Jahrgang 1968 in Hamburg: alt, aber in Form!

 

Ich wollte in Hamburg am 11.04.2018 zwei Dinge klären: Kann man auch als regelmäßiger Weintrinker 50 Jahre alt werden (natürlich nur mit Genuss von Wein in Massen!) und ist 1968 ein guter (Wein-) Jahrgang?: Für den Beweis der zweiten These hatte ich extra eine Flasche Quinta do Noval Colheita 1968 Old Tawny Port nach Hamburg mitgebracht, er wurde im Jahr 2002 auf die Flasche gezogen und von mir noch ca. 15 Jahre aufrecht stehend auf dem Küchenschrank gelagert.

 

Portwein

Colheita 1968 Old Tawny Port

 

Ich hatte doch Zweifel, ob der Wein noch genießbar wäre, als mir dann beim Öffnen auch noch der Korken abbrach, rutschte mir das Herz endgültig in die Hose, doch in unfassbarer Kleinarbeit und mit viel Geschicklichkeit konnten der Bruder meiner zauberhaften Freundin und sein Freund die Flasche schließlich retten:

Der Wein dann mit rotbrauner Farbe im großen Burgunderbembel (Absicht!), im Geruch getrocknete Feigen, Karamell, Würze und Lacknoten, beim Geschmack eine Wärmewelle, Honig, Mandeln, Rumtopf, aber auch deutliche Medizinnoten, sehr elegant und süffig. Alle waren angetan und die Flasche wurde in Rekordzeit geleert, wirklich beste Werbung für die Reifefähigkeit eines Ports und für das Haus „Quinta do Noval“.

 

Portwein

50 Jahre alt

 

Durch diese positive Erfahrungen bestärkt, wollte ich das Thema Port vertiefen und konnte noch in Hamburg einen Dow Vintage 2003 (bei Duske und Duske, Tipp von Cabernet Frank, Dank vom Weinschank!) und in Münster einen Quinta Seara d’Ordens Vintage 2004 und einen 40 Jahre alten Kopke Colheita 1978 für eine Vergleichsprobe erwerben. Das Ergebnis war eindeutig: Der Dow Vintage 2003 brachte trotz seiner Jugendlichkeit so eine Klasse und Eleganz mit, ein unwiderstehlicher Schmeichler, dunkles Rot, superkomplex, weich, warm, Schokolade, schwarze Kirschen, Würze, ein fantastischer Port. Ein eindeutiger Sieger!

 

Portwein

Dow’s Vintage 2003

 

Und die beiden anderen Ports? Eigentlich sollen in diesem blog nur Gewinner und keine Verlierer auftauchen, Verrisse der Weine stehen mir nämlich nicht zu, dazu habe ich zu viel Respekt vor den Winzern und Ihrer Arbeit, es ist nicht gesagt, dass mein Geschmack der einzig Richtige ist (obwohl es nicht so unwahrscheinlich scheint!), außerdem gibt es beim Wein tausend Faktoren, die die Wahrnehmung unterschiedlich beeinflussen können, z.B. Gläsertypen, Temperatur, Speisen usw., usw., trotzdem:  ich mochte die beiden Ports einfach nicht, für mich zu übertrieben (brombeerig und alkoholisch), der Kopke (2017 in Flaschen gefüllt) vielleicht auch kaputt, so extrem brandig (und so positive Internet-Kommentare?!), sehr schade, dass der eigentlich positive Eindruck durch zwei solche Exemplare dann so geschmälert wird.

 

Portwein

Portwein-Probe

 

Nachprobe der Ports am 25.07.2018 (einen Monat nach der Hauptprobe):

Hier wollte ich noch folgende Frage klären: Halten sich geöffnete Ports wirklich noch eine gewisse Zeit in der Flasche (wie z.B. der Madeira Verdelho von Artur Barros e Sousa)?

Die beiden jüngeren Ports (2003 von Dow und 2004 von Quinta Seara D’Ordens) leider schon am Ende, nur noch stechender Alkohol oder eine dumpfe Brühe, der Kopke dagegen unverändert, leider für mich zu brandig, aber im Hintergrund schöne nussige Aromen und tolle Farbe.

Fazit: In dieser Preisklasse (Vintage-Port) eine große Enttäuschung, geöffnete Weine besser sofort austrinken.

 

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3 Responses to Jahrgang 1968 in Hamburg: alt, aber in Form!

  1. Cabernet Frank sagt:

    Hallo Peter,
    vielen Dank für die liebe Erwähnung meines Hamburg Tipps Duske & Duske…das ist ein wunderbares kleines Geschäft für Ports und Madeiras in der Innenstadt, die auch spannende Sachen offen ausschenken.
    Schön das der Dow so gut geschmeckt hat. Ich finde es ist ein hervorragendes Haus. Müssen mal was zusammen probieren.
    Gruß, Cabernet Frank

  2. can sagt:

    Kopke ist irgendwie immer kantiger, als die runden Engländer-Ports.

    Ich hab noch Kopke-Einkäufe aus 2007 im Keller rumliegen. Falls du im Lande bist, such ich mal.

    • Weinschank sagt:

      Hallo Cristiano,
      der 40 Jahre alte Kopke ist nicht in Ordnung, anders kann ich mir seine Vorstellung nicht erklären. Er besitzt zwar eine sensationelle granatrote Farbe mit orangenen Rändern, aber der Geschmack ist eindimensional und brandig. Natürlich will ich den Namen Kopke nicht verunglimpfen, ich weiß auch, dass die Weine normalerweise aufregend sind, aber defekte Weine in dieser Preisklasse tun sehr weh. Habe schon wieder den Weinhandel in Verdacht, aber wie kann man es schaffen, ein eigentlich so robustes Produkt kaputt zu bekommen? Wie schon geschrieben: ich habe meinen 50 jährigen Port über ein Jahrzehnt auf dem Küchenschrank gelagert und der war groß in Form! Es bleibt rätselhaft, geöffnete Ports sollen übrigens noch bis zu drei Monate trinkreif bleiben, auch Du kannst gerne zum Probieren vorbeikommen. Grüße Weinschank

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