Ich musste eine Woche beruflich nach Karlsruhe (Baden) und freute mich riesig, nach der Arbeit auf Burgunder-Jagd gehen zu können, um den nächsten Wein für meinen blog zu finden.
Um wirklich nichts dem Zufall zu überlassen, reiste ich sogar einen Tag eher an und besuchte abends bei herrlichem Wetter ein aussichtsreiches und wunderschönes Sternelokal und bestellte das 5 Gänge Menü mit begleitender Weinauswahl. Das präsentierte Essen war wirklich klassisch und klasse, aber die „passenden“ Weine waren unterirdisch, gutes Essen und Wein können sich gegenseitig beflügeln und zu großem Genuss führen, aber hier leider das genaue Gegenteil erfahrbar: die zerstörerische Kraft von „Blümchen-Grauburgunder“, „Gletscherbonbon-Riesling“, brandigem Spätburgunder und „Möchtegern-Süßwein ohne Süße und Säure“, ich habe alles entsetzt stehengelassen, um mir nicht das Essen total zu versauen, so eine lieblose Zumutung! Traurig schaute ich aus dem Fenster über steil abfallende Weinberge, paradox, Baden besteht aus so vielen Unterregionen und man wählt zielgerichtet die mainstream-Heimsuchungen aus der Pfalz (genau wie das Elsass auch nicht weit entfernt) und sonstige Plagen aus. An alle Sterneköche, bitte unbedingt in eine vernünftige Weinauswahl investieren, sonst macht man sich alle Anstrengungen in der Küche wieder selber zunichte!
Leider ging das nun regelmäßig so weiter, jeden Abend gutes Essen, aber die offenen Weine auf den Weinkarten belanglos bis sehr schmerzhaft unangenehm, das kann doch nicht so schwer sein!, man sitzt doch an der Quelle und die offenen Weine sind für mich die Visitenkarte eines Restaurants! Durch einen Tipp eines netten Arbeitskollegen konnte ich mit dem Besuch des Restaurants „Mediterrane“ in Durlach wenigstens die totale Wein-Pleite verhindern, man hatte neben großartigem Essen Weine aus aller Welt und sogar zwei gute badische Weine im offenen Ausschank, einen Grauburgunder vom Weingut Nägelsförst (Baden first!) und eine rote Cuvee vom Weingut Klumpp (Kraichgau, Baden-Nord). Es geht doch!, aber geht es auch noch besser?
Der örtliche Ostviertel-Weinhandel in Karlsruhe hatte mich natürlich auch noch „beraten“ und von vergessenen Rebstöcken und (zu vergessenden) Sondereditionen geschwärmt, die mitgebrachten Flaschen waren dann aber auch nichts für den blog, nun war der Ehrgeiz bei mir aber richtig geweckt und einer meiner Weinkumpel verwies mich dann auf einen alteingesessenen badischen Weinhandel in Münster:
Nach so vielen Versuchen ein kleines happy-end, der Weinladen bot zwar nur eine Miniauswahl aus den verschiedenen badischen Regionen, aber dafür zwei Burgunder unter zehn Euro für meinen blog, die für mich klassisch schmeckten und fern von allen störenden Blümchen- und übertriebenen Fruchtnoten waren, ein Grauburgunder und ein Weissburgunder vom Weingut Martin Waßmer, Markgräfler Land, Baden:
Der Grauburgunder mit klassischen Duftaromen nach Nüssen, Mandeln und nur leichten fruchtigen Aromen nach Birne und Zitrusfrüchten, im Mund cremig und mineralisch, ein etwas unheimlicher Alkoholgehalt (13,5%), aber gut eingebunden und nicht schmeckbar, ein schöner kräftiger Essensbegleiter zu Fisch, Meeresfrüchten aber auch Pasta. Sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, kein eleganter Kracher, aber für mich ein typischer Grauburgunder! Leider ist Grauburgunder zur Zeit in Mode (Pinot Gris ist out!) und er wird mit allen (Zusatz-) Mitteln zu everybody’s darling gemacht und riecht und schmeckt meistens nach übertriebenen Sauvignon blanc oder Traminer…
Auch der Weissburgunder ein eher klassischer Vertreter, auch wieder Aroma nach Nüssen und sehr dezente Fruchtnoten, mäßiger Körper, spürbare Säure, zurückgenommener Stil, sehr gut vorstellbar als Essensbegleiter zu Salat, Fisch, Meeresfrüchten oder Geflügel.
Das Thema badische Weine wird mich weiterhin begleiten, ich habe vor kurzem den zweiten Marschbefehl für die nächste Woche Karlsruhe bekommen, hoffentlich kann ich die erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen trotz Nachtschicht dort umsetzen, Potential ist da genug, man muss die Sachen einfach nur finden…