Wien, das Paradies aller Weintrinker, einzige europäische Großstadt mit nennenswertem Weinbau (ca. 700 Hektar), mit Tradition und patriotisch trinkenden Einheimischen, ca. 200 Heurigen (der Trend geht deutlich zu restaurantartigen Nobelheurigen), drei Toplagen (Nussberg, Bisamberg und Mauer), vielen alten Beisln mit starken Weinkarten, Vinotheken, Feinkostläden und Restaurants, dazu immer die Möglichkeit, ein Dutzend Weinregionen in direkter Umgebung zu erreichen, also was tun bzw. probieren?
Schon seit Jahren werbetechnisch clever in Richtung „Weinkulturerbe“ aufgebaut, der „Wiener Gemischte Satz“, eine uralte Tradition, mind. drei Rebsorten (die Grenze nach oben aber offen!) in alten Rebanlagen, die miteinander gelesen und verarbeitet werden. Ein munteres und buntes Durcheinander, früher sicher auch Lebensversicherung bei Verlust einzelner Sorten, aber als überzeugter Blindverkoster fiel mir dabei sofort unser gemischter Satz in Deutschland ein, überhaupt nicht beworben, dafür aber fest im Weingesetz verankert: Steht eine Rebsorte auf dem Etikett, müssen sich auch mind. zu 85% diese Trauben in der Flasche befinden, der Rest bleibt Grauzone und Ermessensspielraum des Winzers, das führte schon sehr oft im Restaurant oder bei mancher Blindverkostung dazu, dass der Grauburgunder nach Sauvignon blanc und der Riesling nach Traminer schmeckte, eine legale Unverschämtheit! Dieses Gemurkse!, warum nicht gleich Gummibärchen ins Glas werfen?, ich bestehe blind auf Rebsortentypizität oder bei Cuvees mind. auf ein gewisses Stilbild (gerade fällt mir ein, dass letztens auch der Crus bourgeois aus dem Bordeaux nach St. Chinian (Südfrankreich) und der Chianti Classico nach Crus bourgeois geschmeckt hat, arrgghhhh!, dieses Thema mit dem Rebenmix in Wien überlasse ich gerne den Patrioten…
Aber weiter im Text, am einzigen freien Tag unserer lieben Bekannten Sec. und Chri. ging es am Sonntag in die wunderschöne „Metropole“ des Weinanbaugebietes „Thermenregion“, Gumpoldskirchen, Heimat der geheimnisvollen und seltenen Sorten Zierfandler und Rotgipfler, oben in den Weinbergen war ein Weinverkostungspfad eingerichtet, vorhergesagtes schlechtes Wetter ließ halb Wien zuhause bleiben, wir konnten in aller Ruhe tolle Weine verkosten, ich war mir sicher, dass Erzeuger wie K.Alphart, Biegler, Krug, Hofer, Zierer und Gebeshuber es locker in den blog schaffen könnten, doch dann bekam ich die fatale Möglichkeit, die absolute Spitze (high-end) von Gebeshuber zu kaufen (die Lagenweine „Modler“ (Zierfandler) und „Laim“ (Rotgipfler) und mit dem Flugzeug auszufliegen, bei der Blindprobe zuhause mit meinen Semiprofis dann leider die Ernüchterung, die Weine versuchen ihren hohen Preis entweder mit Holz oder totaler Konzentration zu rechtfertigen, als Blindverkoster tippt man dann auf holzigen Chardonnay (z.B. Marke Puligny-Montrachet/Burgund) oder bleibt ratlos mit fetten Honigtönen zurück). Sehr schade, das mittlere Preissegment wäre besser gewesen, da war ich wirklich schon ganz nah dran…
Doch die Rettung nahte, der quirlige Superlativ Liv. war plötzlich da, Kenner des Burgenlandes und als leidenschaftlicher Koch und Cividaler (Friaul) immer für eine besondere Tour gut, dieses Mal ging es von Wulkaprodersdorf in den hintersten Winkel des Neusiedler Sees, in den Seewinkel, in Frauenkirchen gab es dann nach einem tollen Mittagessen auch eine professionelle Weinberatung in der Vinothek „Sailers“, zwei wunderbare, feine Süßweine, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, konnte ich mitnehmen und verkosten (lassen), der Stil bei beiden Erzeugern extrem fein, von der Farbe „Coca-Cola“ (Velich) gegen „Fanta“ (Angerhof-Tschida), aber keine Spur von Plumpheit, statt barocker Opulenz zwei moderne Expressionisten:
Eine Welschriesling (!?) 2005 Trockenbeerenauslese (TBA) von Velich (leider kein Geheimtipp mehr!) aus Apetlon und eine Sauvignon blanc 2013 Beerenauslese (BA) vom Angerhof Tschida, Ilmitz. Da im Seewinkel fast alle Tschida heißen, versucht man den Namen Angerhof als Erkennungsmerkmal aufzubauen, bei solchen Süßweinen sollte das gut funktionieren. Dann doch noch ein happy-end!
🙂 soooo… auch mal die Gelegenheit genutzt, um hier vorbeizuschauen.
Solltest du noch Nachschub aus Wien brauchen, wir sind über die Jahre wieder in *Good Old Germany* und könnten noch ein, zwei Fläschchen mitbringen 😉
Plant schon mal einen Besuchstag ein 😉
Liebe Grüße von den Wienern
Ja, Frau Geheimrat,
die Geschenkflasche von Euch „2016 Riesling Classic Smaragd“ von der Domäne Wachau aus Dürnstein hat mich sehr beeindruckt, werde beim nächsten Wienbesuch 2018 noch umtriebiger sein müssen und noch mehr Regionen bzw. Vinotheken abgrasen, Wien und Umgebung sind ein echtes Paradies für Weintrinker…
Besuche hier immer gern…
Viele Grüße auch an die Frau Mutter und den Lieblingsslowaken
Der Weinschank
Na endlich mal wieder ein Artikel im Weinschrank zu finden.
Der Text ist zwar schwierig zu lesen, da der Autor so schreibt wie er spricht: Ohne Punkt, dafür mit viel Kom(m)a. Aber die Bilder sind super, besonders die Flaschenfotos. Glückwunsch und Grüße an Heiko.
Huch!, ein Leser,
damit hatte ich jetzt überhaupt nicht gerechnet, aber natürlich herzlich willkommen und schön, dass die Bilder gefallen.
Kämpfe noch ein wenig mit Kinderkrankheiten und dem angekündigten 2 Wochen Rhythmus (wird sich wohl nicht halten lassen!), aber am WE (14./15.10.) geht es schon weiter. Es macht Spaß und es gibt auch neue Flaschenfotos…
Viele Grüße Der Weinsch(r)ank