Auch eine Frage des Glases…

 

Nach netter Einladung einer der Verkäuferinnen von „Schütte“ an der Lambertikirche in MS („Am Samstag kommt der Riedel-Gläsermann!“), war ich mit einem meiner Lieblingsblindverkoster natürlich  pünktlich vor Ort, auch in der Absicht, statt teurem Glas, lieber neue interessante Weine zu finden:

Der „Gläsermann“ entpuppte sich als lustiger und beleibter Oberfranke, 30 Jahre im Auftrag der Spezialglasfirma Riedel unterwegs (übrigens eine Firma aus felix Austria!) und mit einem ungeheuren Drang, die Anekdoten und Kalauer aus dieser vergangenen Zeit an den Mann zu bringen. Wir waren einfach nicht interessiert (weil auch schon auf den Weinglas-Parcours im Hintergrund fokussiert!), die Geschichten drehten sich wohl zum größten Teil um Menschen, die die erste Frage nach ihrer Lieblingsrebsorte mit „Chablis“ oder „Rosé“ beantwortet hatten.

Aufgebaut waren die mundgeblasenen und rebsortenspezifischen Nobelgläser von Riedel, stellvertretend für Weißweine mit Typ „Riesling“ und „Chardonnay“, bei Rotwein mit Typ „Pinot Noir/Spätburgunder“ und auch  „Bordeaux – Cuvee“ aus Cabernet Sauvignon/Merlot/Cabernet Franc und Petit Verdot. Zusätzlich wurde noch eine Batterie von Omas Kristallkelchen an die Front gebracht.

Nach ausgiebiger Testerei und Umfüllerei war schnell klar: Große österreichische Ingenieurskunst!, die Riedel-Gläser waren jeweils perfekt für die Rebsorte angefertigt, alle vertauschten Gegentests (z.B. mit Chardonnay im Riesling-Glas) verliefen von Geruch und Geschmack enttäuschend (nach Nachfrage beim so unterschiedlichen Geschmack kam dann auch die sofortige Antwort: „Entscheidend ist der Aufprallwinkel des Weines auf die Zunge!“), ok (!?), Omas Kristallbembel blieb total neutral, gutes Aussehen, aber überhaupt kein Geruch oder Geschmack aus dem Glas, die ganze Übung sehr spannend und verblüffend!

Das Fazit vom netten Oberfranken auch versöhnlich, „Man kann aus einem Ackergaul kein Rennpferd machen, aber mit einem falschen Glas einen guten Wein ganz schnell kaputt kriegen!“

Ich war wirklich von den Duft- und Geschmacksverstärkungen der Riedel-Gläser begeistert und überzeugt (hoffentlich bekomme ich jetzt welche von meiner Freundin zu Weihnachten geschenkt!, nicht ganz billig, aber für mich eine sinnvolle Investition, am liebsten zwei Riesling- und zwei Bordeaux-Gläser!), die Weine der Gläser-Probe fand ich aber trotz optimaler Verstärkung durch Riedelgläser alle nicht so toll, nur der Bordeaux war ein Hammer!, da habe ich natürlich gleich nachgefragt und bei einem Weinhändler in Bayern nachbestellt, ein 2006er Chateau Cambon la Pelouse , Appellation Haut-Medoc („linkes Ufer“), Cuvee aus 60% Merlot, 35% Cabernet Sauvignon und 5% Cabernet Franc, ein Cru Bourgeois Superieur:

 

Cru bourgeois, Haut Medoc AOC

Chateau Cambon la Pelouse 2006

 

Nach vielen negativen Erfahrungen in den letzten Jahren mit Bordeaux-Weinen (auch hier spielt neben dem Glas wohl auch viel mehr der Jahrgang und die Reifezeit eine entscheidende Rolle!), mal ein richtiger Zufallstreffer!, Cambon la Pelouse 2006, absolut trinkreif, herrlich elegant und richtig süffig!, mittlerer Körper bei nur noch sanfter Säure, Bukett nach Johannisbeere, Zeder und Kakao, ein richtiger Verführer!, so toll kann ein „kleiner“ und gereifter Bordeaux sein…

 

 

Wünsche allen Lesern frohe Weihnachten und werde noch vor Jahreswechsel die Weinschank-Ansprache für 2018 bringen…

 

 

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2 Responses to Auch eine Frage des Glases…

  1. Cabernet Frank sagt:

    Hallo Peter,
    als alter Bordeaux Liebhaber und dabei auch „auf den Preis Schauer“ kann ich die Bewertung des Cambon la Pelouse nur bestätigen. Alle von mir probierten Weine der letzten 10 – 15 Jahre dieses Weinguts waren fantastisch und reiften hervorragend.
    Ein weiterer Tipp: Chateau du Retout…auch ein Cru Bourgeois. Zum probieren für den nächsten Bordeaux Blog.
    Frohes neues Jahr!

    • Weinschank sagt:

      Hallo Cabernet Frank,
      wünsche auch ein gutes neues Jahr 2018 mit vielen Weintreffern!
      Dieser Zufallstreffer Cambon la Pelouse 2006 führt mich nach langer Abwesenheit nun wieder zurück in die faszinierende (und oft auch preislich abschreckende) Welt der Bordeaux-Weine, alleine die Internetrecherche über die vergangenen Reifeaussagen zu diesem Wein ist spannend: Weinguru Robert Parker (mittlerweile in Pension!) empfahl z.B. den Wein nach 3 bis 4 Jahren zu genießen (das wäre 2010 gewesen!?), wir haben jetzt 2018 und der Wein ist für mich in Topform, ab 2013 kamen viele positive Verkostungs-Kommentare, ein Experte nannte sogar 2013 bis 2021 als Trinkzeitraum. Eine sehr wichtige und sehr schwierige Entscheidung (wie z.B. auch bei Barbaresco und Barolo): In welcher Zeitspanne lohnt sich das Öffnen einer Flasche?
      Womit wir auch bei Chateau du Retout wären: Passt geografisch super, auch „südl. Medoc“, linkes Ufer, ca. 15 km nördlich von Cambon la Pelouse gelegen, aber vom Rebsorten-Spiegel mehr in die Richtung „Cabernet Sauvignon“ (statt Merlot) gehend, habe 2017 einen 2010er geöffnet (den hast Du mir mal mitgebracht!), noch sehr ungestüm, dunkel, viel Säure, Sauerkirsche, viel zu jung!, der 2005er dagegen wohl in Topform und fast überall ausverkauft (und dadurch auch kein Schnapper mehr!). Die Materie ist schwierig und eigentlich ein Paradies für den beratenden Weinfachhandel, leider hat sich das noch nicht herumgesprochen oder es fehlen die geeigneten Lagerkapazitäten oder es herrscht einfach Desinteresse vor (Motto: Hauptsache die Pullen schnell verkaufen!)…

      Bis bald auf neue Proben (auch Bordeaux!) Weinschank

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