Mutprobe im Supermarkt, Teil 1!

 

Auf der Weinmesse ProWein in Düsseldorf kam mir bei freier Auswahl von sündhaft teuren Tropfen bis 50 Euro die Flasche und dem Beobachten des ein oder anderen typisch überheblichen Weinsnobs der Gedanke, ob mein Weinwissen bzw. die Informationen in diesem blog ausreichend sind, auch im Supermarkt trinkbare Weine zu finden. Ich bin immer noch der Überzeugung, dass man die großen Namen kennen muss, um dann auch preiswerte Alternativen empfehlen zu können.

Deshalb nun der erste Versuch in einer Supermarktkette im bergischen Land mit vier Filialen und einer gigantischen Weinauswahl! Man wird schon ein wenig eingeschüchtert, wenn man ca. 50 Meter an gefüllten Weinregalen entlang läuft. Um die Aufgabe nicht zu leicht zu machen, habe ich mir selber ein Preislimit bis 11 Euro gesetzt. Manche Kassiererin war trotzdem immer noch verblüfft kurz vor der Ohnmacht. wenn sie die Preise für einen Wein einscannen musste, aber ein bisschen Vergnügen sollte auch für mich noch übrig bleiben. In einem Rückblick habe ich alle bisher vorgestellten Weine unter 11 Euro auf der Siegerschankwein-Seite mit einem einfachen gekennzeichnet.

Und dann ging es los! Gestählt von unzähligen Enttäuschungen in der Gastronomie, begann ich mit dem Thema Roséwein. Hier schien mir die Trefferwahrscheinlichkeit noch am höchsten zu sein! Schon oft schmeckte der Roséwein im Restaurant noch ganz passabel, wohingegen Weiß- und Rotwein fast Brechreiz auslösten und man sich zum wiederholten Male schwor, beim nächsten Essen einfach mal ein Bier zu bestellen. Als neugieriger Weintrinker macht man es dann aber doch nicht und fällt immer wieder spektakulär auf die Nase, eine schlimme Endlosschleife und Anwesende zweifeln dann immer eher an mir als an dem Talent des Einkäufers der Restaurantweine! Aber ran!, gab es in diesem Supermarkt gute Roséweine?

Eine riesige Auswahl aus aller Welt und sogar zwei Chiaretto-Weine vom linken und rechten Ufer des Gardasees (Weinkenner lächeln jetzt, weil sie die geschickte Anspielung auf Bordeaux bemerken!)! Da fiel mir sofort wieder mein blog-Beitrag „King Chiaretto – der rosarote Panther“ mit der gewagten These ein, dass die Chiaretto-Roséweine vom westlichen Ufer aus der Valtènesi immer einfach besser (und teurer) als die Bardolino-Chiaretto-Weine vom östlichen Ufer sind. Und sofort ein Treffer!: der Valtènesi Chiaretto von Cà Maiol (Cuvee aus Groppello, Marzemino, Sangiovese und Barbera) ein lachsfarbener Schmeichler mit Geruch nach Erdbeeren und fruchtigem Geschmack, so süffig lecker, denkbarer und willkommener Begleiter zu Pastagerichten aber auch zur Eröffnung der Grillsaison. Wunderbar! Der Bardolino-Chiaretto von einem großen Platzhirschen kostete zwar nur die Hälfte, aber was hilft es, wenn er sich als untrinkbar herausstellt?

 

Riviera del Garda Classico

Valtènesi Chiaretto

 

Auf der ProWein wurde von einer neuen Roséwein-Modewelle gemunkelt, bevor diese fetten und säurearmen Fruchtbomber überall auf den Markt kommen, stelle ich hier lieber das Gegenstück  dazu vor: ein weiterer schöner Rosé, dieses Mal von der Ahr, auch wieder lachsfarben, etwas dunkler als der Chiaretto, schöner Erdbeerduft, rassige Säure, fruchtig und süffig. Neben dem 2017 gab es auch noch einen winzigen Restbestand 2016, die Säure da schon besser eingebunden, zwei tolle Weine.

 

Dernau

Spätburgunder Rosè Meyer-Näkel

 

Jetzt kam ich mir vor wie in einer gut sortierten Weinhandlung und wollte euphorisch eine ganze Roséwein-Serie schießen, doch zwei breite und eher scheußliche Vertreter von der Mosel und aus Apulien beendeten den Spuk dann wieder ganz schnell.

Nun ging es zum Thema Rotwein, auch hier wieder eine unglaubliche Auswahl, besonders der Blick auf den zweiten Regalgang mit der Weinfabrik-Fraktion aus Spanien und Übersee ließ mich schaudern, schnell einen Treffer in Gang 1 setzen und Feierabend mit dem Thema, so der Plan! Und siehe da, Spätburgunder aus dem Rheingau vom Hessischen VDP-Staatsweingut Kloster Eberbach, nach dem Öffnen der Flasche Säureattacke, nach kurzer Beruhigungszeit dann aber auch ein schöner Duft nach Beeren und einer Kaffeenote, im Mund dann Frucht, Würze und eine elegante, seidige Struktur, für einen normalen Gutswein schon gutes Niveau! Sehr klassischer Spätburgunder.

 

Hessische Staatsweingüter

Spätburgunder 2017 Kloster Eberbach

 

Beim Thema Weißwein kamen mir die größten Bedenken, hunderte Flaschen säurearmer Fabrikweine von den Strahlen der Supermarktsonne ausgezehrt, auch hier wollte ich nur wieder so schnell wie möglich einen Treffer landen und Proben durch die Breite des Sortiments tunlichst vermeiden. Ein alter Bekannter brachte die Rettung, Winzer Markus Molitor von der Mosel (2002 habe ich ihn mal auf seinem Weingut besucht, er hat ein beeindruckendes Lagenportfolio im Bereich Mosel aufgebaut) mit einem schönen und bezahlbaren Einstiegsriesling „Schiefersteil“: blassgoldene Farbe, würzige und fruchtige Aromen tauchen in der Nase auf, am Gaumen mineralische Noten und wieder Frucht, spürbare Säure, sehr schöner Riesling.

 

Bernkastel-Wehlen

Riesling Schiefersteil 2016 Wgt. M. Molitor

 

Fazit: bei so vielen angebotenen Weinen könnte man richtig tief eintauchen, fünf guten Weinen stehen nur drei Nieten gegenüber! Manche Weinhandlungen haben es bei der Aufgabe, mir sechs trinkbare Weine bis 11 Euro zu liefern, schon geschafft, mir sechs Totalausfälle anzudrehen! Natürlich gibt es auch Profis, die gerade in diesem Preisbereich unschlagbar sind, dazu auch bald mehr!

Die Supermarkt-Testserie wird in loser Folge weitergeführt, es ist für mich sehr wichtig, den Kontakt zu den bezahlbaren Einstiegsweinen nicht zu verlieren und bestimmte Thesen an der Basis auszuprobieren, ich kann allerdings auch nur etwas finden, wenn mir eine gewisse Chance geboten wird, bei dieser Supermarktkette A. war das zum Glück der Fall!

Nachtrag vom 05.06.2019:

Ich wollte für eine Gruppenfahrt mit 20 Personen über Pfingsten ein paar Flaschen von dem im blog vorgestellten Chiaretto Valtènesi nachkaufen und stand in Filiale 1 des Supermarktes A. vor  dem Nichts: alles weg! Sollten da einige Wuppertaler meinen blog gelesen und zugegriffen haben? Leider sehr unwahrscheinlich, Variante 2 greift da wohl eher, niemand kauft und der eigentlich tolle Wein wird von den Einkäufern des Supermarktes nicht nachbestellt! Bei Besuch der Filiale 2 in Elberfeld am HBF dann großes Staunen: Jahrgang 2014 (!) vorrätig, aber keine Zeit für Experimente mehr, Jahrgang 2017 musste her! Und dann wirklich noch in Filiale 3 namens Steinbeck ein paar Flaschen 2017er da und happy end: der Chiaretto vom linken Ufer kam ganz gut an…

 

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5 Responses to Mutprobe im Supermarkt, Teil 1!

  1. Clemens GEYER sagt:

    Hallo Peter!
    Ich habs mir jetzt in Ruhe durchgelesen. Ich finde auch, dass es ganz wesentlich ist,zu wissen welche Supermarktweine bis 10 Euro eine gute Qualität und Preis Leistungsverhältnis bieten, weil um 20 Euro was zu finden ist jetzt nicht die große Kunst.
    Beim Rosé kann ich schlicht mit deinem Wissen nicht mithalten, da fehlt mir derzeit auch das nachhaltige Interesse.
    Lustig finde ich, dass ich heute auch einen Kloster Ebersbach im Supermarkt in den Händen hielt.
    Lg aus Wien!

    • Weinschank sagt:

      Hallo Clemens,
      danke fürs Lesen älterer Beiträge im blog, bist eine treue Seele! Wie Du siehst, ist es noch zu keiner Fortsetzung der Supermarkt-Serie gekommen, deshalb hat es mich sehr gefreut,
      in Deinem tollen und lustig-traurigen Bericht bei Instagram von weiteren Erfahrungen zu dem Thema zu lesen. Versuche mich selber regelmäßig zur Jagd auf PLV-Schätze zu zwingen,
      auch wenn es mir immer schwerer fällt und bei Instagram kann man dann mit den Bildchen der gefundenen Weine auch keinen Blumentopf gewinnen! Einer meiner Supermarkt-Lieblingsweine,
      der Valtènesi-Chiaretto von Ca Maiol, mittlerweile Jahrgang 2019, zeigt noch eine bisher gar nicht beschriebene Problematik: Preiserhöhung um 1,50 Euro pro Flasche!
      Bis später Dein Weinschrank, Peter

  2. Ully Zelke sagt:

    Grüß Dich Pedro.

    Du hattest ja mal beim Menükarussell angedeutet, dass Du Dich mal mit Supermarktweinen beschäftigen wolltest. Das finde ich als einfacher Genießer (zumindest wenn es um Wein geht) sehr interessant. Hat mich gefreut, dass Du auch bei diesen Weinen etwas Trinkbares entdeckt hast. Ich werde mal versuchen die, von Dir empfohlenen, Weine zu finden um sie auch mal zu Kosten.

    Vielen Dank und Grüße

    von Ully

    • Weinschank sagt:

      Hallo Ully,
      sorry für die späte Antwort, aber ich war zwei Wochen auf Weinjagd im Ausland (dazu in Kürze mehr). Suche zur Zeit auch intensiv im Preisbereich < 11 Euro und habe auch schon einige Weine gefunden, denk an das passende Markierungszeichen € und bleib dabei. Viele Grüße und bis bald Pedro Weinschrank

      • Weinschank sagt:

        Hallo Ully, man bin ich blöd!, habe Dich verwechselt und vergraule dadurch noch meine letzten treuen Leser, immerhin passte die Antwort perfekt und jetzt weiß ich auch wieder, wer Du bist! Guck mal ab und zu in den blog und such mal nach den vorgestellten Weinen, lohnt sich und wenn nicht, schreib mal Deine ehrliche Meinung! Grüße auch an O. und bis bald…

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