Frucht und Honigtönen seine mineralische Rallye bei dezenter Säure, hocheleganter Wein mit schöner Länge, wunderbar! Auch gerne als Essensbegleiter!

Hochgelobte Genossenschaft (Gründungsjahr 1921), soll schon mit dem Basiswein Petit Chablis regelmäßig überzeugen und einen ebenfalls schlanken und mineralischen Stil pflegen. Der PC Fourchaume 2018 bestätigt meiner Meinung nach die Vorschußlorbeeren. Unbedingt die Augen nach Weinen von La Chablisienne offen halten.

 

 

Chablis

Ins Netz gegangen: Chablis 2018 Premier Cru Fourchaume von La Chablisienne

 

 

Zum Abschluss noch ein mustergültiger Vertreter für alle Liebhaber des sehr mineralischen Chablis-Stils oder die, die Mineralität im Wein leugnen: in der Nase noch Zitrusnoten, Apfel, Pfirsich und Kräuter vorherrschend, gibt es im Mund eine kreidig-kalkige Explosion, dabei verblüffend gut ausbalancierte Säure und mit gutem Körper ausgestattet, langer Abgang, straff, elegant und mineralisch, wunderschöner Wein, unbedingt mit Meeresfrüchten oder Fisch testen, super!

Die Domaine Alain Gautheron gehört zum Verband der unabhängigen, französischen Winzer und ist einer dieser relativ unbekannten Stars. Aufhalten kann diese Winzer nur der Klimawandel, immer früherer Austrieb der Reben verbunden mit Wetterextremen (z.B. Frost und Hagel) haben 2021 für heftige Ernteausfälle gesorgt. Leugner des Klimawandels sollten mal die immer stärker auftretenden Probleme des Weinbaus beobachten, hier zeigt sich die verhängnisvolle Entwicklung schon ganz deutlich. Auch die Flut-Katastrophe an der Ahr gehört leider in diese Reihe.

 

 

Chablis

Chablis 2019 Premier Cru l’Homme Mort, Domaine Gautheron

 

 

Am Abschiedsabend ging es noch mal ins Lieblingsrestaurant unseres Urlaubes, Speisewirtschaft Specht in Arnis, und ich riskierte mal einen gereiften Sauvignon blanc 2014 vom Weingut Weedenborn: meine Freundin war sofort raus und bestellte sich sofort ein Glas Riesling nach, ich muss sagen, das sind mir die liebsten Weine, so ganz für mich allein: blassgelbe Farbe mit grünlichen Reflexen, in der Nase nur ein Hauch von Gras und Stachelbeere, im Mund sehr trocken und karg, aber noch deutlich lebendig und von Mineralität geprägt, voller Abgang, noch etwas Säure, schöner Essensbegleiter, erinnerte mich stark an einen mineralischen Sancerre, mochte ich sehr!

 

 

Monzernheim

Sauvignon blanc 2014, Terra Rossa, Westhofen, Weingut Weedenborn, Monzernheim, Rheinhessen

 

Fazit: endlich spielte der Wein im Urlaub mal nicht die Hauptrolle!

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Stark verzögerte Saisoneröffnung: leuchtende Rosé-Probe!

 

 

Rosé-Probe

Unglaublich vielfältiges Rosé-Angebot: Münster leuchtet!

 

 

Es war bis in den Anfang des Mais richtig kalt, in Frankreich hat der Frost trotz riesigen Einsatzes der Winzer wahrscheinlich 50% der Traubenernte 2021 vernichtet (in manchen Regionen sogar bis zu 80%), im Weinanbaugebiet Sachsen ging es auch noch mal weit unter Null, Wahnsinn, auf der einen Seite treiben die Reben immer früher aus (und sind dann besonders empfindlich!), auf der anderen Seite häufen sich Wetterkapriolen mit heftigem Frost und Hagelschlag, keine gute Kombination, eine Katastrophe für die Winzer! Aber immerhin verzögert sich durch die Kälte die Garten- bzw. Balkonsaison und ich werde mit diesem Beitrag über Roséweine mal nicht wie sonst üblich Monate zu spät dran sein! Wie man sieht, ist die Auswahl zum Thema Rosé in den Weinläden gigantisch, jeder Geschenkartikel-Laden verkauft heute Wein, aber welcher Rosé hat wirklich Potential und kann es in die Siegerschankwein-Liste schaffen?, immerhin habe ich in den letzten Jahren einige wunderbare Roséweine gefunden. Das Niveau und die Klasse nachfolgend abgebildeter Weine muss erst mal erreicht bzw. im Bestfall überboten werden.

 

 

Rosé

Alle bisherigen Siegerschankweine Rosé

 

 

Die Rosé-Stile sind sehr verschieden, in der Vergangenheit bildeten bis jetzt die  mineralischen Vertreter des Sancerre- und des Rhone-Rosés und auf der anderen Seite der kräftige Rosé nach der Saignée-Methode aus Österreich und der Rosé aus Baden die positiven Extreme. Dazwischen fruchtig verspielte Rosés aus der Provence, vom westlichen Gardaseeufer und Portugal, dazu ein spannungsgeladener Rosé von der Ahr.

 

 

Rosé

Die drei französischen Gralswächter: Sancerre Rosé von Fournier, Provence Rosé von Rimauresq und Rhone Rosé von Caillou.

 

 

Rosé

Die neuen französischen Rosé-Bewerber leuchten auch bei Regen.

 

 

Rosé

Domaine de Pellehaut, Harmonie de Gascogne Rosé 2020

 

 

Fast wäre mir dieser tolle Rosé 2020 Domaine de Pellehaut der Familie Béraut aus der Gascogne durch die Lappen gegangen. In meiner Nachbarschaft in Münster wird Unmengen an Gummibärchen-Gletscherbonbon Wein aus der Gascogne und der Rebsorte Colombard verkauft und ich hatte schon einmal das zweifelhafte  Vergnügen, diese übertriebenen Weine probieren zu dürfen. Seitdem habe ich immer einen großen Bogen um Gascogne-Weine gemacht. Aber hier habe ich der Expertise des scheinbar verlässlichen Weinhändlers aus Mettmann vertraut und zugegriffen: Cuvee aus fünf Rotweinrebsorten, Merlot, Tannat, Cabernet, Malbec und Syrah. Und der Zusatz auf dem Etikett „Harmonie de Gascogne“ stimmt, hier kommt was tolles für ganz kleines Geld ins Glas: kupferfarbend, in der Nase Zitrusfrüchte und Blüten, im Mund köstliche üppige Frucht, die perfekt von der Säure in Schach gehalten wird. Sehr süffig, keinerlei Bitternoten, leicht würziger Abgang, für mich ein wunderbarer Volltreffer und eine echte Empfehlung für die hoffentlich bald anstehende Rosé-Garten-Grillsaison!

Die Brüder Martin und Mathieu Béraut besitzen mittlerweile 550 Hektar (davon 250 Hektar mit Reben bepflanzt) in der Bas-Armagnac, Gascogne, und können auf eine Familienweinbautradition bis 1750 zurückblicken. Nach diesem Rosé (IGP Cotes de Gascogne) bin ich schon sehr auf weitere Weine aus ihrem Sortiment gespannt. Toller Einstieg ins Thema, toller Rosé der Domaine de Pellehaut!

 

 

Rosé

Domaine de la Verrière, Rosé 2020, Ventoux AOP

 

 

Von der Farbe ist der Rosé 2020 von der Domaine de la Verrière ein völlig anderer Wein als sein Vorgänger, sehr hell und blass, in der Nase dann aber auch Ähnlichkeiten, Blüten und Zitrusaromen, im Mund frische Säure, Grapefruit und ein schöner und langer Abgang mit mineralischen Noten. Gefällt mir ebenfalls richtig gut, dürfte sich aber erst im nächsten Jahr in Topform befinden!

Das Weingut in Goult (im Naturpark Luberon gelegen), das als Gebäude eine Vergangenheit als  Glasbrennerei hat, wurde 1969 von der Familie Maubert übernommen. Der heutige Besitzer Jacques Maubert erzeugt auf ca. 26 Hektar Weine von ockerfarbenen Sand- und Tonkalkböden unter den Appellationsvorschriften der AOP Ventoux. Für den Rosé 2020 hat er die Rebsorten Grenache, Cinsault und Mourvedre verwendet. Auch hier bin ich sehr gespannt auf das restliche Sortiment. Chapeau!

 

 

Rosé

Chateau Fontvert Rosé 2020, Luberon

 

 

Im schönen Dorf Lourmarin erzeugt die Familie Monod auf 20 Hektar Bio-Weine nach den Appellationsvorschriften der AOP Luberon mit Demeter- Zertifizierung. Der Chateau Fontvert Rosé 2020 besteht aus 75% Grenache, 15% Mourvedre und 10% Cinsault.

Erinnert in der Farbe eher an einen Weißwein, in der Nase Pfirsich und  weiße Blüten, im Mund dann eine feine und deutliche Anisnote, etwas Grapefruit und ein mineralisch langer Abgang. Ein ganz toller Wein, der schönes Potential z.B. bei der Kombination mit fantasiereichen Salaten, feinen Fischgerichten oder Käseplatten in der Gastronomie bieten sollte.

 

 

Rosé

Rosé 2020, Domaine la Suffrene, Bandol AOC

 

 

Eigentlich wollte ich aus Zeitgründen schon längst beim nächsten Land sein, aber Frankreich bietet scheinbar auch beim Rosé eine unglaubliche Konstanz der Qualität und auch dieser Bandol Rosé AOC glänzt und funkelt nicht nur nur durch seine lachsfarbende Farbe. Tolle Nase nach roten Beeren, Blumen und Gewürznoten. Im Mund dann ein harmonischer Auftritt von Frucht und Mineralität, voll, aber trotzdem elegant und vielschichtig, dazu ein langer Abgang mit ultrafeiner Bitternote. Bis zu diesem Zeitpunkt mein großer Favorit, nach Auflösung dann aber auch klar: kein Schnäppchen! Für mich trotzdem gutes PLV, ein sehr interessanter und wunderbar trinkbarer Wein, den ich auf jeden Fall nachbestellen werde! Ich war sehr gespannt auf die Macher!

Da ist Senior Fortuné Piche, der sich kurz nach der Manifestierung der Appellation Bandol im Jahre 1941 für den Weinbau als Haupterwerbszweig in der wunderschönen Landschaft nahe am Mittelmeer entschied. Hier schlummerte auch für Roséweine ein riesiges Potential an alten Mourvedre-, Cinsault-, Grenache- und Carignan-Rebstöcken auf steinigen Sand-, Kalk- und Lehmböden, aussichtsreich (Mittelmeer) und hoch gelegen. Trotzdem lag bis 1995 scheinbar alles im Dornröschenschlaf, man war zufrieden, die hochwertigen Trauben verschwanden bei der Genossenschaft. Erst die Rückkehr des Enkels Cedric Gravier aus Marseille zum Großvater voller Ideen, Tatendrang und Kenntnis des riesigen Potentials, führte zu der großen Initialzündung. Zusammen mit dem hochbegabten Kellermeister Damien Dupret und großen Investitionen in ein neues Kellereigebäude wurde ab 1996 der Weg in die Selbstständigkeit eingeschlagen, man ist mittlerweile bei 55 Hektar, wohl auch bei Rot- und Weißweinen eine echte Hausnummer und wird ab 2021 biozertifziert sein.

 

 

Rosé

Meine bisherige deutsch/österreichische Referenz: Rosè von Klumpp, Meyer-Näkel und Umathum!

 

 

Rosé

Die deutschen Rosé-Bewerber

 

 

Schiersteiner Hölle

Spätburgunder Weissherbst 2019, Schiersteiner Hölle, Weingut Meilinger, Rheingau

 

 

Das Weingut Meilinger aus Wiesbaden-Schierstein (Rheingau) steht hier stellvertretend für die tausenden unbekannten Weingüter in Deutschland, die wahre Edelsteine in ihren Sortimenten versteckt haben. Aber wer will sich da  überall durchverkosten und dann zwischen den Nieten den großen Schatz finden? Das kann zur Tortur werden und deshalb bin ich immer froh, wenn andere Weintrinker schon eine erste Vorauswahl getroffen haben. In diesem Fall strahlte uns der Spätburgunder Weissherbst Schiersteiner Hölle 2019 halbtrocken beim Betreten unser Ferienwohnung als Begrüßungsgeschenk unser netten Gastgeber an.

 Die Flasche wirkt in vielen Belangen ein wenig hausbacken und aus der Zeit gefallen, das Etikett, der Begriff Weissherbst, die Silbermedaille und zum Glück auch der fantastisch niedrige Preis! Ein echter Glückstreffer, lachsfarbend, in der Nase Erdbeere und Himbeeren, im Mund süße Frucht, die durch Säure und einen Bitterton in Schach gehalten wird, sehr süffig und leicht, ein echter Spaßmacher!

 

 

VDP.Ortswein Burkheimer

Spätburgunder Rosé 2019, VDP.Ortswein Burkheimer, Weingut Bercher, Baden

 

 

Martin und Arne Bercher führen Ihr 25 Hektar VDP-Weingut in Burkheim (Kaiserstuhl, Baden) mittlerweile in der 10. Generation und konnten mich schon mit mehreren Weißweinen überzeugen. Treffer in Restaurants, auf der ProWein 2019 und in einem meiner Lieblingsweinläden in Solingen. Da war ich natürlich auch auf den Spätburgunder Rosé 2019 VDP.Ortswein Burkheimer gespannt. Und tatsächlich, souveräner Einzug in den blog, die Liste der Bercher-Weine hier wird immer länger.

Der Ortswein (VDP.Qualitätspyramide) Spätburgunder Rosé 2019 von Vuilkanverwitterungsböden zeigt sich in schöner und leuchtender himbeerroter Farbe. In der Nase Quitte, Himbeere und etwas Mandel, im Mund viel Frucht, gut eingebundene Säure, elegant und frisch, guter Nachhall.

 

 

Bechtheim

Rosé 2020, Ökonomierat Johann Geil Erben, Bechtheim, Rheinhessen

 

 

Für mich eine große positive Überraschung der Rosé 2020 trocken vom Weingut Ökonomierat Johann Geil Erben aus Bechtheim (Rheinhessen). Auf 32 Hektar erzeugen das Ehepaar Karl und Monika Geil-Bierschenk unterstützt vom talentierten Sohn Johannes (Geisenheim-Absolvent) ein breites Sorten-Spektrum. Ein Glückstreffer, der auch wieder Lust macht, sich das restliche Sortiment mal genauer anzusehen.

Der 2020er Rosé (eine Cuvée aus Spätburgunder, St. Laurent und Merlot) mit kupferbrauner Farbe, einem herrlichen Geruch nach Erd- und Himbeeren in der Nase, am Gaumen sehr saftig fruchtig, harmonisch eingebundene Säure, im langen Abgang mineralische und kräuterige Noten.  Kam aus dem Nichts und überzeugte mich sehr,  wunderbar trinkfertiger Wein für den nun hoffentlich anbrechenden Sommer!

 

 

Chiaretto

Italienische und portugiesischer Kellerwächter!

 

 

Rosè

Alle wollen in meinen blog: Bewerber aus Italien, Kroatien und Portugal!

 

 

 

Cerasuolo

Cerasuolo d’Abruzzo 2020, Cantina Zaccagnini, Abruzzen

 

 

Eine erst 1978 gegründete Kellerei in den Abruzzen, die Cantina Zaccagnini, die sich sehr schnell vergrößern konnte und mittlerweile auf 150 Hektar und einen jährlichen Ausstoß von ca. 1,2 Millionen Weinen angewachsen ist. Wenn man bei aller Quantität die Qualität wie beim kirschroten Cerasuolo d’Abruzzo 2020 (aus 100% Montepulciano) so halten kann, dann dürfte man noch einiges von dem Betrieb hören. Nettes „Trattoria“-Etikett und ein am Flaschenhals befestigtes Rebholzstückchen können mich als Blindverkoster erst ganz zum Schluß begeistern. Aber der Wein überzeugt bei der Probe durch Erdbeer- und Melonenduft und bleibt trotz sehr intensiver Farbe dann im Mund wunderbar harmonisch, erwartete übertriebene Gummibärchen-Aromen erweisen sich zum Glück als Fantasievorstellung, die schöne Frucht wird durch Säure in perfekter Harmonie gehalten, sehr süffig, toller Wein für leichte Speisen auf Terrasse, Balkon, im Garten oder am See.

 

 

Apulien

Rosato Negramaro 2019, Cantina Rosa del Golfo, Salento IGP, Apulien

 

 

Eine Entdeckung meiner Apulien-Reise aus dem Jahre 2000 und nun plötzlich genau wie der Cerasuolo d’Abruzzo in Münster in der Nachbarschaft (Aegidiistr.) erhältlich, da war ich natürlich neugierig und musste zugreifen. Die südlichste Region Apuliens, das Salento, bildet den „Absatz des italienischen Stiefels“ und besitzt eine vielfältige Landschaft mit den berühmten Trulli, nie weit entfernten schönen Stränden, Tropfsteinhöhlen und malerischen Städtchen mit großartiger Gastronomie wie Gallipoli, Ostuni oder Lecce, um nur einige zu nennen. Weit südlich der Sandsteinstadt Lecce führt mittlerweile Damiano Caló das traditionsreiche Weingut Rosa del Golfo. Der Vater, Mino Caló, kreierte in den 60er Jahren einen Rosè aus der traditionellen apulischen Rebsorte Negramaro (Negroamaro) von eisenhaltigen Lehm-Kalkböden nach der Saignée-Methode, der so erfolgreich wurde, dass man kurzerhand das Weingut nach seinem erfolgreichsten Wein unbenannte: Cantina Rosa del Golfo!

Der 2019er überzeugt durch eine schöne Nase nach Rosenduft, Beeren und Kirschen, im Mund schöne Harmonie der Komponenten Frucht, Frische, Säure und leichter Bitternote. Schöner Abgang mit etwas Würze. Sehr gelungener Wein, den ich vor 21 Jahren ein oder zwei Mal im Urlaub in der Bullenhitze Apuliens probiert habe und den ich damals schon sehr mochte.

 

 

Serra da Estrela

Vinho Rosé 2018, Antonio Madeira, Dao, Portugal

 

 

Kräftiger Rosé aus ca 15 verschiedenen Rebsorten, der mit dem Aufeinandertreffen von Frucht und ungewöhnlich deutlicher Mineralität spielt. In der Nase dominieren noch Beeren und Orange, im Mund wird die Frucht dann aber von der intensiven, geheimnisvollen Mineralität (Stein) zurückgedrängt, dabei spürbare Säure, feine Tannine, langer Abgang. Erfolgreich zu Pastrami/Roastbeef getestet. Ungewöhnlicher und faszinierender Wein, schöne Entdeckung aus Dao, einer ehemals berühmten, nun aber etwas durch den Aufstieg anderer portugiesischer Weinregionen in Vergessenheit geratenener Hotspot. Riesiges autochthones Rebsortenpotential auf hochgelegenen Granithängen im Gebirge Serra da Estrela. Daumen drücken, dass diese paradiesische Spielwiese für Winzer erhalten bleibt und nicht durch EU-Aushauprämien zerstört und gleichgeschaltet wird. Antonio Madeira konnte nach Wanderjahren und Topausbildung in Frankreich eben im elterlichen Betrieb auf diese ca. 50 Jahre alten gemischten Sätze zurückgreifen. Das Ergebnis ist für mich absolut begeisternd. A saude!

 

 

Teran

Rosé 2019, Weingut Fakin, Motovun, Istrien, Kroatien

 

 

Aus Istrien (Kroatien) kommt dieser hochelegante Rosé aus 100% Teran (Rebsorte) vom Weingut Fakin. Lachsrosa Farbe, in der Nase Erd- und Himbeere, florale Düfte, im Mund dann wunderbar ausgependelt zwischen Frucht und Mineralität, superelegant und mit schöner Länge. Winzer Marko Fakin aus dem wunderschönen Motovun (Hügelstädtchen) hat mich schon mit seinem großartigen 2018er Weißwein Malvazija Istarska verblüfft und überzeugt, mag scheinbar seinen Stil und auf jeden Fall auch seinen Rosé, das Motto „Fakin, good wines!“ kann ich mal wieder voll bestätigen.

 

 

Terrano

Rosé XTRIAN 2019. Weingut Veralda, Buje, Istrien, Kroatien

 

 

 

Noch ein Rosé aus Istrien, Luciano Visintin vom Weingut Veralda aus Buje ist der Pionier und der erste Winzer, der ab 2008 einen Rosé nur aus Teran-Trauben hergestellt hat. Der 2019er von Mergelböden ist sehr gelungen, in der Nase Beeren und florale Düfte, im Mund richtig volle Frucht, Erdbeere, Himbeere und Kirsche, dezente Säure, schöner Nachhall. Toller üppiger Sommerwein, pur sehr gut genießbar, aber auch gut vorstellbar zur leichten, mediterranen Küche.

 

Fazit:

 

Spektakulär zum vierjährigen Bestehen des blogs im Mai 2021 keinen Beitrag veröffentlicht, das Thema Rosé ist mir echt über den Kopf gewachsen, musste die Notbremse ziehen und konnte aus Zeitgründen keine Rosé-Weine mehr aus Österreich verkosten, auch spannende Exoten (z.B. aus Moldawien!) und auch wieder Übersee blieben komplett auf der Strecke! Hatte extrem viel mit dem Rest zu tun, habe jeden Rosé-Wein so gut ich konnte „objektiv subjektiv“ geprüft, gegen die benchmark-Weine verglichen und nach Ausgewogenheit, Trinkfluß und Typizität bewertet. Ich empfehle ausdrücklich alle neu aufgenommenen Rosé-Siegerschankweine, freue mich aber auch über jeden Kommentar, zu den nicht berücksichtigten Weinen. Manchmal waren auch echte Härtefälle dabei. Nach dieser Mammutprobe bin ich nun urlaubsreif, werde die Proben wieder viel kleiner anlegen müssen. Schaut trotzdem mal ab und zu  rein, Ideen und Themen habe ich noch genug. Bis später, Weinschank Peter!

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Über 27 Jahre her: meine erste Rotweinprobe!

 

 

Leider liegen die genauen Anfänge meiner Weinleidenschaft in den 90er Jahren schon zu weit zurück, ich habe vieles vergessen: das ist tragisch aber auch komisch, konnte ich mir doch damals schon mühelos zu jeder verkosteten und für gut befundenen Flasche die wichtigsten Infos vom Etikett merken und dann im Selbststudium vertiefen (dafür benutzte man früher noch Bücher!). Ich war begeistert von der unglaublichen Vielfalt, den geographischen Einordnungen und den verschiedenen Sprachen und Regelungen. Ein totaler Informationsüberfluss!, alles so bunt und fremd, ich wollte alle Infos nur aufsaugen, dabei spielte die eigentliche Weinverkostung aber lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle. Das sollte sich ändern, als ich einen Tipp von einem damaligen Kollegen bekam, dass man im Gewerbegebiet Indupark in Dortmund-Oespel ohne Ende Wein für lau probieren könnte. Schnell stand ich auf der Matte, Weinland-Keiler präsentierte in einer Lagerhalle im rauhen Hochregallager-Style Weine aus aller Welt und man konnte in jedem Gang ca. 5 Weine verkosten und mit vielen Leuten ins Gespräch kommen. Ein weiteres Faszinosum, Weintrinker wollen sich (normalerweise) immer austauschen und gegenseitig helfen, ich genoss es sehr, mit so vielen unterschiedlichen Weinfans ins Gespräch zu kommen. Da waren der Familienvater, der 12 Flaschen spanischen Castillo Ygay Gran Reserva kaufte (auch damals schon zu DM-Zeiten (Deutsche Mark) ein kostspieliges Vergnügen!)  und der ambitionierte Hobbykoch, der den Verkäufer anraunzte, weil er sich den Braten versaut hatte, da er den  teuren empfohlenen Barolo in die Sauce gekippt hatte. Und dann kam auch ganz schnell  der Tipp, einmal im Monat oben im 1. Geschoss große Themenprobe, die ganz großen Weine der Welt für kleines Geld probieren. Nächstes anstehendes Probe-Thema: Toskana!

 

 

San Gimignano

In der Toskana bei San Gimignano

 

 

Da war ich natürlich gespannt und begeistert, hatte ich bis dahin ausnahmslos italienische Weine für kleines Geld probiert. Man musste eine Wertkarte kaufen und je nach Wein wurden Felder zu 2, 4, 6 oder 12 Mark für eine Minipfütze abgestrichen. Die Toskana war damals schwer in Mode, die Veranstaltung deshalb auch total überfüllt, es gab schon einen Rückstau von Käufern an der Kasse, die kistenweise Wein abtransportierten. Ich kann mich noch an einige der damaligen Weine erinnern und möchte nun hier nach ca. 27 Jahren mit aktuellen Jahrgängen die Probe nachstellen.

 

 

Weinprobe

Toskana-Weinprobe: damals wie heute begeisternd und beeindruckend?

 

 

Die Supertuscans waren die großen Stars der Probe! Sündhaft teure Tropfen, die an den Appellationsvorschriften berühmter Toskana-Weine wie Brunello di Montalcino DOCG, Chianti Classico DOCG oder Vino Nobile di Montepulciano DOCG (alle mit Hauptbestandteil Rebsorte Sangiovese) vorbei erzeugt wurden. Man verwendete plötzlich statt Sangiovese in der Toskana angebaute ausländische Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und noch viele weitere und setzte den Barriqueausbau ein. Die Pioniere in der Erzeugung der Supertoskaner waren die Weingüter Antinori (mit Tignanello und Solaia), Frescobaldi (mit Ornellaia und Masseto) und Incisa della Rocchetta (mit Sassicaia). Der gewaltige Erfolg mit den astronomisch hohen Flaschenpreisen (damals ca. 100 Mark) führte zu einer Revolution. Gesetzlich wurden diese Luxusweine zwar unterhalb der DOCG-Richtlinien als IGT-Weine abgestuft. Aber immer mehr Weingüter führten Supertoskaner ein und damit stand dann preislich ein IGT-Wein im Bordeaux-Stil an der Spitze fast jedes Toskana-Weingut-Sortiments. Deshalb fand ich es faszinierend, dass auf der Probe auch ein Supertoskaner aus 100% Sangiovese angeboten werden sollte, die Antwort auf den Bordeaux-Rebsorten Boom. Weingutsgründer Sergio Manetti von der Societa Agricola Montvertine wollte in dem kleinen Ort Montvertine bei Radda beweisen, dass man auch aus Sangiovese Weltklasseweine in der Toskana keltern konnte. Le Pergole Torte, schon von den jährlich wechselnden Etiketten des Künstlers Manfredi unverwechselbar, auf der Probe aber leider bei meinem Erscheinen tatsächlich schon ausgetrunken! Vielleicht hatte das im Rückblick auch etwas Gutes, keine verfälschten Erinnerungen und ich kann mir nun nach über 27 Jahren einen Traum erfüllen und einen Le Pergole Torte öffnen.

 

 

Le Pergole Torte

Ob durch die Probe meine leicht eingerostete Toskana-Weinbegeisterung zurückkehrt?

 

Le Pergole Torte im Dekanter!

 

 

Ich höre schon wieder das Geschrei bei Instagram, wenn ich obiges Bild hochladen werde: wie kann man so einen jungen (Jahrgang 2017) und extrem hochpreisigen Wein öffnen?, der totale Wahnsinn, wegen seiner Jugendlichkeit beraubt man sich doch eines Großteils des Genusses. Was hat der Weinschank zu seiner Verteidigung zu sagen?: ich hätte auch gern dem vierjährigen Mozart beim Klavierspiel zugehört, ich wollte den Kauf solch einer Flasche bei einem meiner Lieblingsweinhändler tätigen (da gab es nur diesen Jahrgang!) und nicht noch mehr Geld in die Rachen der stummen Internetweinhändler werfen, außerdem kann man auch bei so einer Wahnsinnstat schon einiges erkennen:

1. Gefällt mir die Farbe des Weins? Ja, wunderbar, leuchtendes, funkelndes Rubinrot, von  der Farbe ein echter Edelstein!

2. Gefällt mir der Duft des Weins? Ja, sehr intensiv und typisch Sangiovese, Amarenakirsche und Pflaume, ganz leichte pflanzliche Noten und Tabak, strömt schon aus dem Dekanter in die noch entfernte Nase, großartig!

3. Gefällt mir der Geschmack? Ja, aber hier kommt der Knackpunkt, die riesigen Anlagen eines großen Weines sind da, tolle Konzentration, tolle Frucht, frische Säure,  leichte Bitternote, geschliffene Tannine, hier geht es in Zukunft noch mehr Richtung Eleganz, Feinheit und Seidigkeit, schon jetzt begleitet von einem unendlich langen Abgang, aber es wird eben noch viel mehr gehen, ganz bestimmt!

4.Gefällt mir der Preis? Nein, aber das war ja klar! Aber bessere Frage, werde ich den Le Pergole Torte nachkaufen? Bin noch unentschlossen, ich verfüge nicht über die besten Lagermöglichkeiten, aber man sollte den Wein noch mal in 5 Jahren mit Freunden probieren, hoffentlich lässt das die Corona-Pandemie dann zu.

 

 

Toskana

Toskana

 

 

Lest mal etwas über das spannende Leben des gemäßigten Demokraten Barone Bettino Ricasoli in unruhigen Zeiten in der Toskana im 19. Jahrhundert. Das Land am Apennin (das spätere Italien) war damals in mehrere Unabhängigkeitskriege gegen die Habsburger Herrschaft verwickelt und irgendwann zog sich Ricasoli vollständig aus seinen politischen Ämtern auf den schönen Familiensitz Castello di Brolio zurück. Hier blieb er nicht lange untätig und entwickelte dass für viele italienische Winzergenerationen prägende „Chianti-Rezept“. Hauptbestandteil im Chianti sollte die edle Rebsorte Sangiovese sein, Beimischung von Canaiolo nero und etwas weißer Malvasia wurde erlaubt. Diese sich in Jahrzehnten lang als zuverlässig herausstellenden Regeln wurden in der Neuzeit immer mehr untergraben, es entstanden neben der eigentlichen Chianti-Kernzone „Chianti-Classico“ weitere Chianti-Anbauzonen und der Aufbau des Chianti-Wein als fast reine Exportmarke begann. Leider wurde unter dem weitgefassten Namen „Chianti“ mit sogenannten Fiasco-Flaschen und viel Masse statt Klasse das Ansehen der Sangiovese-Rebsorte nachhaltig beschädigt. Erst mit dem Erscheinen der Supertoskaner und den ausländischen Rebsorten begann wieder ein Umdenken und die Appellationen Chianti Classico DOCG, Chianti Rufina DOCG und andere versuchten verlorenes Renommee zurückzugewinnen. Bis heute habe ich das Gefühl, dass man auf den Weltmärkten zwar Weine aus der Toskana liebt, aber dabei den Sangiovese-Anteil und eigentlichen Stil nicht schätzt. Gerade auch Chianti Classico wirkte und wirkt auf mich wie ein Chameleon, ein Wein der hundert Spielarten.

 

 

Chianti Classico Riserva

Chianti Classico Riserva 2017, Castello di Brolio, Barone Ricasoli

 

 

 

Chianti Classico Riserva vom Castello di Brolio, Barone Ricasoli, damals eine echte Hausnummer, wunderbare Erinnerungen, auch an den späteren Toskana-Besuch vor Ort und auch noch später an mehrere eindrucksvolle Begegnungen in italienischen Restaurants in Düsseldorf. Aber was würde  wohl der Jahrgang 2017 bringen?: leider für mich nur große Ratlosigkeit, zwar schöne rubinrote Farbe mit Transparenz zum Rand hin, aber in der Nase deutliche pflanzliche Noten, dazu Holz und Brei, im Mund sehr kühl, dazu Würze und rustikale Säure, überhaupt nicht mein Chianti-Stil! Auch als Essensbegleiter besserte sich die Lage nur wenig, bei mir schon echte Verzweifelung, wenn die nostalgischen Hochgefühle in sich zusammenstürzen. 80% Sangiovese, Zugabe von 15% Merlot und 5% Cabernet Sauvignon.

 

 

Chianti Classico Riserva

Chianti Classico Riserva 2017, Castello di Monsanto

 

 

An das Etikett des von Fabrizio Bianchi 1961 gegründeten Weingutes Castello di Monsanto auf der Probe kann ich mich noch gut erinnern. Beim Verkosten des Supertoskaners Nemo des Weingutes entfuhr einem Besucher der Ausruf „Boah, der riecht ja wie Omas Regentonne!“ Das kann man vom Chianti Classico Riserva 2017 vom Castello di Monsanto nicht behaupten, der transparent rubinrote Wein riecht herrlich nach Kirschen, etwas Pfeifentabak und Vanille, er wirkt durch die schöne Frucht im Mund sehr leicht, verspielt und süffig, eine sehr unkomplizierte Riserva, mit etwas Belüftung zeigen sich dann auch mineralische Noten, mir gefällt der feine und traditionelle Stil sehr (90% Sangiovese, 10% Canaiolo und Colorino)! Als reiner Exportwein (ca. 98% des Chianti Classico gehen ins Ausland, Italiener trinken ihn also schon lange nicht mehr und sind auf Morellino di Scansano umgestiegen, bis auch der zu teuer wurde!) wird es der Wein aber sehr schwer haben, im Ausland will man auch beim Chianti Classico hohe Alkoholwerte, Kraft und Parker-Stierblut im Glas haben.

 

 

Chianti Classico

Chianti Classico Riserva 2017, Castellare di Chianti

 

 

 

Der schwarze Hahn (Gallo nero) ist das Wappentier für Chianti Classico, auch wenn man bei den auffälligen Etiketten von Castellare di Castellina auf andere Vögel kommen könnte. In der Nähe von Castellina in der Herzzone des Chianti Classico werden auf 24 Hektar berühmte Weine erzeugt. Der Chianti Classico Riserva 2017 bezaubert mit strahlend leuchtendem Rubinrot und einem sehr komplexen Duft nach Süßkirschen, Beeren, Tabak und etwas Pfeffer. Im Mund dann neben Himbeertönen eine etwas ungestüme Säure, würzig und kühl wirkend, etwas Schokolade, ein leicht herber Abgang. 95% Sangiovese und 5% Canaiolo, benötigt noch dringend Ruhezeit zur weiteren Harmonisierung, noch lagern.

 

 

Chianti Clasico DOCG

Chianti Classico 2017, Castello dei Rampolla

 

 

Ein sehr dunkler Chianti Classico 2017 aus der berühmten Conca D’Oro, einer herrlichen Talsenke unterhalb des Ortes Panzano mit  ganz besonderen Böden (kalkhaltige Tonböden und verwitterter Sandstein), in der einige berühmte Chianti Classico-Erzeuger Besitz haben. Duft nach Pflaume und Vanille, im Mund aber sehr kühl und streng, kaum Frucht, dadurch sehr trocken und edel, spürbare Säure, langer Abgang,  ein zuverlässiger Essensbegleiter für viele Speisen. Aber bei mir wollte der Funke nicht überspringen, so einen Wein nennt man wohl modernen Chianti Classico, es ist fast so, als würde man sich für die dunkle Chianti-Vergangenheit schämen und dadurch die helle Farbe und die Kirschfrucht der Sangiovese ausmerzen wollen. Ein seriöser und ernster Wein, aber leider blind für mich nicht als Toskaner zu erkennen, ein Wein mit Identitätsproblem! Die Familie Di Napoli stört das aber bestimmt wenig, ist sie doch mit Supertoskanern wie Sammarco und D’Alceo schon längst weltberühmt geworden.

 

 

Chianti Classico Annata

Chianti Classico Ama 2017, Castello di Ama

 

 

Ein sehr schöner und typischer Chianti Classico DOCG „Ama“ 2017 vom Castello di Ama  mit mittlerweile erlaubten 4% Merlot und 96% Sangiovese. Hätte es nur solche Weine gegeben, dann wäre die ganze Diskussion über Zugabe von ausländischen Rebsorten im Chianti Classico DOCG schnell beendet gewesen. Tolle, transparente rubinrote Farbe, Duft nach Kirschen und Rhabarber, sehr weich und kirschfruchtig im Mund, hochelegant, irgendwo entschärfte Säure und weiche Tannine, Mensch, vor langer Zeit war da mal was, Chianti Classico Lieblingswein, hier ist wieder einer, so lange ist es her, ich könnte heulen!

Castello di Ama ist ein magischer Ort und Weiler, westlich von Gaiole und dem Castello di Meleto im Herzen der Chianti-Region gelegen und wäre auf einem meiner vielen Gewaltmärschen im Chianti fast von mir erreicht worden. In den 60er Jahren von mehreren Familien erworben, doch erst von der 2. Generation um Lorenza Sebasti und dem begnadeten Weinmacher Marco Pallanti ins Rampenlicht der Weinszene geführt. Wenn der „normale“ Chianti Classico schon so meinem Geschmack und Chianti-Ideal entspricht, sollte sich auch ein Blick auf das weitere Sortiment lohnen, der Supertoskaner L’Apparita „natürlich“ ein Merlot, aber es werden aus vier malerischen Talhanglagen (ca. 80 Hektar) weitere interessante Weine im traditionellen Stil mit hohem Sangiovese-Anteil erzeugt.

 

 

Brunello di Montalcino

Brunello di Montalcino 2015, Tenuta CastelGiocondo, Marchesi de Frescobaldi

 

 

Schon damals einer der großen Stars der Probe: Brunello di Montalcino! Der Wein zählt neben Barolo (Piemont) und Amarone (Venetien) zu den drei großen italienischen Rotweinen. Die Marchesi de Frescobaldi  aus Florenz (seit 30 Generationen im Qualitätswein-Geschäft tätig) haben mittlerweile ein wahres Weinimperium aufgebaut, das immer weiter ausgebaut wird. Nach meinen Informationen gehören ihnen mittlerweile 8 Weingüter in ganz Italien (darunter mit Attems nun auch ein traditionelles Gut im Friaul). Tenuta CastelGiocondo  in der südlichen Toskana im aussichtsreichen Ort Montalcino gehört als Brunello-Erzeuger zu den Frescobaldi-Klassikern. Der Jahrgang 2015 ist für mich hier äußerst gut gelungen: der Brunello präsentiert sich mit funkelnder rubinroter Farbe und transparenten Rändern. In der Nase sehr deutlich Kirsche, aber auch Paprika, Leder, Tabak und ein Hauch Pfeffer, im Mund sehr elegant und druckvoll zugleich, viel Beerenfrucht mit perfekt eingebundener Säure, wirkt ausgewogen und endet mit einem feurigen und sehr langen Abgang. Bravo und Respekt, so fantastisch hatte ich Brunello (so nennt man übrigens in Montalcino einen Sangiovese-Klon) früher gar nicht in Erinnerung.

 

 

Vino Nobile di Montepulciano

Vino Nobile di Montepulciano 2016, Terra della Famiglia, Poliziano

 

 

Damals wie heute leider etwas im Schatten des übermächtigen Brunello stehend (ähnlich wie der Barbaresco beim Barolo): der Vino Nobile di Montepulciano aus dem ebenfalls wunderschönen Ort Montepulciano! Hier hat es Federico Carletti, der Sohn des Weingutsgründer Dino Carletti, in den letzten Jahrzehnten geschafft, Weine aus Prugnolo Gentile (einer lokalen Sangiovese-Spielart) zu erzeugen, die wieder eine echte Konkurrenz zu Chianti Classico und sogar Brunello di Montalcino geworden sind. Aber auch die anderen Weine des Weingutes Poliziano (benannt nach einem in Montepulciano geborenen Renaissance-Lyriker) lassen aufhorchen, mittlerweile bewirtschaftet man 140 Hektar und erzeugt ca. 600 000 Flaschen.

Der Vino Nobile di Montepulciano 2016, Terra della Famiglia, fließt erst sehr dunkel ins Glas, bei kleiner Menge Wein sieht man dann deutliche Transparenz. In der Nase Süßkirsche, Tomate, Leder und etwas Minze, im Mund schöne Beerenfrucht, sehr elegant und schmelzig, feuriger Abgang mit etwas Vanille. Sehr, sehr schöner Wein, hat mir super gefallen. Auch der Test zu Lammfleisch war sehr erfolgreich!

 

 

Bolgheri Superiore DOC

Ornellaia 2017, Bolgheri Superiore DOC, Tenuta dell’Ornellaia, Marchese de Frescobaldi Toskana

 

 

Damals auf der Probe für 12 Mark eine Minipfütze probiert (heute würde die Pfütze wahrscheinlich 48 Euro kosten!) und seltsame Eindrücke abgespeichert: der Ornellaia, ein italienischer Supertoskaner aus den Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und etwas Petit Verdot aus dem Westen der Toskana. In meiner Erinnerung war der Wein erdbeerduftig und sehr leicht, mit deutlicher Süße, damals für mich eine Enttäuschung, aber es war halt auch meine erste Weinprobe, es roch im überfüllten Proberaum nicht nur nach Wein, dazu die Mikromenge, deshalb nach langem Zögern und Überwindung (Sparsamkeit war ein Teil meiner Erziehung!) nach dem Le Pergole Torte die nächste Weininvestition: Ornellaia Jahrgang 2017 für den Weinschank!

 

Vorneweg ein Tipp für Blindverkoster: diese teuren, hochkonzentrierten Weine erkennt man am Geruch, schon beim Dekantieren des dunklen Weines steigt eine unglaubliche Duftwolke empor: neben Kirsche und Brombeere auch etwas Vanille, Eukalyptus, süßer Pfeifentabak, Printen, Rosinen, Schokolade usw., usw., eine Superlative, man bekommt immer wieder neue Eindrücke in die Nase und könnte die Liste immer länger werden lassen, Bravo!, Glückwunsch zu dieser Vielschichtigkeit und Komplexität, das ist große Klasse! Im Mund ebenfalls sehr gut, beerige Frucht gepaart mit geschliffenem Tannin und feiner Säure, schon sehr weich und rund, etwas Würze, extrem langer und feuriger Abgang. Mit 15% Alkohol aber auch hart an der Grenze zur Brandigkeit, hier muss die Zeit noch heilen, auf jeden Fall ein Erlebnis und Urknall, der meine seltsamen 27 Jahre alten Eindrücke hinwegfegt.  Bin genau wie beim Le Pergole Torte beim Thema Nachkauf noch unentschlossen, die beiden Weine ziehen locker in meinen Weinolymp ein und unter die Top5 meiner besten jemals verkosteten Weine! Aber sind deshalb auch solche exorbitanten Preise gerechtfertigt? Kann man über den Preis etwas ableiten? Ist der Le Pergole Torte achtmal besser als der CC Ama, weil achtmal teurer? Ich glaube nicht, da ist was preislich aus dem Ruder gelaufen, das PLV stimmt einfach längst nicht mehr, vom Ama habe ich dagegen sofort nachgeordert. Aber bei solchen Luxusprodukten spielen auch noch andere Faktoren mit, da muss wohl jeder selbst beurteilen, wo er seine Schwerpunkte setzen will.

 

 

Mövenpick Weinland

Rückkehr nach 27 Jahren zum Ort der ersten Rotweinprobe.

 

 

Schon in den 90er Jahren wurde Weinland Keiler übernommen und in Weinland Mövenpick umfirmiert. 2011 dann die Generalrenovierung, aus der Lagerhalle mit dem rauhen Charme wurde ein freundlicher, sehr großer Weinladen mit viel Holzeinsatz. Der Verkostungsplatz wurde fast schwebend in die Mitte der Halle verlegt und ist nun über Treppen von zwei Seiten erreichbar. Der etwas anrüchige Hinterzimmer-Eindruck bei den Proben damit für immer Vergangenheit! Das Sortiment weiterhin großartig vielfältig, ein Paradies, ich wollte es mir einfach machen und mal eben die Weine aus der legendären Probe abgreifen, leider war gerade das Italien-Sortiment im Umbruch und Umbau (natürlich!), ich bekam „nur“ noch Frescobaldi und Poliziano.

 

 

Mövenpick Weinland

Bald mal wieder neue Monatsproben im neuen Ambiente? Zur Zeit Corona-Pause!

 

Mövenpick Weinland

Stairway to heaven!

 

 

Und auch von den vielen einfachen italienischen Weinen, die mir damals so gefallen hatten, war nur noch ein einziger Wein vor Ort, der Chianti (mittlerweile DOCG und Jahrgang 2018) von der Fattoria di Basciano + Renzo Masi, Rufina. Auch heute noch preislich sehr interessant, aber auch trinkbar?

 

 

Chianti

Chianti 2018, Fattoria Basciano + Renzo Masi, Rufina

 

 

Der Wein aus 95% Sangiovese und 5% Colorino sehr dunkel, in der Nase Kirschen und Veilchen, im Mund verblüffend kühl wirkend, Johannisbeere, einfach, aber sehr süffig, vorhandene Säure, leider aber etwas kurz im Abgang. Zu dem Preis wirklich gut. Auch der 2018er wie vor 27 Jahren ein Charmeur und ein Einsteigerwein, unbedingt probieren.

 

Fazit: Die Probe hat mich damals fasziniert und durch die schon vorhandene Italienbegeisterung das Thema Wein weiter befeuert. So ging es dann später zwei Mal für zwei Wochen in die Toskana (Standort Traumstadt Siena!) und auch andere Teile Italiens wurden mit Blick auf Wein bereist, die Begeisterung sollte dann auch auf Weine anderer Länder überspringen und noch mehr Weinreisen nach sich ziehen, dafür verschwanden die Toskana-Weine durch viele Rückschläge in der Gastronomie irgendwann dann wieder ganz aus meinem Fokus. Ich hatte sie in die Schublade „nicht rebsortentypisch“ abgelegt. Sehr gutes Gefühl, nun teilweise solche schönen Weine zu verkosten und sogar einen roten Faden zu finden.Die leicht angerostete Begeisterung ist zurück, werde mich gerne später noch mal dem Thema zuwenden, auch in der Toskana gibt es noch sehr viel zu entdecken.

 

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