Die Schweiz ist für mich ein faszinierendes und geheimnisvolles Weinland, der Weinanbau ist uralt und hat wie so oft römische Ursprünge.
Jeder der 26 Schweizer Kantone (Gliedstaaten) kontrolliert seine eigenen AOC-Spielregeln, es gibt 85 davon. Es werden viele Rebsorten angebaut, die Weinhänge sind steil und liegen meistens hoch in spektakulärer Landschaft, es gibt extreme Wetterbedingungen und die stark zersplitterten und mit Stützmauern aufgeteilten Weinberge werden in mühevoller Handarbeit bewirtschaftet, was zu hohen Produktionskosten führt.
So weit, so gut, aber warum findet man so wenig Schweizer Wein in Deutschland? Neben den relativ hohen Preisen gibt es eine einfache Erklärung: die Schweizer trinken 99% Ihres Weines lieber selber. 150 Millionen Liter Wein müssen sogar noch importiert werden, um den gesamten Weindurst der Eidgenossen zu stillen.
Wie nähert man sich so einer vielfältigen, aber auch fremden Welt? Ich habe mich als Schweizwein-Neuling für eine meiner Lieblingsrotweinrebsorten, Pinot Noir, entschieden. So konnte ich wieder eine benchmark bilden und Vergleiche mit schon getesteten Pinot Noirs (und Spätburgundern) aus Frankreich, Österreich und Deutschland anstellen.
Einer der Weine kam aus dem Kanton Aargau (bekannt aus dem Kreuzworträtsel), zwischen Basel und Zürich gelegen. Die AOC Aargau erlaubt unter anderem den Anbau von Blauburgunder (Pinot Noir) und der 2015er aus Elfingen „Rüeget“ von Kalkmergelböden vom Winzer Tom Litwan hat mich sofort begeistert: leuchtende, transparente und helle rubinrote Farbe, Duft nach Kräutern, Johannisbeere und Tee, am Gaumen fruchtig, auch mineralisch, sehr elegant und weich, jugendliche Säure und ganz langer Abgang. Wow!
Neben den technischen Daten (Tom Litwan bewirtschaftet zur Zeit drei(!!!) Hektar und kann so jährlich etwa 8000 Flaschen abfüllen) hat mich auch sein Werdegang beeindruckt. Als gelernter Maurer gestartet, entschied er sich nach einem längerem Einsatz im Burgund, den Winzerberuf zu erlernen. Hier muss er seine Berufung gefunden haben, neben einer Menge Talent und Zielstrebigkeit und Ausbildung bei Spitzenweingütern, hatte er wohl auch immer die Rückkehr ins Aargau im Kopf. 2006 konnte er dann wirklich dort den eigenen Betrieb in Schinznach Dorf eröffnen und zusammen mit einigen anderen Aargau-Winzern sorgt er mittlerweile dafür, dass Pinot Noir dort groß rauskommt. Mein großer Traum ist es übrigens, mal seine beiden Spitzengewächse zu probieren: den Pinot Noir Oberflachs „Auf der Mauer“ und den Pinot Noir Thalheim „Chalofe“. Würde dann an dieser Stelle berichten.
Und auch Irene Grünenfelder sorgte mit Ihrem Pinot Noir 2015 bei mir für Begeisterung!
Ihr Weingut Eichholz liegt noch viel weiter östlich im Kanton Graubünden (weintechnisch AOC Graubünden), die Ecke, aus der immer mehr hervorragende Weine kommen, heißt Bündner Herrschaft. Fünf Dörfer, die neben Ihrer Weine auch mit dem Spielort der Geschichte von Heidi, dem Geisenpeter und dem Almöhi werben. Das Weingut liegt in Jenins , einem der Dörfer am Rhein, in herrlicher Umgebung und mit Nähe zu Liechtenstein.
Eichholz gilt als „Ein-Frau-Betrieb“, natürlich kann Irene Grünenfelder nicht alles alleine machen, Weinbau ist immer auch Teamarbeit, aber Sie hat alle Fäden in der Hand und setzt bedingungslos auf Qualität. Bei 4 (!!!!) Hektar Größe erzeugt Sie ca. 15000 Flaschen jährlich, genau wie bei Tom Litwan ist hier das Motto „Klasse statt Masse“! Pinot Noir liebt kalkreiche Böden, in der Bündner Herrschaft kommen dazu noch Schiefer und Lehm. Als Besonderheit weht dort öfter noch ein warmer Föhnwind.
Der Wein hat eine ähnliche Farbe wie der Litwan-Pinot Noir, leuchtendes, durchsichtiges, helles Rubinrot, der Wein riecht sehr klassisch nach Kirschen, Würznoten und etwas Holz, im Mund dann wunderbare Frucht, spannungsgeladen und vibrierend, sehr elegant, schöner langer Abgang! Super! Anderer Stil als der Litwan-Wein, schmeichlerischer, fruchtiger, wärmer, aber beide Pinots großartig! Das ging endlich mal wieder leicht und macht Lust auf mehr, auch bei Irene Grünenfelder könnte man noch höherpreisiger probieren, es gibt noch einen Pinot Noir Alte Reben und den Pinot Noir Eichholz. Beschreibung hoffentlich auch bald hier.
Das hat richtig Spaß gemacht und nun hat man einen Fuß in der Tür, das Thema bleibt auf dem Schirm, in der Schweiz gibt es bestimmt noch viel zu entdecken.
Vielen Dank für den Ihren Post! Prima Tipp.
Gern geschehen, tolle Pinot Noirs aus der Schweiz (ich muss als wein-blogger leider immer sofort weiterziehen, es muss dort noch unglaubliche Schätze geben!), aber bitte den Rotwein nicht zu eisig trinken (grins!)…
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Grüße und Danke für den Kommentar Weinschank