Die Suche nach immer neuen Siegerschankweinen und Weingütern, die im blog vorgestellt werden können, geht unaufhörlich weiter! Aber spätestens nach dem Besuch der ProWein 2019 und dem Erkennen des Potentials, das in manchem Sortiment schon vorgestellter Weingüter schlummert, ist bei mir auch der Wunsch da, in unregelmäßigen Abständen zurück zu schauen und schon vorgestellte Weine von anderen Weintrinkern prüfen zu lassen und so das Tempo hier im blog ein wenig rauszunehmen. Eine stilvolle Möglichkeit besteht immer darin, sich nette Leute zu einer Blindprobe einzuladen und das bewährte und spaßige Ratespiel zu starten. Zur Belohnung für den Einsatz der Gäste gab es Antipasti vom Nachbarn gegenüber und tolle Preise zu gewinnen.
Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob die Gäste durch zu gewinnende Preise zusätzlich bei der Blindprobe motiviert werden müssen, alle sind immer voll dabei, haben Spaß und versuchen Land , Region, (Appellation), Rebsorte, Jahrgang und Winzer zu erraten. Neben Schokolade von den französischen Chocolatiers Rebert und Bellanger gab es dieses Mal zwei Weine zu gewinnen, den roten Areni Noir (Rebsorte) vom Weingut Zorah aus Armenien und die Scheurebe feinherb von Tobi Rickes (Nahe) aus dem letzten blog-Beitrag.
Süffiger Schäumer und Cremant de Loire Rosé Brut aus Pinot Noir und Cabernet Franc-Trauben, Domaine de Cray, tolle Entdeckung aus dem Restaurant Pfaffenberg (blog-Beitrag „Hoch oben auf dem Pfaffenberg (Solingen)!“ und mit super PLV versehen. Ging ein wenig im großen Tohuwabohu unter, dafür war aber die Flasche in Rekordzeit leer und fast auch der letzte Unschlüssige von den Spielregeln und dem Verzicht aufs Auto überzeugt.
Glückstreffer aus dem Supermarkt-Beitrag („Mutprobe im Supermarkt, Teil1!“) und ebenfalls ein sehr süffiger Vertreter. Ein Chiaretto (Rosé aus den Rebsorten Gropello, Marzemino, Sangiovese und Barbera) aus den Valtènesi-Hügeln vom Westufer des Gardasees und deshalb zur Lombardei gehörig. Ein sehr guter Essensbegleiter und auch hier war die Flasche rasend schnell leer. Die Valtènesi-Chiaretto aus der Appellation Riviera del Garda Classico D.O.C. vom Westufer des Gardasees sind immer ein wenig teurer als die Chiaretto vom Bardolino D.O.C. Ostufer (Venetien), aber meistens auch viel besser.
Den nächsten Wein hatte ich auf der ProWein 2019 probiert, es war der Nachfolgejahrgang des schon im blog vorgestellten und großartigen 2016er (Hattenheimer) Wisselbrunnen GG (man lese den Beitrag „Auf die Spitze getrieben: drei Mal VDP.Grosse Lage vom Weingut Spreitzer!“). Der 2017er Wein zeigte in der Blindprobe eine mächtige Fülle und Konzentration, aber leider auch deutliche Vanilletöne, im Gegensatz zum 2016er wurde hier mit intensivem Holzeinsatz gearbeitet. Ich könnte durch solche Erfahrungen ganz grau werden, warum wird so etwas gemacht?, alle Feinheiten, die noch beim 2016er zu riechen und zu schmecken waren, verschwinden beim 2017er hinter der Holznote, gerade auch die erwarteten Kräutertöne und die Salzigkeit, sehr traurig! Auf dem hinteren Etikett steht nur „altes Holzfass“, mir hat das keine Ruhe gelassen, ich habe die Spreitzer-Buben direkt angeschrieben, werde berichten, wenn Aufklärung kommen sollte! Habe den 2017er Wein doch auf der ProWein probiert und kein übermäßiges Holz festgestellt, manchmal bringt mich das Thema Wein zur Verzweiflung! Zur Ehrenrettung muss man sagen, dass der Wein sehr gut ankam, „Holz frisst Säure“, dieser mollige Vanilletonstil findet immer seine Fans, aber Rebsorten- und Lagentypizität bleiben dabei auf der Strecke!
Kräftiger aber perfekt ausbalancierter Sauvignon blanc von der Loire, viele Infos im blog-Beitrag „Mit dem Stangentaxi zum PLV-Hammer!“, die Rebsorte wurde traumhaft sicher von unserem Manf. bei seinem ersten Versuch erraten und neuerdings trägt der Wein auch noch eine Goldmedaille oben rechts am Etikett, besser geht es nicht! Dieser Sauvignon-Stil steht zwischen den Extremen, er hat keine mineralischen Noten wie manche Weine aus den Loire Appellationen Sancerre oder Pouilly-Fumé, auch nicht die fruchtige, aber zurückhaltende Eleganz mancher Steiermärker und Slowenen und zum Glück auch nicht die Gummibärchen-Aromen mancher Neuseeländer, aber dieser Sauvignon ist ein fruchtiger und rebsortentypischer Schmeichler!
Gläserwechsel und der erste Rotwein aus dem großen Burgunderbembel. Die schwierige Suche nach einem eleganten Pinot Noir mit ausbalanciertem Holzeinsatz habe ich im Beitrag „Wie ein kleines Wunder, der Weinschank fand Burgunder!“ im blog beschrieben. Der feine und edle Pinot-Noir Stil ist für viele Weintrinker gewöhnungsbedürftig, statt fettem Körper und klebriger Frucht ist hier im besten Fall alles zurückgenommen, schwebend leicht, in Harmonie und weich, der Wein kam gut an, seine große Klasse wurde nicht in Frage gestellt.
Statt weiter Siegerschankweine aus dem blog vorzustellen, kam ich auf die Idee, zwei von mir noch nicht probierte Rotweine testen zu lassen. Der Pinot Noir 2015 aus Portugal hatte als direkter Nachfolger auf den Chassagne-Montrachet keine Chance und fiel mit zu viel Würze und Brandigkeit auf. Der Barolo 2007 der Tenuta Montanello zeigte deutliche Medizinnoten und wirkte ausgezehrt, sehr erstaunlich, da bisher so viele geöffnete Barolos einfach noch zu jung waren und sehr viel Reifezeit benötigen. 12 Jahre sollte ein Barolo locker schaffen, auf einer anderen Probe zeigte sich jüngst noch ein Barbaresco Canova 2005 von Gigi Bianco in Topform. Hatte gehofft, dass ich vielleicht wenigstens einen Wein in der nächsten Rotweinsaison im blog hätte vorstellen können. Pech gehabt! Mittlerweile wurde schon der vierte Preis (die Schokolade von Bellanger) nach Mehrheitsbeschluss verspeist und ich beschloss, noch einen besonderen Wein aus dem blog in die Runde zu werfen.
Ein 29 Jahre alter Weißwein, Rieslaner aus Franken, hat man die Flasche erst mal aufbekommen (drei Mal ist jetzt schon bei verschiedenen Proben der Korken abgebrochen!), kann man ein unvergessliches Trinkerlebnis erfahren, braungoldene Farbe, Duft nach Nüssen und Honig, am Gaumen Mandarine und immer noch spürbare Säure, dieser Wein ist unverwüstlich und schafft auch noch locker die 30 Jahre, auch da werde ich berichten! Schaut auch unter dem Beitrag „Rassiger Rieslaner: Bocksbeutel-Jagd in Franken!“. Vielleicht war es auch nur der Überraschungseffekt, aber der Wein war der große Star des Abends!, die Ratepreise fanden dann auch noch die richtigen Abnehmer und ich hoffe, es hat allen Teilnehmern so viel Spaß wie mir gemacht. Und hoffentlich proben wir bald blind weiter…
Fazit: Auf die Siegerschankweine ist Verlass, bei anderen Weinen sollte man lieber vorsichtig sein, beim Thema Wein ist jede denkbare Überraschung möglich!
Lieber Weinschank, Du schreibst „und ich hoffe, es hat allen Teilnehmern so viel Spaß wie mir gemacht. Und hoffentlich proben wir bald blind weiter…“ – und da ich einer der glücklichen Teilnehmer war, kann ich besten Gewissens zweimal „ja“ sagen.
Hochverdient war mein diesmaliges Abschneiden als Vorletzer – man kann schließlich Ahnung nicht immer adäquat durch Rateglück ersetzen.
Und noch ein Wort des Ahnungslosen zu den Weinen: Bislang immer auf Rotwein gepolt, haben mich dieses Mal die Weißweine begeistert.
Merci vielmals, gruezi und bis bald mal wieder – Winf
Lieber Winf,
wenn Du wüsstest, wie froh ich bin, solche Proben machen zu können! Bei der Theorie habe ich große Klappe (und kenn mich da auch aus!), aber beim Verkosten (Praxis) bin ich kein Alpha-Tier und halte mich immer total zurück und bin wirklich an jeder Meinung interessiert, das verwirrt am Anfang immer, bringt aber auch den Spaß, den wir wieder gehabt haben, alle waren so bei der Sache!, das macht mich immer sehr glücklich, ich hoffe auch, dass wir noch viele Blindproben machen können, möchte auch mal sehr gerne selber in die Mangel genommen werden! Grüße Weinschank