Die zweite Urlaubswoche verbrachten wir in Europas Weinmetropole Nummer 1: Wien!
Eine Stadt mit drei hochinteressanten Weingebieten (Nussberg, Bisamberg und Mauer), unzähligen Gasthäusern (Beisln), Restaurants, Vinotheken, Weinläden, Heurigen und Cafes, dazu in allen Himmelsrichtungen weitere Weinregionen, ein Schlaraffenland für jeden Weinfreund! Im letzten Jahr spürte ich mit Hilfe meiner lieben Bekannten Sec. und Chr. das großartige Weingut Christ am Bisamberg auf (s. auch den älteren Beitrag „Über die Donau nach Transdanubien„), auch dieses Mal stand das Expeditionsteam mit Rat und Tat zur Seite und es ging Richtung Süden in das Weinanbaugebiet Mauer (gehört zum 23. Wiener Bezirk Liesing). Dort verkosteten wir im sehr schönen Heurigen Edlmoser verschiedene Weißweine.
Bei Edlmoser fand ich einen Wein, den ich am Neusiedlersee in dieser Qualität leider so nicht gefunden hatte, einen Gelben Muskateller! Dieser fällt bei Edlmoser als 2018er vom Ried (Lage) Kadolzberg überraschend kräftig mit vollem Körper aus, dabei aber feine Säure, Würze und Frucht, langer Abgang, platingelbe Farbe, im Duft Blüten und Kräuter, alles sehr klar und harmonisch, als Bukettsorte zum Glück ohne die mir verhassten übertriebenen Noten. Hat mich sofort überzeugt, nur der Alkoholgehalt von 13,5% ließ mich dann doch kurz stutzig werden: hier ist aber alles perfekt eingebunden! Sehr hochklassiger Vertreter der Rebsorte, sehr interessant und gelungen, als Aperitif aber auch als Essensbegleiter vorstellbar, ein klarer Siegerschankwein!
Wir waren mit unseren Bekannten auch auf der Genussmeile Thermenregion in Gumpoldskirchen unterwegs, einer wunderbaren Landschaft südlich von Wien und Heimat der autochthonen Weißwein-Rebsorten Rotgipfler und Zierfandler. Bei vielen guten verkosteten Weinen erinnerte ich mich an ein Phantom aus vergangenen Wienbesuchen, einen wunderbaren Rotgipfler, konstant spitze in verschiedenen Jahrgängen. Erst konnte ich mir den Namen des Weingutes nicht merken, Alpdruck?, nein Alphart!, dann war der Wein in der riesigen Weinabteilung von Meinl am Graben ausverkauft, dann stand ich mit Spezi Superliv. vor verschlossenen Türen des Alphart-Heurigen in Traiskirchen, dann fand ich die Gastronomie in Wien mit den Alphart-Weinen auf der Karte nicht mehr wieder. Aber ich hatte bei diesem Besuch noch ein Ass im Ärmel, den Weinschank im 18. Bezirk (Währing), in der gleichen Straße, in der schon mein Großvater als Student gewohnt haben sollte. Ein Zeichen! Beim Weinschank sollten alle Fäden zusammenlaufen, ähnlich wie bei der berühmten Strudlhofstiege im gleichnamigen Roman von Heimito von Doderer!
Aber der Weinschank war sehr speziell, es gab zwar draußen glasweise einen Wein vom Weingut Christ(!!!), aber sonst verdarb mir der Zigarettenqualm drinnen jeden Spaß an einer weiteren Verkostung. Als ich mit Hilfe meiner Visitenkarte auf die Namensgleichheit Weinschank hinwies, entgegnete man mir, dass ich vor kurzer Zeit den Weinschank noch hätte kaufen können. Mir war klar, dass ich hier mein Phantom nicht finden würde und zog schnell von dannen. Wünsche dem Weinschank natürlich trotzdem alles Gute und viel Glück und ein Rauchverbot, wäre schade, wenn so ein großartiger Name aus Wien verschwände.
Bei ausgedehnten Streifzügen durch die Beiselwelt verschiedener Wiener Bezirke ging mir das Phantom dann doch noch ausgerechnet im 1. Bezirk (Innere Stadt) ins Netz: einer meiner Lieblingsbeisel „Zu den drei Hacken“ war ausgebucht und man verwies uns ins neuere „Drei Hacken Magazin“, nur eine Gasse weiter. Ein wunderbares Restaurant mit Wein-Lagerraum (s. auch unter Reisen zum Wein/Wien und Neusiedlersee) und ich konnte endlich mein Beweisfoto machen und feststellen, dass der Rotgipfler Ried Rodauner vom Weingut Alphart auch 2017 wieder in Topform ist: helles Gelb mit grünen Reflexen, Äpfel und Grapefruit, schöne Säure und ausgezeichnete Länge, zarte Fruchtsüße, Siegerschankwein! Auch bei einem zweiten Besuch mit unseren Bekannten im Magazin wurde der Wein für sehr gut befunden. Bingo!
Und zum Abschluss der Wienwoche musste ich nur noch in unserem Hotel am Prater die mitgebrachte Weinkiste mit sechs verschiedenen Carnuntum (Weinregion)-Rotweinen aus der tollen Vinothek Bittermann (s. auch unter Reisen zum Wein/Wien und Neusiedlersee) in Göttlesbrunn auspacken und auf einen Treffer hoffen. Durch die Praternähe hörte man immer sehr deutlich die Schreckensschreie der Besucher auf den diversen Quälkarussells, die Verkostung lief dagegen sehr entspannt, eindeutiger Sieger war der St. Laurent (Rebsorte, deutsch bzw. österreichisch aussprechen!) 2016 vom Weingut Netzl. Unbedingt aus dem Burgunder-Bembel probieren, der Wein täuscht mit seiner dunklen Farbe, der Beerennase und den Nougatnoten einen Kraftmeier vor, ist dann aber am Gaumen herrlich weich, samtig und elegant, schöner Nachhall nach dunklen Beeren, da kommt richtig Freude auf, eine wunderbare Alternative zu den ganzen überkonzentrierten Brombeerbomben, die schon seit geraumer Zeit überall so beliebt sind. Leider wurde die Preisgrenze für das €-Zeichen um einen Euro gerissen, aber auch für ca. 12 Euro ein toller Wein. Glückwunsch an die Familie Netzl nach Göttlesbrunn im Carnuntum!
So, die Tage werden wieder kürzer (die Artikel hoffentlich auch, sorry!), der Sankt Laurent der Familie Netzl läutet die Rotweinzeit ein, es geht hier bald mit Rotwein weiter, ich freu mich drauf!