Leuchttürme aus Portugal!

 

Zwei Wochen Urlaub in Portugal: kleines Land mit großer Geschichte und Kultur, scheinbar immer im Taumel zwischen großer Vergangenheit und einer Gegenwart mit großen Problemen. Die Menschen sind stolz, aber auch liebenswert und hilfsbereit. Durch die sehr unterschiedlichen Regionen, die unzähligen (meist autochthonen) Rebsorten und einem Wechselspiel zwischen Bewahrung uralter Traditionen und dem Aufbruch in die Weinmoderne, auch ein sehr spannendes Weinland. Und der Weinschank im Gegensatz zur ProWein dieses Mal sprachlich besser aufgestellt, Konzentration lag voll auf Weißweinen, was sollte denn da noch schief gehen?

 

Cascais

Leuchtturm Cascais

 

Leider ging noch sehr viel schief, die Unsicherheitsfaktoren bei der Weinsuche sind vielfältig. Neben den altbekannten Problemen mit der Gastronomie und dem stationären Weinhandel ist auch in Portugal die Mode weit verbreitet, anstatt der Typizität der Rebsorte, die Höherwertigkeit eines Weines durch Holzeinsatz zu betonen. Was nutzen aber hunderte autochthone Rebsorten, wenn man nur Vanille riecht und schmeckt? Holzeinsatz ist eine Kunst und gelingt auch im Burgund nur wenigen Erzeugern perfekt. Dieses Problem gibt es in vielen Weinländern, aber in Portugal ist es besonders ärgerlich, hier schlummern so viele Rebsorten-Schätze, denen man nur eine unverholzte Chance geben muss.

 

Time out Market

Verwirrend große Auswahl

 

Nach einigen Wein-Enttäuschungen in eigentlich sehr guten Restaurants, dann der erste Treffer im Restaurant Clotilde, Estoril: ein Roséwein aus der großen, in Nordportugal gelegenen Vinho Verde-Appellation. Durch die vielen zugelassenen Rebsorten (z.B. Azal Tinto, Espadeiro, Loureiro, Trajadura, Alvarinho u.a.) dürfen in der Appellation Vinho Verde DOC Rotweine, Weißweine und Roséweine hergestellt werden. Vinho verde bedeutet eigentlich übersetzt „grüner Wein“, durch die Appellationsbestimmungen darf man aber eher einen jungen, spritzigen, leicht schäumenden Wein (besonders von den Großerzeugern wie z.B. Casal Garcia) erwarten. Vieles ist hier sehr süffig und fällt unter die Kategorie Super Preis-Leistungs-Verhältnis, man probiere z.B. mal den Vinho Verde „Muralhas de Moncao“ oder den „Quinta da Aveleda“. Aber der Vinho Verde Rosé von der Quinta de Curvos dann doch noch eine andere Kategorie, 100% rote Traube Espadeiro, lachsfarbend,  toller Himbeer- und Johannisbeerenduft, schön ausbalanciert im Mund, lebhafte Säure, gute Länge, süffig und immer ein passender Essensbegleiter zu ganz verschiedenen Gerichten. Ein toller Wein in einem ganz tollen Restaurant Clotilde!

 

Vinho Verde Rosè

Quinta de Curvos 2017 Vinho Verde Rosè

 

Die Vinho Verde-Region ist noch mal in neun Unterregionen aufgeteilt, aus der berühmtesten Region Moncao e Melgaco dürfen als Weiße nur Weine aus 100%   Alvarinho erzeugt werden. Von vielen guten probierten Weinen konnte mich dieses Mal am meisten der Vinho Verde Alvarinho vom Weingut Solar de Serrade im großartigen Restaurant Latitude 38 ° – 43′ in Lissabon begeistern. Sehr typischer Aprikosenduft, sehr eleganter Wein mit Säure und mittlerem Körper, im Mund fruchtig und sehr ausgewogen, lang, schöner Alvarinho und toller Essensbegleiter (Meeresfrüchte, Fisch).

 

Unterregion Moncao e Melgaco

Alvarinho 2018 Solar de Serrade

 

Den nächsten Weißwein aus der berühmten Region Douro gab es gefühlt auf jeder Weinkarte der besuchten Gastronomie Portugals, eine Weißwein-Cuvee (Codega, Malvasia, Verdelho, Viosinho) vom berühmtesten Weingut Portugals, der Casa de Ferreirinha, auch Erzeuger des roten, sündhaft teuren Kultweines Barca-Velha. Trotz seiner wahrscheinlichen Millionenauflage überzeugte der Weiße Planalto Reserva neben seinem günstigen Preis besonders mit seiner Süffigkeit, die niemals banal wurde und schönen Fruchtaromen nach Birne, Melone und Zitrus. Der absolute Einstiegsweißwein für Portugalfreunde oder solche, die es werden wollen.

 

Casa de Ferreirinha

Planalto Reserva 2017

 

Auf die Rebsorte Encruzado aus der altehrwürdigen Region Dao war ich schon sehr gespannt, alles international austauschbar oder gibt es wirklich einen eigenen Stil? Am besten gefiel mir der Druida Reserva, Encruzado-Reben von 500 Meter hoch gelegenen Lagen, er entwickelte eine enorme Komplexität und Eleganz, Zusammenspiel von Frucht (Mandarine, Litschi) und Mineralität (kann man nicht nur auf Granit beißen, sondern ihn auch schmecken?), Tee, ein Hauch von Holz, alles passte schon gut zusammen, superelegant und ausgewogen, vielleicht der beste Weißwein auf der Reise.

 

Encruzado

Encruzado Reserva 2017 Druida

 

Und dann zum Abschluss im Strandrestaurant in Estoril noch einen alten Bekannten getroffen, den Arinto (Rebsorte) Prova Régia Reserva von der Quinta da Romeira aus Bucelas, einer kleinen Appellation im Norden Lissabons. Diesen Wein habe ich auf der Insel Madeira in Funchal bei senhor Francisco im „A Carreirinha“ entdeckt und lieben gelernt, ein idealer Speisenbegleiter, besonders zu den köstlichen Kleinigkeiten, mit denen mich Francisco immer wieder anköderte, aber auch ein schöner Weißwein in Estoril zu Sushi. Nach einer kurzen Holzattacke in der Nase, dann ein toller Geruch nach Zitrusfrüchten, Äpfeln und Ananas, mineralische Noten und Frucht im Mund, voller Körper, schöne Säure, richtig süffig und ein Schmeichler zu kleinem Preis. Arinto aus Bucelas D.O.C.!

 

Bucelas DOC

Arinto Prova Régia Reserva 2017

 

Fazit: Für mich sehr typische und schöne Weine, ich werde sie jetzt mal ab und an in Blindproben einsetzen und dann berichten, wie und wo man diese Rebsorten einsortiert hat, immer spannend, wie Exoten auf routinierte Weintrinker wirken! Die Konzentration auf Weißweine musste sein, die Rebsortenvielfalt bei Rotweinen in Portugal ist phänomenal und noch extremer, Schande über die EU!, die nur den Anbau von einigen wenigen Reben in Portugal subventioniert und dadurch indirekt zum Ausreißen von uralten Stöcken auffordert! Das Thema portugiesische Rotweine bleibt auf dem Schirm.

 

Cabo da Roca

Leuchtturm Cabo da Roca

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2 Responses to Leuchttürme aus Portugal!

  1. Meissner sagt:

    Eine Reise von Wein zu Wein.
    Beneidenswert, wenn man mit Enthusiasmus für diese Gabe der Natur, genügender Kenntnis und sensiblen Geschmacksnerven ausgestattet solch eine Reise zu unternehmen vermag. Die Lust dazu wäre uns gegeben, der versierte Guide müsste angeheuert werden.
    Ich habe mit Interesse den bemerkenswerten Bericht gelesen und werde bei meinen nächsten Weineinkäufen Ausschau halten nach einem der angepriesenen Weinschätze.
    Oder vielleicht mal selbst zu den “ Quellen“ fahren??
    Danke Weinschank für den gelungenen Reisebericht.

    • Weinschank sagt:

      Hallo Karin,
      oh wie schön, dass Du auch mal was geschrieben hast, na ja!, ein bisschen kenne ich mich in Portugal aus, aber es lief bei der Weinsuche weder rund noch habe ich das Gefühl, dass ich alle wichtigen Weißwein-Rebsorten Portugals vorgestellt hätte, kleines Land, großer Rebenschatz! Apropos Guide, beim Besuch des sehr guten Restaurants Sisudo in Almocageme konnten wir neben dem Fernsehteam auch noch eine Gruppe mit Fremdenführer bewundern, dieser Guide kannte sich sehr gut aus (besonders bei hochprozentigen Getränken) und klatschte jeden Teilnehmer und dann auch noch die Mitarbeiter im Restaurant ab! Eine große Auswahl portugiesischer Weine gibt es übrigens in der Stadt Eurer wunderbaren Tochter! Viele Grüße Der Weinschank

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