Die Mittelrhein-Weinregion zwischen dem Siebengebirge bei Bonn bis ungefähr zur Nahe-Mündung bei Bingen ist Weltkulturerbe und bekannt durch preiswerte Irr-InterCity-Fahrten. Man verliert zwar unglaublich viel Zeit gegenüber den parallel verlaufenden ICE-Schussfahrten durch den Westerwald an der Autobahn entlang, aber man kann sich nicht satt sehen an der grandiosen Rhein-Landschaft: mächtige Burgen, steile Weinhänge, der majestätische Strom, Untiefen, Loreley und bei jeder Schleife neue Ausblicke und das Gefühl, dass man sich in einer riesigen Modelleisenbahnlandschaft befindet, jedes Mal eine grandiose Tour! So eine Zugfahrt ist für alle Deutschland-Touristen aus Europa oder Übersee empfehlenswert wie die Fahrt mit der Tram 28 durch Lissabon!
Aber weintechnisch liegt die Region leider und zu Unrecht im Dornröschenschlaf, umgeben von den berühmteren und wohlklingenderen Weinregionen wie Ahr, Mosel, Nahe und Rheingau wird der Mittelrhein leicht vergessen, meine Verkostungen waren in den letzten Jahre auch nicht sonderlich erfolgreich: manche verkosteten Rieslinge hatten so eine brachiale Säure, dass ich den Mittelrhein schon ausschließlich als Sektregion vorstellen wollte.
Ich konnte mein Glück deshalb kaum fassen, als mir ein Arbeitskollege als Geschenk eine Flasche Riesling vom Mittelrhein mitbrachte, VDP-Weingut Matthias Müller, der Name selber schon pures Understatement! Dabei ist das Weingut mit wertvollem Lagenbesitz in der mächtigen S-Kurve des Rheins ausgestattet, die steilen Hänge bilden die ca. 75 Hektar große Lage Bopparder Hamm. Die Filet-Stücke tragen dann noch mal Unterbezeichnungen wie Mandelstein, Feuerlay, Ohlenberg (alles VDP.Erste Lage) und Engelstein (VDP.Grosse Lage). Man befindet sich hier im sogenannten „Müllerland“.
Der mitgebrachte Riesling feinherb 2018 „Alte Reben“ Bopparder Hamm (VDP.Ortswein) überzeugte genau wie die zusätzlich bestellte Riesling Spätlese 2018 Bopparder Hamm Mandelstein (VDP.Erste Lage) trotz ihrer Jugend mit toller Frucht, Mineralität und perfekt integrierter und rassiger Säure. Mit etwas Lagerungsgeduld werden sich die Weine weiter harmonisieren und noch mehr Vielschichtigkeit zeigen. Zusätzlich sind die Flaschen noch mit einem tollen PLV ausgestattet, das macht richtig Spaß und weckt die Neugier auf weitere Weine aus dem Sortiment. Großes Lob an MMM (Matthias Müller Mittelrhein oder Müllerland)!!!
Aufmerksamen Lesern des blogs oder VDP-Qualitätspyramiden-Theoretikern wird schon eine Kleinigkeit aufgefallen sein: ein VDP.Ortswein darf eigentlich nach den VDP-Statuten niemals eine Lagenbezeichnung tragen, warum trägt der Riesling feinherb 2018 VDP.Ortswein dann die Bezeichnung Bopparder Hamm? Eigentlich hätte der Wein Bopparder oder Spayer (!?, das Weingut MM liegt im Ort Spay) heißen müssen! Es wird einfach noch Jahre dauern, bis sich alle VDP-Weingüter mit ihren Sortimenten an die Qualitätspyramide angepasst haben, hier passen die Lagen-Unterbezeichnungen perfekt, der Bopparder Hamm selber ist wohl nicht als Lage sondern eher als Landmarke zu sehen, er passt einfach nicht ins Schema! Gleiche Probleme auch beim Würzburger Stein (Franken) und anderswo, bin sehr gespannt, wie man auf VDP-Kurs kommen will, ohne bekannte Namen aufzugeben.
Jung, schau mal nach dem Bastian in Boppard, wenn du Mittelrheinwein einschenken willst. Am besten von der Rheininsel, aber auch die anderen Lagen haben was.
Hallo, mein Lieber,
sorry für die späte Reaktion und Antwort, aber ich war auf Weinreise am Neusiedler See und in Wien, bald kommen zwei neue Beiträge im blog.
Danke für den Mittelrhein Bastian-Tipp, ich merke ihn mir, aber als weinblogger rast man von Thema zu Thema und bleibt sehr oberflächlich. Hoffentlich sehen wir uns mal bald wieder, viele Grüße Weinschank