Stellt Euch vor, irgendwo in einer Stadt am Ende einer Fußgängerzone gäbe es einen Weinladen, der Euch immer mit Freundlichkeit, Neuigkeiten, seltenen Weinen und Inspiration beglücken würde. Der Laden hätte allerdings auch einen einzigen winzigen Nachteil: Preisaufschläge beim Wein wie im Restaurant! Würdet Ihr trotzdem hingehen bzw. dann auch kaufen? Da es ein Nerello Mascalese von Graci und vom Ätna aus genau diesem Sortiment in meinen blog und die Siegerschankweinliste geschafft hatte, war ich hin und her gerissen und dabei fürchterlich neugierig! Zum Glück bekam ich von der Familie einen Gutschein für den Weinladen geschenkt und es ging wieder hin, gerade wurden Rotweine von der Domaine Jean Vullien et Fils vorgestellt, ein vigneron independant aus den Savoyen, da musste ich natürlich zugreifen! Die wunderschöne Region Savoyen in Westfrankreich an der Grenze zur Schweiz und dem Aostatal (Italien) ist wahrscheinlich noch unbekannter als das weiter nördlich gelegenere französische Weinanbaugebiet Jura und ab und an findet ein medaillengeschmückter Weißwein (z.B. Vin de Savoie Roussette oder Vin de Savoie Chignin-Bergeron A.O.C.) den Weg zu den Internethändlern in Deutschland. Sonst warten die Winzer vor Ort ganz entspannt auf Besuch! Und der kommt dann auch, Savoyen erfreut sich im Winter (Ski) und im Sommer (Wandern, Kulinarik) großer touristischer Nachfrage und die Weine werden fast ausschließlich vor Ort getrunken.
Die Weinregion Savoyen ist so groß wie das Bordeaux, erzeugt aber nur ein 1/50 der Weinproduktion des Bordeaux, mittlerweile sind 2300 Hektar bestockt, 70 % aller Weine sind weiß und es gibt eine große Rebsortenvielfalt, ein Eldorado für Entdecker und Genießer! Rotweine aus der Region waren mir völlig unbekannt, ich konnte gleich drei verschiedene Flaschen der Domaine Jean Vullien et fils erstehen. Die Domaine liegt im Süden der Region, zwischen Chambery und Albertville in einem Ort namens Freterive und besitzt 38 Hektar Rebfläche auf Kalkböden. Von denen sind 7,5 Hektar mit der einheimischen roten Mondeuse-Traube und 4,5 Hektar mit Pinot Noir bestockt. Auch hier gelten die altbekannten Appellationsregeln, je genauer und strenger die geographische Herkunft und die Spielregeln sind, je höher wahrscheinlich auch die Qualität, aber leider auch sicher der Preis!
Der helle und rubinrote Pinot Noir Jeannine 2019 überzeugt mich mit seinem umwerfenden Duft nach Nelken, Leder und Laub, erinnert verblüffenderweise an einen Nebbiolo. Im Mund leicht, frisch, fein und für seine Jugend schon überraschend weich, Beerenaromen und Lorbeer, schöner würziger und schmelziger Abgang, sehr süffig, gefällt mir als Startwein richtig gut! Ein beruhigender erster Treffer!
Aber dann der erste Wein meines Lebens aus der autochthonen Rebsorte Mondeuse, ein Vin de Savoie Mondeuse 2018 Vieilles Vignes Prestige. Sehr dunkles Rot, super spannende pflanzliche Nase, Linsen, Veilchen, Estragon und Johannisbeere, im Mund ein wenig Schwarzkirsche, aber dann anrollende würzige und erdige Noten, dazu feine Säure und Tannine, alles überraschend ausgewogen und mit schönen Abgang! Ein Traum für Blindverkoster, aber ich fürchte kein Wein für Anfänger oder Leckerschmecker, auf jeden Fall eine großartige Überraschung!
Nicht minder spannend dadurch natürlich der zweite Mondeuse-Wein, aus einer höher eingeschätzten Appellation stammend und mit Ortsangabe versehen, ein Vin de Savoie Arbin Mondeuse AOC. Schwere Flasche mit einem schönen geprägten Savoie Wappen versehen, erinnerte mich sehr an die Flaschen aus der Appellation Châteauneuf-du-Pape AOC an der Rhone, ich erwartete nun Power ohne Ende, aber zum Glück blieb alles in feiner und unaufgeregter Harmonie. Kirschrote Farbe, wieder spannende Nase mit Pflaume, Pfeffer, Unterholz und Leder, im Mund sehr fein, rote Früchte in Verbindung mit Erdigkeit, süffig, schöner Abgang. Unterschied sich deutlich von seinem Vorgänger, nicht so extrem pflanzlich und erdig, dafür viel eleganter. Gefiel mir ebenfalls super, das dürfte ebenfalls ein wunderbarer Wein für food-pairing sein. Tolle Serie, Respekt!
Durch meine sehr stark italienisch geprägte Weinanfangszeit vor fast 30 Jahren entdeckte ich bei der Suche nach Wein PLV-Krachern (das Geld war damals sehr knapp!) durch eine Schaufensterauslage ein großartiges Weinbistro in Bochum („da Concordio“), eine edle Rebsorte und den Süden Italiens! Der charismatische Concordio und seine hübsche Frau waren zu jener Zeit in Bochum richtig angesagt, gefühlt war die gesamte Kaufmannschaft vor Ort und probierte sich bei sehr guter Pasta-Küche nach Feierabend durch die berühmte Weinwelt Italiens und auch durch die unbekannte Weinwelt der Region Kampanien. Neben vielen italienischen Weinklassikern gab es auch die exotischen kampanischen Weißweine wie Greco di Tufo, Fiano di Avellino oder Coda di Volpe und sogar einen Rotweinstar aus Kampanien, den Taurasi DOCG, der „Barolo“ des Südens, blablabla, gemacht aus 100% der Rebsorte Aglianico. Statt des hochpreisigen Taurasi hatte Concordio für meine Bekannten und mich immer einen bezahlbaren Aglianico bereit, einer unserer Lieblinge war der Aglianico Fidelis von der Cantina del Taburno in Benevento, einer Genossenschaft mit 300 Mitgliedern aus dem Hinterland Neapels und dadurch mit wertvollem Besitz an den Hängen des erloschenen Vulkans Taburno ausgestattet.
Immer ein Erlebnis, wenn irgendetwas zu feiern war und wir uns dann mal den Delius aus der nächsthöheren Appellation der Cantina gönnten, verblüffte und amüsierte Gesichter im Bistro, der Nachwuchs trinkt exotisch, aber wir waren glücklich und gehörten dann auch irgendwann dazu, es wurde angestoßen und geplaudert! Und natürlich legte Concordio noch einen drauf, die Cantina del Taburno hatte auch ein Spitzenprodukt aus damals über 150 Jahre alten Aglianico-Rebstöcken im Sortiment, den Bue Apis!, der Preis für uns damals zu heftig!, leider ist es dadurch nie zu einer Probe gekommen, obwohl wir sehr schwankend und neugierig waren! Die Zeit ist durchgerauscht, Familie Concordio ist wohlhabend in die Heimat der Väter nach Kampanien zurückgekehrt und führt eine schöne und aussichtsreiche Pension in Agropoli, der edle Aglianico ist als Rebsorte mittlerweile in Deutschland total in Vergessenheit geraten (der omnipräsente Primitivo aus Apulien ist wahrscheinlich schuld!) und der Weinschank wird alt und schwelgt immer häufiger in Erinnerungen! Also back to the roots und Aglianico der Cantina del Taburno ordern , gar nicht so einfach, leider in Deutschland nicht mehr zu bekommen, immerhin konnte ich über Instagram direkt eine Kiste aus Italien anfordern, das musste einfach sein. Ich war gespannt auf die Weine und der Bue Apis war auch dabei!
Und gleich der ehemalige Liebling Aglianico Fidelis aus der großen Appellation Sannio DOC als Jahrgang 2017 merkwürdig ausgezehrt, kratzig und ruppig, Weinfehler oder schlechter Jahrgang? Bevor ich überhaupt den ersten Selbstmitleid-Gedanken fassen konnte, öffnete ich einfach die zweite mitgeorderte Flasche und siehe da, ein völlig anderer Wein präsentierte sich, der Plan mit der Absicherung ging wieder voll auf, nicht auszudenken, wenn ich den Aglianico wegen eines Weinfehlers verrissen hätte. Sehr dunkles Rot mit violettem Einschlag, in der Nase Kirsche und Pfeffer, im Mund süße Frucht und Würze, Säure und spürbares Tannin, ausgewogen und süffig, würziger Abgang, für mich eine gelungene Zeitreise, jetzt noch die tollen Pastagerichte aus dem „da Concordio“ dazu, kleiner Wein ganz groß!
Ambitionierter der Delius 2016, ein Aglianico aus der Appellation Taburno DOCG, an den Rändern im Glas etwas heller als der Fidelis, tolle Nase nach Kirsche, Pflaume, Tabak und Pfeffer, am Gaumen mit vollem fruchtigen Körper, geschliffenem Tannin und eingebundener softer Säure, sehr harmonisch und ausgewogen, langer und feinfruchtiger Abgang, sehr eleganter Wein, ein Aglianico in großer Form!
Aber jetzt der mit Spannung erwartete Bue Apis: auf dem Etikett die geheimnisvolle Statue aus ägyptischen Granit in Form eines Stieres, die 1629 am Fluss Sabato in Maccabei (bei Benevento) gefunden wurde und mittlerweile etwas unscheinbar vor einer Kirche in Benevento steht. Wahrscheinlich stammte die Statue wirklich aus Ägypten und war in einem römischen Tempel in Benevento aufgestellt. Im Zuge der Verbannung von heidnischen Kultgegenständen, wurde der Apis-Stier der ägyptischen Mythologie dann bei Maccabei „entsorgt“. Die Geschichte gefällt mir und erinnert mich ein wenig an einen Weingutsbesuch in Vipava (Slowenien), als ich gefragt wurde, ob ich schon den Sarkophag im Museum gesehen hätte, als Ort an einem Pass wäre in Vipava viel abgestellt worden.
Faszinierend auch die Hänge des Vulkans Taburno mit seinen uralten Aglianico-Anlagen, ein Weingarten beim Dorf Pantanielli mit ca. 200 Jahre (!!!) alten wurzelechten Rebstöcken und hingebungsvoller Pflege von schon sehr betagten Genossenschaftsmitgliedern, bringt die Trauben für die ca. 6000 Flaschen, die jedes Jahr in der Cantina del Taburno als Spitzenprodukt abgefüllt werden und schnell ausverkauft sind.
Der 2015er Bue Apis mit sehr dunklem Rot, in der Nase nach guter Belüftung im Dekanter Kirsche, Brombeere, Tabak, Süßholz und Waldboden, im Mund wieder Kirsche und Beeren, ein Hauch Würze und Bitterschokolade, voller Körper, konzentriert, aber kein Stier, wirklich eher auf der cool climate-Seite, alles bleibt harmonisch und ausgeglichen, feine Tannine und Säure, langer Nachhall und meines Erachtens viel Zukunftspotenzial, ein ganz großer Rotwein!
Paradox: nach mehreren Reisen nach Süditalien (Apulien und Kampanien) ist plötzlich das deutsche Weinanbaugebiet Hessische Bergstr. für mich der viel größere Exot, obwohl es doch eigentlich viel besser erreichbar scheint. Aber entweder blieb ich im Rheingau oder an der Nahe hängen oder ich rauschte durch nach Franken. Beim einzigen Tagesbesuch in der Region kann ich mich nur noch an die grimmigen Kopfschmerzen am nächsten Tag erinnern. Deshalb beobachtete ich freudig den scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg eines erst 2013 gegründeten Weingutes, den großen Erfolg der Sektmanufaktur Griesel und Compagnie aus Bensheim. Nach Aufgabe der historischen und schönen Produktionsstätte von 1904 durch die Hessischen Staatsweingüter im Jahre 2010 in der Bensheimer Altstadt, kaufte die Familie Streit das Anwesen und verfolgte eine klare Strategie: hier sollte junge Innovation in alten Gemäuern zu völlig neuen Qualitäten in der doch sehr kleinen (ca. 450 Hektar), verschlafenen, vergessenen und immer nur durchschnittlich bewerteten Weinregion führen. Ein Sekthaus sollte es werden, 7,5 Hektar Rebfläche, ein großartiger Kreuzgewölbekeller und moderne technische Ausstattung standen bereit, aber wer sollte der Macher werden? Die Wahl fiel auf den erst 30 jährigen Niko Brandner, Quereinsteiger (Banker), aber dafür dann mit Topumschulungsausbildung beim Sekthaus Raumland (Rheinhessen) und beim schon hier öfter erwähnten Weingut Fürst in Bürgstadt (Franken). Wohl ein absoluter Glücksgriff, die Kritikermeinungen überschlagen sich mit höchstem Lob, es war endlich der Zeitpunkt gekommen, mal drei Sekte aus der Grundlinie zu verkosten!
Vom Chardonay Brut Nature nur 2988 Flaschen, 100% Handlese, keine Dosage, goldgelbe Farbe, in der Nase Apfel, Hefe und etwas Mandel. Am Gaumen frisch, Apfel und Kräuter, etwas Herbe.
Der Riesling Brut 2018 ebenfalls aus 100% Handlese, mit 5g/Liter Dosage und 13% Reserve perpetuelle, also 13% Zugabe als Riesling-Grundwein aus dem Stückfass: goldgelbe Farbe, in der Nase Mandarine, Hefe und Blüten, im Mund feine Perlage, viel Zitrus und Säure, Herbe und Würze.
Vom Pinot Brut Nature 2017 3190 Flaschen, wieder 100% Handlese, 100% Pinot Noir, 0 g/Liter Dosage, 34 Monate Hefelager und 6% Reserve perpetuelle. Goldgelbe Farbe, in der Nase Johannisbeere, Brot und Mandel, im Mund sanfte Perlage, Apfel, Herbe und Würze.
Sehr schön gemachte Sekte mit Rebsortentypizität und Champagnerambitionen, aber wie soll ich das jetzt nach dieser superlangen und positiven Einleitung bloß schreiben? Es droht neues Ungemach, ich muss vieles vorbereiten und kann durch meinen Schichtdienst manchmal erst sehr spät probieren. Bei den drei Sekten habe ich auf mindestens einen Treffer gehofft, mir haben die Sekte aber einfach alle nicht geschmeckt, das kommt in den besten Familien vor! Mich störten die herben Töne, die Holzwürze und eine schnell nachlassende Straffheit der Perlage, die zu viel Breite und zu noch mehr Herbheit führte. Hatte einfach keine Lust mehr auf das nächste Glas! Sehr schade, ich war sehr geknickt, so läuft das manchmal, aber probiert bitte selbst und schreibt dann mal hier Kommentare. Die Geschmäcker sind ja zum Glück sehr verschieden!
Manchmal habe auch ich mal Glück, habe von meiner netten Madeira-Urlaubsbekanntschaft Christian, der mittlerweile aus Mainz in die Pfalz umgezogen ist, zwei Flaschen Rotwein geschenkt bekommen, ein Spätburgunder war klasse (dazu später!), die zweite Flasche war ein totaler Exot und passte wunderbar in diesen Beitrag: ein spanischer Tempranillo im Versuchsanbau in der Pfalz! Die Genossenschaft Weinwelt Herrenberg-Honigsäckel in Bad Dürkheim-Ungstein hat 105 Mitglieder unter Vertrag, die 185 Hektar an den Hängen des schönen Haardtgebirges bewirtschaften. Ist man in der Pfalz normalerweise recht bodenständig unterwegs, zeichnen sich hier einige Mitgliedsbetriebe mit großer Experimentierfreude aus. Es gibt Viognier, Hibernal und Soreli bei den weißen und Merlot, Syrah und eben auch Tempranillo bei den roten Rebsorten im Anbau, die dann sortenrein von einem erfahrenen Team im Genossenschaftskeller verarbeitet werden. Bin ja immer bei der Verkostung gespannt, aber ein spanischer Pfälzer machte mich besonders neugierig!
Ein dunkler Tempranillo-Rotwein 2019 vom Ungsteiner Honigsäckel, duftet nach Kirsche, Beeren und etwas Vanille, im Mund dann dem jungen Alter geschuldet noch zu viel Säure, aber auch saftig, fleischig und mit Würze, dazu voller Abgang, tolles PLV und toller Tipp von Christian, freundliche Menschen in der Verwaltung der Winzergenossenschaft, auf jeden Fall auch ein Anlaufpunkt beim nächsten Pfalzbesuch!
Irgendwie bin ich ja mit meinem weinblog selber ein Exot, ein Internet-Weinlesebuch mit wenigen täglichen Aufrufen und noch weniger Kommentaren (wenn man mal von den 10 Millionen Fake-Kommentaren absieht, die ich dann leider immer alle löschen muss!), am 01. Juli 2019 dann der Versuch, mit den Bildern aus dem blog, ein wenig Werbung für mein Geschreibsel bei Instagram zu machen. Und siehe da, ich wurde von einigen neuen und treuen Lesern gefunden! Tausend Dank dafür vom Weinschank, habe durch Zufall und zum ersten Mal überhaupt nun auch einen zum Thema passenden Wein bei Instagram gefunden, einen wirklich exotischen Grenache 2018 aus der Pfalz vom Weingut Reibold aus dem schönen Freinsheim in der Pfalz! Bis dorthin habe ich es mal von der Nahe aus bei sengender Hitze mit Rad und einem Kollegen geschafft, in der fast schattenlosen Weinlandschaft eine große Strapaze! Hätte ich da mal schon von der superschönen Wohlfühloase auf dem Musikantenbuckel gewusst, ein tolles Herzensprojekt von Vater Hans-Dieter Reibold. Seit 2012 sind die Söhne, Philipp und Johannes, ins Weingut eingestiegen und haben die Weinkritik aufhorchen lassen, ab Jahrgang 2017 ist man auch biozertifiziert.
Auf dem Musikantenbuckel ist nicht nur dieser tolle Wohlfühlort der Reibolds, sondern so heißt auch eine extrem warme Quarzsandlage mit Kiesuntergrund. 2010 hat man hier die in der Welt weitverbreitete spanisch-französische Rebsorte Grenache gepflanzt, in Deutschland eine mutige Pionierleistung mit Alleinstellungsmerkmal, natürlich werden bald andere Weingüter nachziehen. Der 2018er mit rubinroter Farbe, in der Nase am Anfang ein verfliegender Muffton (kein Kork!), dann viel Kirsche, etwas Pfeffer und ein Hauch Vanille, am Gaumen frische Säure und wieder Kirsche, wirkt auf mich trotz guter Länge noch etwas zu ungestüm und jung, zur Zeit nicht mein Grenache-Favorit, aber abwarten!
Mit dem Bus raus aus Münsters Altstadt, raus an der Haltestelle Ackermann und rein in das schöne Restaurant Ackermann. Dort haben wir dann eine nette Bedienung erwischt: zum Menü gab es auf Wunsch von mir blind eine Weinbegleitung, ich liebe dieses Format, auch wenn ich öfter daneben liege, aber nur so lernt man was dazu und schärft seine Sinne! Der angenommene Grauburgunder war ein Chardonnay, der Spätburgunder dann ein Treffer!, aber was kam da zum Hauptgang? Ein sehr üppiger und weicher Wein, hat mir zum Essen (Fleisch) sehr gut gefallen, mein Tipp Merlot wurde aber verneint und mit Cabernet Sauvignon gekontert. Nach Auflösung und Recherche „Minutenglück“ vom Weingut Ökonomierat Johannes Kleinmann aus der Pfalz, eine Cuvee aus Cabernet Sauvignon und Merlot. Matthias Kleinmann führt das traditionelle Weingut in Birkweiler (südliche Pfalz) „lagenhaft“ souverän, ich war auf die Nachprobe gespannt!
Dunkelroter Wein, in der Nase Beeren, Pflaume, etwas Holz und Schokolade, am Gaumen überraschend weich, die Säure vom Holz gezügelt, mit viel Körper und alkoholisch, dadurch schön langer und feuriger Abgang, Bordeaux-Stil rechtes Ufer, St. Emilion oder ähnliches, aber nach Auflösung dann südliche Pfalz. Ganz gut, dass ich schon mit meiner Antwort in Runde 1 auf die Bretter musste.
Schon oft im Weinladen in Solingen gesehen, aber bisher noch nie rangetraut: ein gereifter Wein aus der Rebsorte Albalonga, eine Kreuzung aus den 50er Jahren aus Müller-Thurgau und Rieslaner, die in Würzburg gezüchtet wurde. Soll auch wunderbare edelsüße Weine liefern, hier aber eine trockene 90er Auslese mit 12% Alkohol. Da mich die Rieslaner Auslese aus dem gleichen Jahrgang und vom gleichen Erzeuger Fürstliches Castellsches Domänenamt schon vor längerer Zeit begeistern konnte, war ich mal wieder sehr auf diesen alten Exoten gespannt. Leider ist die Albalonga-Anbaufläche sehr geschrumpft (nur noch ca. 14 Hektar in Deutschland) und die Weine sind sehr selten geworden. Kleinere Bestände noch in Franken (2 Hektar), Rheinhessen und in der Pfalz.
Wie schon befürchtet, lieferte ich mir dieses Mal ohne Hilfe aus der Verwandtschaft oder des genialen Francois Audouze einen langen Kampf mit dem Korken. Dieses Mal bekam ich ihn gar nicht aus der Flasche, dafür konnte ich einen Teil aus der Mitte herausziehen und so hatte ich ein durchgehendes Loch. Musste den Wein dann durch einen Filter gießen, was für eine Ochsentour für den Wein, da träumt man sehr von Spezialwerkzeug. Habt Ihr Tipps, wo man das herbekommen kann? Transparente braune Farbe (der Rotschimmer auf dem Foto täuscht), aber der Wein scheinbar unverwüstlich und mit wunderbarer Nase: Grapefruit, kandierte Zitrusschale, Kumquats und Feige, im Mund durch schöne Säure (weniger als beim 90er Rieslaner) und Mandarine überraschend frisch, Mandeln, sehr konzentriert und voll, mächtige Mundfülle, köstlich, langer Nachhall, sehr überzeugender und spannender Wein. Toll, was hier für ein lagerfähiger Stoff in die Flasche gebracht wurde.
Fazit:
Sehr gute Noten für Exoten, probiert mal Rotwein (Pinot Noir oder Mondeuse) aus den Savoyen, Aglianico aus Kampanien, Exoten aus der Pfalz oder Albalonga aus Deutschland und berichtet hier in den Kommentaren. Ohne die Sekte wäre das hier eine 1+ geworden, leider hat mir da die Stilistik nicht gefallen, das kann man eigentlich mit Noten gar nicht bewerten, aber ich wollte die Beschreibung und Bewertung der Schaumweine auch nicht aus dem Beitrag herausnehmen. Trotz finsterer Zeiten hat die Verkostung sonst sehr viel Spaß gemacht und abgelenkt.
Hi Peter,
das ist ja schade mit den Sekten von Griesel. Ich habe die Sekte nur mal bei einer Verkostung innerhalb eines anderes Wengutes testen können. Nun, für mich waren die Sekte ok, aber hatten einen Touch zuviel Säure. Ich weiss auch nicht mehr welche Sekte es genau waren. Lieber Peter, ich kann allerdings deine Glasauswahl nicht verstehen, weg mit den Sektflöten, wenn ich es mal sobsagen darf…..
Liebe Grüsse
Eric
Hallo Eric,
habe die Sekte „auswärts“ getestet, da war nichts anderes zur Hand. Habe der Griesel-Compagnie, die die Gläser auch schon bemängelt hat, zugesagt, den Rest meines Bestandes an Griesel-Sekt
zuhause mit meinen Sekt-Spezialgläsern zu verkosten und bei positiveren Eindrücken den blog zu aktualisieren. Bin gespannt!
Viele Grüße
Peter
Ok, das wusste ich natürlich nicht, dann bin ich gespannt was du ggf über Grieselsekt noch berichten wirst. Liebe Grüsse
Eric
So, jetzt habe ich diesen neuen langen Eintrag gelesen.
Wie du ganz richtig schreibst ist Savoyen als Weinregion in Deutschland weitgehend unbekannt und die Rotweine erst recht. In Frankreich findet man sie schon in anderen Regionen.
Etwas verwirrend ist die örtliche Eigenheit Appellationen nach Rebsorten zu benennen (wie bei der roussette). Ich habe noch ein paar verstaubte rote im Keller, die altern ja sehr gut. Grundsätzlich wie du richtig schreibst, sind das ziemlich kräftige, massive Weine. Muss mal wieder einen probieren.
Viele Grüße aus Frankfurt
Frank
Hallo Frank,
eigentlich solltest Du ja nur das Geschreibsel zum Savoyen-Bild lesen, das ist ja gar nicht so lang! Der Rest kommt ja erst noch. Aber ich kann Dich natürlich nicht daran hindern, sofort alles zu lesen. Im Gegenteil, macht mich sogar ganz froh!
Den Appellationsaufbau bei den Weißen finde ich wirklich seltsam, bin zum Glück nur auf die Roten eingegangen, da ist es klarer.
Habe mit Vinatis einen Internethändler mit Sitz in den Savoyen gefunden, dort gibt es viele interessante Weine zu guten Preisen. Die Zeit des Darbens ist vorbei!
Viele Grüße aus der Münster-Quarantäne (bin nach 5 Nachtschichten in der Freischicht positiv auf Corona getestet worden, so eine bodenlose Frechheit und psychologisch so verheerend!)
Peter
Schöne Exoten Auswahl Peter.
Kampanien kann ich nur empfehlen…als Region wunderschön und dieWeine dort richtig gut.
An der Hessischen Bergstrasse war ich schon für einen einwöchigen Wander- und Weinurlaub…damals gab es das Sektgut Griesel noch nicht. Mir haben die Weine vom Weingut Rothweiler und Simon-Bürkle sehr gut gefallen…
Und die Reibold Weine finde ich auch richtig stark. Allerdings hatte ich den Grenache noch nicht im Glas.. .muss ich mir mal besorgen.
In den Savoyen war ich bisher nur zum Ski fahren, die Weine von dort sind mir noch unbekannt. Aber auf der anderen Seite, im Aostatal in Italien gibt es auch hervorragende exotische Bergweine….schöner Blog Beitrag
Freut mich sehr, Frank, dass Du hier mal schreibst,
die Rotweine aus den Savoyen (Pinot Noir und besonders Mondeuse) haben mich sehr beeindruckt, aber auch Aglianico aus Kampanien und die Albalonga-Auslese aus Franken waren toll.
Schade mit den Griesel-Sekten, da war ich leider komplett raus. Da würde es mich sehr interessieren, was Du davon hältst. Würde Deine Meinung aber auch gerne zu anderen Weinen
hören, hoffentlich bald mal wieder eine Blindprobe. Grüße Weinschrank, Peter